15. Strawberry

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Wie Kageyama vermutet hatte, war die Sicherung rausgesprungen.
Ein Klick und es herrschte wieder Licht im Haus. 
Schweigend stand er vor dem Sicherungskasten und starrte den Schalter an, den er gerade umgelegt hatte.
Sein Körper kribbelte und das nicht weil er einen Stromschlag abbekommen hatte, sondern weil er immer noch den zitternden, warmen Körper des Kleineren spürte.
Langsam schloss er den Kasten und ging wieder zurück in sein Zimmer, wo Hinata immer noch zusammengekauert mitten im Raum, in der Hocke saß und hin und her wippte. 
Dieser Anblick gefiel Kageyama ganz und gar nicht, es stimmte ihn traurig und ließ ihn sowas wie Besorgnis empfinden. 
Ein zwei Schritte und er hockte sich runter zu seinem Partner, der im Moment eher wie ein verängstigter Welpe wirkte, der Liebe und Zuneigung und Geborgenheit brauchte.
Vorsichtig legte er seine Hände auf Hinatas Schultern und rüttelte, ebenfalls vorsichtig und bedacht.
"Oi, Baka, hör auf wie ein Welpe hier rum zu winseln. Das war bloß ein Stromausfall und du bist nicht alleine hörst du!" 
Erst zeigte Hinata keine Reaktion, doch dann, als die Wärme der Hände des Jüngeren an seinen Schultern zu ihm durchdrang traute er sich langsam aber sicher wieder hoch zu schauen. 
Die Dunkelheit war verschwunden und stattdessen war der Raum wieder erhellt.
Hinata realisierte sehr langsam, was um ihn herum geschehen war und gerade geschah.
Kageyama seufzte, aber irgendwie wollte er sich nicht von dem Älteren entfernen.
Er rangte sogar mit sich selbst, - oder eher mit dem Gedanken Hinata wieder in die Arme zu nehmen, für ihn da zu sein, ihm nah zu sein, seine Wärme zu spüren, die sein Inneres wie die Strahlen der Sonne erwärmten.
Doch sein Verstand versuchte dieses Verlangen zu übertönen und schrie, er sollte sich gefälligst zusammenreißen.
Doch sein Struggle wurde von einem total aufgebrachten Hinata unterbrochen, der endlich wieder zu Sinnen gekommen war und als wäre der Boden Lava, aufgesprungen und schrie entsetzt auf.
Diesmal aber nicht aus Schreck vor dem Unwetter, sondern weil ihm sein Benehmen von gerade eben enorm peinlich war.
Er verfluchte seine traumatischen Rückfälle, die er jedes mal erleben durfte wenn es blitzte und donnerte. 
Bei seinem Aufsprung, stieß er unbeabsichtigt mit Kageyama zusammen und beförderte ihn somit zu Boden. 
Der Betroffene zog seine Augenbrauen zusammen und knirschte mit den Zähnen, als wäre er ein großer gefährlicher Hund.
Sich wieder aufrichtend maulte er wie gewohnt seinen Kameraden an, "OI! BAKAYAROU! WAS SOLL DAS!" 
Hinata landete auf seinen zwei Beinen und begann sich verbeugend, tausendmal zu entschuldigen.
"T-Tut mir l-leid! GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE GOMENE...!", er schlug die Hände über sich zusammen und machte sich, als Zeichen der Bitte um Vergebung, kleiner, während er immer noch verbeugt vor Kageyama stand. 
Verwundert über Hinatas Entschuldigung, blieb ihm erstmal die Sprache weg, erlangte jedoch schnel wieder die Fassung. 
"OI! Hör auf dich so bescheuert aufzuführen und hör auf dich zu entschuldigen! Setzt dich einfach hin." 
Kageyma verstand nicht, was los war.
Erst ist Hinata so, so.... Ja wie sollte man das nennen?... Er war total verängstigt gewesen!Sso hatte er den Spiker noch nie erlebt, nicht mal vor wichtigen Spielen war er jeweils so gewesen. Wieso reagiert er so auf ein stink normales Unwetter?
Irgendwie machte er sich jetzt doch Sorgen, obwohl sein Verstand kläglich versuchte ihn davon zu überzeugen dieses Szenario zu ignorieren und zu vergessen.
Aber es störte ihn zu sehr, dass Hinata unter etwas zu leiden schien.
Er war sich sicher, da steckte mehr dahinter.
Doch ihn zu fragen, traute er sich dann doch nicht, außerdem, wieso sollte sein Rivale ihm so etwas privates offenbaren, sie waren ja schließlich nur Volleyball Kameraden.
Sobald sie raus aus der Schule waren, würden sie sich wieder als Feinde wieder sehen.
Ein Netz würde diese Freundschaft, oder wie man das zwischen ihnen beschreiben konnte, spalten und trennen. 
Da passierte es, das erste Mal in seinem Leben, verspürte er wie unglücklich ihn dieser Gedanke machte.
"Ich gehe kurz aufs Klo und hole uns was zum Knabbern danach. Bleib du einfach hier. Fass nichts an.", mit diesen Worten verließ er sein Zimmer und ging schnellen Schrittes ins Bad, wo er sich erstmal einschloss, am Waschbecken dann den Hahn aufdrehte und als ein starker Wasserstrahl zu fließen begann, das kalte Wasser schöpfte und es in sein Gesicht klatschte.

Was denke ich da!? Hinata ist und bleibt mein Rivale! Wie soll ich gegen ihn gewinnen, wenn er nicht irgendwann auf der anderen Seite des Netzes steht?

Während unser Setter versuchte seine Gedanken zu ordnen, war Hinata bemüht seine Gefühle und die aufkommende Symptome zu verstehen. 
Er hatte davon im Internet gelesen.
Seine Wangen wurden heiß, er ahnte nicht mal, dass diese Hitze eine gewisse Röte in sein Gesicht zauberte.
Sein ganzer Körper kribbelte von den vorherigen Berührungen Kageyamas.
Schmetterlinge, oder wohl eher Volleybälle tobten in seiner Magengegend.
Hinata schluckte.
Er wollte diese Reaktionen seines Körpers nicht als Liebe oder Verliebtheit abstempeln.
Er hatte Angst davor.
Wäre da nicht dieses beschissene Unwetter, wäre er schon längst über alle Berge.
Er konnte diese Nähe zu dem Zuspieler nicht ertragen.
Dazu noch diese Peinlichkeit, wegen dem Rückfall, weshalb er sich an Kageyama geklammert hatte... Er wird sich jetzt doch sicher über ihn lustig machen und ihn damit vor den Anderen aufziehen.
Oh nein, dann würde Tsukishima auch noch über ihn lachen und Kageyma sagen er sei schwach und klein und-
Sein unnötiger Gedankenschwall wurde von dem Geräusch einer aufgehenden Tür unterbrochen.
Kageyama stand da, mit einer Schale Früchten in der einen und Gummibärchen in der anderen. Der Duft, frischer, saftiger und süßer Erdbeeren stieg Hinata in die Nase und drang durch Mark und Bein.
Seine Gedankengänge stoppten, waren wie weggeblasen und man hätte schwören können, dass  Hinatas Augen die Form von Erdbeeren annahmen, sein Mund war in ein welliges Lächeln verzogen und Speichel lief leicht im rechten Mundwinkel herunter.
"Igitt! Hör auf zu sabbern Baka! Nimm einfach eine Schale!", motzte Kageyama, obwohl er sich innerlich über Hinatas Reaktion amüsierte.
Irgendwie fand er es sogar- ja, mal wieder- süß. 
In Windeseile entriss ihm Hinata die Schale mit Erdbeeren und pickte sich gleich darauf eine aus. Zuerst betrachtete er sie.
Der Orangehaarige hatte nämlich schon lange keine Erdbeeren gegessen, da sie in Japan schwer zu züchten waren oder aus dem Ausland importiert wurden und deshalb dementsprechend auch teuer sind. 
"D-Darf ich wirklich die Erdbeere essen?", fragte er vorsichtshalber.
Die Frage verblüffte den Schwarzhaarigen, er verstand nicht wieso es verboten sein sollte diese zu essen, wenn Kageyama doch extra welche für die beiden geholt hatte.
"Baka, was ist das für eine dumme Frage? Iss sie einfach! Wir haben noch eine Schale im Kühlschrank."
Hinatas Augen wurden größer.
"Aber sind Erdbeeren nicht sehr sehr teuer? Was ist mit deiner Familie? Werden deine Eltern damit kein Problem haben?" Hinata wollte ja schließlich nicht, dass Kageyama Ärger bekam. Kageyama, wollte auflachen, hielt sich aber zurück.
Er fand das niedlich, nervig aber auch amüsant zugleich.
"Meine Eltern verdienen gut, außerdem haben wir Freunde der Familie, die eine Erdbeerfarm betreiben und sie geben uns gelegentlich etwas an Erdbeeren ab.", erklärte er, und versuchte Hinata zu beruhigen.
"Und jetzt iss sie einfach! Mach dir keine Gedanken um den Preis und iss." 



05.05.2020
✔️Korrigiert✔️
13.01.2023, bearbeitet

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Jap. Lexikon:

Bakayarou!( 馬鹿野郎!) - eine gesteigerte Form von "Baka|馬鹿", Idiot
Gomene (ごめね) - Kurzform von Gomennasai (ごめんなさい), "Es tut mir Leid"/"Sorry"

Paragon Rivals [KageHina]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt