🍁Kapitel 4 - Die schneeweiße Fremde

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Sonnenstrahlen sprenkelten den Boden, ließen die kleinen Staubpartikel wie Insekten in der Luft tanzen.
Etwas kitzelte Narahs Nase, sodass sie niesen musste.
"Hey Kleines. Guten Morgen.", hörte sie eine sanfte Stimme.
Etwas bedröppelt öffnete sie die Augen und schrak dann zurück, vergrub sich tiefer im Fell ihrer Mutter.
Vor ihr stand eine weiße Füchsin.
Narah hatte so ein Fell noch nie gesehen. Die Augen die sie ansahen schienen freundlich und doch kühl. In einer Weise erinnerten sie sie an den Himmel, zumindest hatten sie die gleiche Farbe; Ein Helles Blau gesprenkelt von Tupfen, die aussahen wie Wolken.
Narahs Herz klopfte ganz aufgeregt und sie knurrte leise.
Keiner würde ihrer Mama was tun.
"Wer bist du?", fragte sie und spürte wie sich ihr Nackenfell aufstellte.
Die Füchsin duckte sich und legte unterwürfig die Ohren an.
"Keine Sorge, ich bin hier um zu helfen. Mein Name ist Skaiye."
Sie sah sie wieder an und richtete sich auf.
Skaiye hieß sie also. Ein ungewöhnlicher Name.
"Und wie heißt du?", die helle Füchsin blinzelte freundlich, legte das dunkle Schweifende um die gleichfarbigen Pfoten.
Narah überlegte kurz, ob sie ihr ihren Namen sagen sollte, dann fiel ihr aber kein Grund ein, wieso sie es nicht tun sollte.
"Narah. Narah heiße ich.", sie erwiederte das Blinzeln.
Skaiye schien ungewöhnlich. Ihre Körpersprache war anders als die von Ma und Pa, auch sah sie jünger aus. Fast so, als wäre sie selbst noch ein Welpe.
"Narah. Was für ein schöner Name. Sag mal, was tust du denn hier so allein?"
Skaiyes Blick ging an die verrußten Wände des Baus, dann zurück zu der Kleinen vor ihr.
"Ich warte auf Pa und Yuna und Elyon. Und dass Ma aufwacht. Aber sie scheint ziemlich müde zu sein."
Der Blick der Füchsin wurde weich und sie musste blinzeln. Ihre Augen tränten, fast so, als würde sie weinen.
"Narah komm mal her." Einladend legte sie den Schweif zur Seite. Kurz zögerte die kleine Füchsin, ging dann aber zu ihr. Sie schien nett und wirklich so, als würde sie helfen wollen.
"Weißt du Narah, ich fürchte deine Mama wacht nicht mehr auf."
Sie spürte die Schnauze der Füchsin tröstend auf ihrer Stirn.
"Siehst du das? Ihre Nase ist ganz trocken und ihre Augen ein bisschen offen. Außerdem bewegt sie sich nicht mehr.", sie deutete mit der Pfote auf den Bauch der Füchsin.
Erst wollte sie nicht verstehen. Ihre Knochen fühlten sich mit einem Mal ganz kalt an. Sie merkte, wie sie zitterte, ohne dass sie es wirklich spürte.
"Sie wacht also nie mehr auf?"
Zwar konnte sie es nicht sehen, aber sie spürte wie Skaiye nickte.
"Sie ist jetzt eines mit dem Wind. Zwar kann sie nicht mehr mit dir in ihrem Körper sein, aber sie ist noch immer da.
Sie wird dich mit jedem Atemzug begleiten, genau wie ihre Eltern es gemacht haben.
Egal, was passiert, sie wird immer da sein."
Erst fühlte Narah nichts. Es war nur Taub, dann brach es, wie ein Gewitter auf sie los.
Verzweifelt grub sie sich in das Fell der weißen Füchsin.
Tief drinnen hatte sie es gewusst. Kein Fuchs konnte so lange schlafen, nicht mal einer, der so müde war, wie sie an dem Tag.
Sie spürte Skaiyes Pfote auf ihrer Schulter, wie sie sanft ihr Fell Strich. Es war ungewohnt, aber es tröstete.
Sie weinte eine Ewigkeit, zumindest fühlte es sich so an, vergrub sich tiefer in dem dichten weißen Fell.

Irgendwann mussten ihr die Augen zugefallen sein, denn als sie das nächste Mal die Augen öffnete, waren sie nicht mehr im Bau.
Der Mond war aufgegangen und die Sterne schimmerten am Himmel. Es war schön warm. Skaiye schien sie mit hinaus genommen zu haben. Irgendwie war sie froh darüber. Sie wollte nie mehr zurück, nicht jetzt, wo ihre Ma tot war, ihr Pa und ihre Geschwister verschwunden. Wahrscheinlich kamen auch sie nie wieder, aber wer wusste das schon?
Geknickt sah sie sich um. Sie waren wieder bei dem Wäldchen. Skaiye schlief, aber nicht allzu weit weg lag eine Maus gut geschützt und kühl gehalten unter einigen Blättern. Oh wie hungrig sie war.
Mit Überraschen musste sie feststellen, dass ihre Pfote ebenfalls verbunden war. Sie fühlte sich nicht halb so dick und geschwollen mehr an und auch der Dorn schien raus. Kurz musterte sie die weiße Füchsin. Sie sah in dem Licht fast selber aus wie einer der Sterne.
Woher kam sie? Warum tat sie das für Narah?
Kurz machte sich Angst in ihr breit. Bisher hatten fremde Füchse ihnen nur Ärger eingebracht, würde sie sie am Ende vielleicht nur töten wollen? Die Angst verschwand aber schnell wieder. Wenn Skaiye sie hätte tot sehen wollen, dann hätte sie Narah einfach in ihrem Loch gelassen.
Die Maus war zwar schon kalt, aber sie hatte selten etwas so leckeres gegessen. Normalerweise mochte sie Mäuse nicht wirklich, aber diese war... Unglaublich und genau die richtige Menge. Zufrieden leckte sie sich die Scchnauze, legte sich zurück an das Helle Fell und betrachtete die Besitzerin dieses. Ihre Pfoten waren ganz dunkel, fast Schwarz. Auch um ihre Augen war es dunkel, nur die Nase war von einem hellen Rosa. Ob sie auch Eltern hatte?
Wenn sie ganz alleine unterwegs war, musste sie dann nicht ziemlich einsam sein? Narah hatte sich zumindest einsam gefühlt, als sie alleine war.
Wer auch immer sie war, sie hatte sie gerettet. Dankbar schleckte sie ihr über die Schulter und kuschelte sich wieder an sie. Ihr Fell war ganz weich und warm. Geborgenheit umgab sie, das erste Mal seit Tagen.
Eine Weile sah sie noch hinunter auf die verkohlten Wiesen und den Teich, den Steg und den kleinen Weg, den die Zweibeiner sich hier her gebaut hatten. Sie fragte sich, ob es Ma und Pa ähnlich ergangen war, als sie ihren Bau beim Steinwald verlassen hatten mussten. Immerhin hatten sie auch alles verloren damals. Ihr Zuhause, Großpa.
Auf einmal wurde ihr alles viel klarer. Sie bewunderte ihre Eltern für die Stärke, die sie damals aufgebracht hatten das Ganze mit drei Welpen durchgezogen. Sie hatten schon so viel durchgestanden. Kurz kamen ihr wieder die Tränen. Sie vermisste sie.
Eine laue Brise fuhr durch die Bäume, ließ sie leise rascheln. In einiger Entfernung zwitscherte ein Vogel. Mit dem Lied der Nacht versank sie wieder im Schlaf.

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