🦊 Kapitel 7 - Der Tod von Oben

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Zwei weitere Tage vergingen. Zwar war das Schweigen freundlichen Gesprächen gewichen, aber es fühlte sich immer noch nicht richtig an.
Narah hatte sich damit abgefunden, dass sie einst Ratsmitglied gewesen war. Was hätte sie schon groß machen können? Vergangenes war vergangen. Es war schön zu wissen, was passiert war, aber es änderte nichts mehr daran, was der Rat nun tat.
Skaiye hatte erzählt, dass sie mit ein paar anderen Füchsen eine Gegenbewegung gestartet hatte. Sie wollten den Rat zu friedlichem Abdank bewegen, doch seit neustem wurde ihnen dieses Vorhaben zu nichte gemacht.

"Ich weiß nicht wer und ob Gabriel überhaupt davon weiß, aber jemand versucht die Anhänger des Rates zu einer Armee zu bilden.
Sie greifen Fuchsbauten an, stehlen Junge und wollen dies uns in die Pfotenabdrücke schieben.
Wir müssen das unbedingt den anderen mitteilen. Ich hoffe, es geht ihnen gut."
Skaiye trabte vor Narah.
Narah war mittlerweile wesentlich kräftiger geworden, auch ihre Beine waren länger. Ihr Schweif hatte weit aus mehr Volumen und sie fühlte sich mit jedem Tag stärker.
"Euer Lager sollte eigentlich keiner gefunden haben, oder?", meinte sie mit einem Blick auf den Wald, der sich deutlich vor ihnen abzeichnete.
"Nein, das liegt zu gut versteckt."
Man konnte leisen Zweifel in Skaiye Stimme hören.
Narah glaubte aber schon daran. Nach allem, was die Füchsin ihr erzählt hatte, schien es kaum zu finden.
"Wie lange brauchen wir noch etwa, bis wir da sind?"
"Eineinhalb Tage, wenn wir schnell sind.", antwortete Skaiye und drosselt ihr Tempo.
Das Gebirge lag nun direkt vor ihnen. Die Spitzen waren weiß von Puderschnee, riesige Felsmassen, Plateaus und Klippen waren zu sehen. Alles war gesprenkelt von sanftem Grün und bunten Blumenwiesen. Auf einigen konnte man winzige Tiere sehen, ähnlich wie Käfer auf einer Rinde. Sie sahen zwar so klein aus, aber Skaiye sagte, dass sie drei mal so groß wie ein Fuch waren. Kaum zu glauben für Narah.
Wenn der Wind gut stand konnte man leises klirren hören. Sie trugen wohl Klingeldinger um den Hals, damit die Zweibeiner sie fanden. Irgendwie fand Narah das gruselig. Sie hoffte, dass keiner ihr jemals sowas umlegen würde.
Der Gedanke unter Kontrolle zu sein gefiel ihr nicht.

Die regnerischen Tage waren schöner Sonne gewichen, die nun Schräg durch das Blätterdach auf den Boden fielen. Es war etwas Nebelig an diesem Morgen, was dem ganzen einen mystischen Hauch verlieh. Alles war ganz leise, als würde es den Atem anhalten und diese Schönheit bewundern. Überall sprossen grüne Triebe, die Bäume hielten schwache, durchscheinende Blättchen in die Höhe.
Raureif bedeckte das Laub und Moos, ließ alles frostig glitzern. Selbst Skaiye, die so in Gedanken versunken war, schien für diesen Moment ganz gefangen in der Schönheit.
"Wir lassen sie sowas nicht weiter zerstören.", meinte Narah und stupste sie vorsichtig mit dem Schweif an. Die helle Füchsin blinzelte dankbar und nickte dann. "Das werden wir nicht. Auch wenn es nicht so ist, wie ich es gerne hätte. Es muss keine Gewalt geben."
Wie stark Skaiye am Anfang auch gewirkt hatte, sie schien sehr zu zweifeln an dem, was sie tat. Narah fragte sich weshalb.

Sie lief weiterhin vor, hüpfte über einen halb verrotten Baumstamm und führte ihren Weg dann fort. Sie nutzte die Hilfe eines kleinen Wildpfades, der ihnen die dünnen frischen Dornenzweige vom Leib hielt.
"Ich frage mich, wieso sie Welpen einsammeln. Aber vor allem, wieso jeder denkt, dass ihr es wärt, die das tun.", setzte sie dann an.
"Naja, für viele ist der Rat wie eine Vereinigung von Göttern. Aber was will man ihnen vorwerfen? Sie wissen es nicht besser."
Kurz überlegte Narah. Wenn man es ihnen allen sagen würde, wäre das nicht einfacher?
"Nein. Das würde die Chancen auf Krieg ungemein erhöhen. Sie würden ihnen alle möglichen Tode vorwerfen.
Der Rat tötet zwar viel, aber einige sterben auch ohne seine Beihilfe."
Es brauchte kurz, bis Narah realisierte, was passiert war.
"Das habe ich nicht laut gefragt.", sagte sie und blieb abrupt stehen. Skaiye, die hinter ihr gelaufen war, wäre fast in sie hineingerannt. Etwas erschrocken, murrte sie.
"Warte, du bist ein Amethyst.", Narahs Augen glitzerten. "Ist ja stark. Kannst du Gedanken lesen?"
Beeindruckt musterte sie Skaiye. Leuchteten ihre Augen? Nein, das war die Sonne.
Kurz sah sie Narah an, dann keckerte sie leise.
"Ich bin Amethyst, ja. Aber Gedankenlesen kann ich dadurch nicht. Die Frage war nur zu offensichtlich."
Kurz mussten beide lachen.

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