Epilog

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Ich wache auf, mein Puls rast und ich spüre Tränen in meinem Gesicht. Und eine warme Hand an meiner Wange.
„Stacie, du hast wieder schlecht geträumt.“, murmelt Viktor und sieht besorgt auf mich herab.
Mein Herzschlag will sich noch längst nicht beruhigen, aber so ist es schließlich jedes Mal.
Vier Jahre sind seit der großen Schlacht um Hogwarts vergangen – und sieben Jahre seit Cedrics Tod. Seitdem verfolgen mich diese aufzehrenden Alpträume. Es ist für gewöhnlich immer derselbe Traum – als Mr Diggory mit diesem schmerzerfüllten Aufschrei den Tod seines Sohnes betrauerte. Und jedes Mal fühle ich noch, wie mein Herz zerreißt. Ich bin damals zu Mr Diggory und Ced gestürzt, ich konnte es einfach nicht akzeptieren, ich war mir sicher, dass es bloß ein Missverständnis war. Ich habe an ihm gerüttelt, habe ihn angeschrien, aber er ist nicht mehr aufgewacht. Er lag dort im Gras, leblos, regungslos. Sein Herz schlug nicht mehr, er atmete nicht, schlug nicht die Augen auf. Nie wieder. In diesem Moment konnte ich noch nicht realisieren, dass er mich niemals wieder angrinsen oder umarmen würde, aber mein Unterbewusstsein hatte das alles schon erkannt. Ich konnte plötzlich nicht mehr atmen, konnte mich nicht bewegen, ich habe bloß meinen Schmerz und mein Leid in die Welt hinaus geschrien. Selbst die Tränen, die ungehalten aus mir herausbrachen, bemerkte ich nicht mehr. Dieser Schmerz hat mich ausgefüllt, hat mich beinahe zum Bersten gebracht.
Viktor zog mich schließlich hoch und ich ließ es willenlos passieren, bis auf den Schmerz war ich leer. Er nahm mich einfach fest in die Arme, streichelte über meinen Kopf, meinen Rücken, flüsterte beruhigende Worte, die niemals bei mir ankamen. Aber der Schmerz wurde ein bisschen besser, er wurde ein wenig dumpfer.
Sieben Jahre. Seit sieben Jahren wird der Schmerz mit jedem Tag ein bisschen kleiner, aber er wird niemals komplett verschwinden. Cedrics Tod hat ein klaffendes Loch in meinem Herzen und meinem Leben hinterlassen und nichts und niemand wird es jemals vollständig füllen können. Auch dieses Loch wird kleiner, aber es wird immer ein Rest bleiben.
Tagsüber geht es mir gut, wir haben ein schönes Leben, von Monat zu Monat komme ich besser mit all dem klar. Aber nachts kommt der Schmerz oft noch zurück.
Ich sehe Viktor an, in seine dunklen, warmen Augen und werde ruhiger. Er ist meine Stütze, seit Jahren. Er hat mich davor bewahrt, in meine Einzelteile zu zerfallen, hat mir Kraft gegeben, als von mir nichts anderes übrig war, als ein Haufen Elend. Er küsst mich liebevoll auf die Stirn. „Die Träume werden weniger.“, flüstert er und schenkt mir ein kleines Lächeln.
Ich nicke unmerklich. „Ich wünschte nur, sie wären schon weg.“
„Eines Tages werden sie es sein.“, murmelt er zuversichtlich und küsst mich sanft. „Du wirst schon sehen. Und bis dahin hast du mich.“
„Danach hoffentlich auch.“, sage ich nervös lachend und er grinst.
„Natürlich.“
„Danke.“, hauche ich mit neuen Tränen in den Augen, sicher schon zum millionsten Mal in den letzten Jahren.
„Wofür?“, fragt er lächelnd.
„Dafür, dass du geblieben bist.“, flüstere ich und schließe die Augen. „Dass du mich unterstützt hast, obwohl es nicht einfach war. Oder ist. Und dass du mir die größte Liebe der Welt schenkst.“
Sein Blick wird weich und er küsst mich, langsam und unglaublich liebevoll. „Wie könnte ich gehen? Wie könnte ich, vor allem jetzt, gehen? Ihr seid meine Welt, Stacie.“
Als hätte er auf sein Stichwort gewartet, kommt Nikolai ins Zimmer, seinen Teddy fest an die kleine Brust gedrückt, richtig verschlafen. Unser Sohn.
Schnell wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und setze mich auf. „Was machst du denn hier?“
„Konnte nicht schlafen.“, murmelt Nikolai verschlafen. „Und ich hab euch reden gehört.“
„Leg dich wieder schlafen, Nikolai.“, sagt Viktor liebevoll. „Sonst verschläfst du morgen wieder den halben Tag.“
Die Augen unseres Sohnes, welche er definitiv von seinem Vater geerbt hat, werden groß und rund. Er arbeitet gerade an einem unglaublichen Dackelblick.
„Willst du bei uns schlafen?“, fragt Viktor jetzt lächelnd und Nikolai nickt heftig.
Ich rücke ein Stück und klopfe auf den Spalt zwischen Viktor und mir. „Dann komm her.“
Seine kleinen Beinchen tragen ihn recht schnell zum Bett und er müht sich damit ab, aufs Bett zu klettern, aber er schafft es. Er ist ein Krum, natürlich schafft er es.
Erst jetzt sehe ich auf den Wecker. Es ist 03:27 Uhr, nachts. Ganz London schläft noch, nur wir sind wieder einmal wach.
Nikolai liegt schließlich mit seinem Teddy zwischen Viktor und mir und ist schneller eingeschlafen, als wir gucken können.
Viktor legt seine Arme um uns beide. Er ist ein wundervoller Ehemann, ein wundervoller Vater, er ist unglaublich. Und er liebt mich, er gehört zu mir.
Ohne ihn hätte ich nicht überlebt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 04, 2020 ⏰

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Krum/ AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt