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»be patient, be loving, be kind, be gentle«

Die restlich Woche verging ohne weitere Vorkommnisse. Es fühlt sich teilweise so an, als hätte ich mir das alles nur eingebildet. Heute ist Samstag, also ist wieder Fußballtag. Ich sitze in meinem Zimmer, habe meine gesamte Kleidung aus dem Schrank gezogen und in meinem ganzen Zimmer verteilt. Ich hoffe das ich heute wieder die Chance bekomme mit Luis zu reden, da er mit meinem Bruder in einem Team spielt. Und damit ich diesmal einen etwas besseren Eindruck hinterlassen kann, versuche ich ein passendes Outfit zu finden. Es soll zeigen, dass ich nicht nur dieses kleine und schüchterne Mädchen bin, sondern auch anders kann. Allerdings sieht mein Kleidungsstil das anscheinend anders, denn er schreit schon fast, dass ich schüchtern und unschuldig bin.

Als Mark in mein Zimmer kommt, um zu fragen, ob ich fertig bin, habe ich zum Glück ein akzeptables Outfit gefunden. Ich trage einen schönen Jeansrock, den ich mir vor zwei Jahren im Sale gekauft habe und dazu eine weiße Bluse. Mark nimmt mich wie immer mit zum Spiel, damit unser Vater denkt, dass wir zusammen Zeit verbringen. Er versteht einfach nicht, dass ich einfach nur am Spielfeldrand sitze, Mark zu gucke und danach mit Simon und Anni verschwinde, weil Mark alleine auf eine Party geht.

Heute sieht Mark mich einige Sekunden länger an und mustert mein Erscheinungsbild mit gerunzelter Stirn. Dann schließt er kurz die Augen, öffnet sie wieder und sieht mich mit einem kalten Ausdruck im Gesicht an. »Komm, Jasmin. Wir müssen los.« Nach dem kurzen Satz verschwindet er aus meinem Zimmer und setzt sich schon ins Auto. Ich sprühe noch einen Spritzer Parfüm auf meinen Hals und mache mich auch auf den Weg.

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Als wir am Platz angekommen sind, trennen sich unsere Wege. Mark geht zu seinem Team in die Umkleide, um sich auf das Spiel vorzubereiten und ich mache mich auf den Weg auf die kleine Tribüne neben dem großem Fußballplatz. Ich sehe Anni und Simon schon vom Weiten und laufe mit schnellen Schritten auf die beiden zu, schlängel mich dabei durch die bereits anwesende Menge.

Während sich die beiden Teams warm gemacht haben, haben Anni, Simon und ich uns über alles Mögliche unterhalten. Vor allem hat sich Simon über Samantha aufgeregt, welche auch heute nur ein Paar Reihen vor uns sitzt und immer mal wieder einen Blick auf Simon wirft.

Als das Spiel endlich anfängt reden Anni und Simon immer noch über ihre anhänglichen Ex Partner. Ich versuche so gut es geht das Spiel zu verfolgen, wobei ich nach den Jahren zugucken sogar die ganzen Regeln drauf habe. Ich musste mich schließlich gezwungener Maßen damit auseinandersetzen. Anfangs bin ich gerne mit zu Marks Spielen gegangen, allerdings hat sich das irgendwann geändert. So wie sich alles irgendwann geändert hat.

Ich verfolge gelangweilt das Spiel und sehe mir allerdings bloß den Jungen mit der Nummer Sieben auf dem Rücken ganz genau an. Luis Anson. Er sieht beim Sport machen natürlich besonders elegant und sexy aus. Den Gedanken habe ich nicht zum ersten Mal, allerdings werde ich das niemals laut aussprechen. Ich rede zwar oft mit Anni über Jungs, aber ich mache es nicht wirklich gerne. Sie hat so viel mehr Erfahrung und ich komme mir neben ihr, wie ein kleines Mädchen vor. Außerdem reden wir meistens nur über ihre Bekanntschaften.

Die erste Halbzeit ist schnell vorbei und nichts besonderes ist passiert. Die Gegner sind um einiges besser, allerdings sind noch keine Tor gefallen. Als die zweite Halbzeit anfängt, sehe ich Samantha, die sich mit einem übertrieben fröhlichen Lächeln auf mich zu bewegt und kann nur seufzend den Kopf schütteln. Sie sollte langsam wirklich zu Vernunft kommen. Simon und Anni sind noch kurz zum Auto gelaufen, um sich etwas zum trinken zu holen. »Hey Jasmin. Wie geht es dir? Alles klar bei dir?« Samantha sieht mich mit einem süßen Lächeln an und setzt sich ziemlich nah neben mich auf die Tribüne. »Hallo Samantha. Mir geht es wirklich gut.«, antworte ich bloß und sehe genervt dem Spiel zu. Sie soll mich bloß in Ruhe lassen. Es ist schon öfter vorgekommen, dass Mädchen von mir Simons Nummer wollten oder ich für sie ein Treffen organisieren sollte. Bloß weil wir gut befreundet sind.

»Mir geht es auch wirklich gut, danke dass du fragst. Ich wollte eigentlich auch nur ganz kurz mit dir reden. « Sie macht eine kurze Pause und sieht mich ernst an. »Ich bin so nah dran endlich Simons Aufmerksamkeit zu bekommen und ich möchte nicht, dass du es mir versaust. Also solltest du dich wirklich etwas von ihm fernhalten. Du bist vielleicht in ihn verliebt, aber er sieht dich nur als gute Freundin und du solltest das endlich mal einsehen und anderen das Feld überlassen.« Mit diesen Worten steht sie auf und verschwindet zu ihren Freundinnen. Ich sehe ihr hinterher, kneife meine Augen leicht zusammen und kann nur mit dem Kopf schüttel. Was für ein Quatsch. Mit einem empörten Schnauben schenke ich meinem wirklichen Traumtypen und dem Fußballfeld wieder meine gesamte Aufmerksamkeit.

Letztendlich hat unsere Mannschaft noch eins zu null gewonnen. Allerdings wurde Luis verletzt und musste humpelnd den Platz verlassen. Ein Gegenspieler ist ihm von hinten auf den Fußknöchel gesprungen. Unsere Mannschaft hat dafür einen Elfmeter bekommen und Mark hat ihn verwandelt. Ich mache mir jedoch viel mehr Sorgen um Luis. Ich weiß schließlich nicht, was passiert ist. Nach dem Spiel warte ich also ausnahmsweise auf meinen Bruder, um ihn zu fragen. Anni und Simon sind schon zum Auto gegangen und warten dort auf mich.

Nach und nach verlassen alle Spieler das Gebäude. Nur mein Bruder braucht mal wieder ewig. Als er dann endlich kommt, habe ich Glück, da er mit Luis und Nick kommt. Dabei entgeht mir nicht, dass Luis leicht humpelt und von Nick gestützt wird. Mein Bruder regt sich anscheinend gerade ziemlich auf, da er wild mit den Händen gestikuliert und dabei einen sehr unfreundlichen Gesichtsausdruck zur Schau stellt.

Als nach wenigen Schritten, sein Blick dann auf mich fällt, hört er auf zu reden und sieht mich mit einem bösen Blick an. Luis und Nick schauen mit einem skeptischen Blick zwischen uns hin und her und kommen mit Mark auf mich zugelaufen. »Was machst du noch hier?« Marks Tonfall ist unfreundlich und er scheint genervt zu sein. Ich setze einfach mein süßestes Lächeln auf und sehe die drei vor mir an. So genau habe ich mir gar nicht überlegt, was ich noch hier will. Ich wollte doch nur sehen, wie es Luis geht. Das kann ich meinem Bruder aber schlecht sagen und vor Luis wäre es auch mega peinlich. »Ich... also ich wollte euch nur zum Sieg gratulieren?« Mein Satz klang mehr nach einer Frage und ich hätte mich am liebsten einfach Kopf über in den Boden gerammt. Was mache ich hier eigentlich? »Danke, dann kannst du ja jetzt gehen.«, antwortet Mark mir und sieht mich mit einem bestimmten Blick an. Am liebsten würde er mich wahrscheinlich anschreien, kann das vor seinen Freunden aber nicht.

»Lass sie doch Mark. Ich finde das eigentlich ganz nett. Also danke, Jasmin.«, sagt Luis und sieht mich mit seinem strahlendem Lächeln an. Ich lächel ihm auch zu und beiße mir auf die Zunge, um jetzt nichts blödes zu sagen. »Und wie geht es deinem Fuß? Das sah wirklich schmerzhaft aus.«, frage ich ihn und versuche den Blick von Mark zu ignorieren. »Ach das war halb so schlimm. Ist bestimmt nur verstaucht. Das wird schon wieder.«, antwortet er mir und sieht selbst zu seinem Fuß, den er anscheinend nicht mehr belasten kann.

»Können wir jetzt endlich gehen? Ich wollte noch auf eine Party.«, sagt Mark und zieht Luis von mir weg. Nick folgt den beiden, sieht mich aber noch mal abschätzend von oben bis unten an. Als er die beiden erreicht hat, höre ich ihn noch fragen, ob Mark mich kennt. Dieser schüttelt nur mit dem Kopf und sagt irgendwas, worauf die anderen anfangen blöd zu lachen.

Ich mache mich mit hängendem Kopf auch auf den Weg zu Parkplatz und hoffe, dass Anni und Simon wirklich so lange gewartet haben. 

BreathlessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt