»Everyone has a chapter they don't read out loud.«
»Was meinst du? Rot oder doch lieber schwarz?«, Samantha hält zwei wunderschöne, kurze Kleider hoch und sieht mich fragend an. Eigentlich habe ich keine Ahnung von diesem ganzen Mode zeug und würde am liebsten nur mit den Schultern zucken. Anni hat immer gesagt, dass ich keinen Geschmack habe, weswegen sie mir auch immer meine Outfits zusammengestellt hat. Allerdings möchte Samantha Simon auf der Party für sich gewinnen und zufällig weiß ich, dass er auf rot steht. Außerdem ist Samantha wirklich hübsch und kann ein so auffälliges Kleid super tragen. Also zeige ich auf das rote Kleid und sehe mit einem betrübten Ausdruck im Gesicht wieder in meinen Schrank. Wenn ich mir die Kleider von Samantha vor Augen halte, finde ich alles was ich sehe einfach nur schäbig. Ich habe mir eigentlich nie was aus Kleidern gemacht, doch jetzt hätte ich gerne auch so schöne, wie Samantha in der Hand hat.
»Ja, das rote Kleid ist gut. Da wir mit mir jetzt fertig sind, suchen wir mal etwas für dich aus.«, sagt Samantha und stellt sich mit einem zufriedenen Lächeln vor meinen Schrank. Ich sehe hinter sie auf mein Bett, wo sie die Kleider abgelegt hat und kann nicht verhindern, dass ich einen kleinen Stich Eifersucht fühle.
»Guck nicht so traurig, Jasmin. Ich habe mir schon was hübsches überlegt.« Samantha zieht mehrere Sachen aus meinem Schrank und hält mir eine lange Jeanshose, ein schwarzes Top aus Spitze und eine Lederjacke vor die Nase. »Das wäre doch süß oder nicht?«, fragt sie mich und legt es zufrieden nickend neben ihr rotes Kleid. »Meinst du nicht, dass das etwas zu, naja normal ist? Muss ich nicht auch lieber ein Kleid anziehen?«, frage ich skeptisch und betrachte unsere Unterschiedlichen Outfits.
Samantha seufzt laut und legt ihre Hand auf meine Schulter. »Ach, Jasmin. Du fühlst dich halt wohler in Jeans und das ist total in Ordnung. Erstens ist es viel praktischer, weil du nicht aufpassen musst, dass dir dein Kleid verrutscht und zweitens musst du gar nichts, außer Spaß haben.« Samantha sieht mich eindringlich an. Es kommt mir fast so vor, als würde sie versuchen mir ihre Gedanken in den Kopf zu implantieren. »Und drittens siehst du einfach unglaublich hübsch aus und ja auch in Jeans.«
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Mit einem ruckartigen ziehen werde ich von Samantha durch die Menge gezogen. Immer wieder drückt sich ein verschwitzter Körper gegen mich, was mich sofort leicht zurück zucken lässt. Mir steigt der Geruch von Alkohol in die Nase und merke wie meine Schuhe immer mal kurz am Boden kleben bleiben. Angewidert verziehe ich das Gesicht, werde allerdings zügig von Samantha weiter gezogen. Sie hält meine Hand fest umschlossen und ich hätte ihr wirklich nicht so viel Kraft zugetraut.
Als wir es endlich durch die Menge geschafft haben, stehen wir vor einer Sitzecke, die aus einem Sofa und zwei Sesseln besteht. Ich sehe einige Jungs aus unserer Schule zusammen sitzen und als ich meinen Blick kurz durch die Runde schweifen lasse, kann ich auch Simon und Nick erkennen, obwohl der Raum nur durch eine bunte Diskokugel beleuchtete wird, die an der Decke hängt. Samantha lehnt sich zu einem Jungen, der alleine auf einem der beiden Sessel sitzt und Umarmt ihr kurz. Er hat kurze braune Harre und verdammt viele Sommersprossen im Gesicht, was so verdammt süß aussieht, dass ich mir ein seufzen verkneifen muss. »Danke für die Einladung, Ben. Ich habe auch noch jemanden mit gebracht.«, schreit Samantha so laut gegen die Musik, dass es alle in der kleinen Sitzecke gehört haben müssen. Ben sieht an ihr vorbei zu mir und lächelt mich an. Ich merke wie ich rot werde, da nicht nur er, sondern alle Jungs sich mir zugewendet haben. Ben nickt mir bloß kurz zu und sieht dann wieder zu Samantha. Dieser legt er mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht eine Hand auf die Rückseite ihres Oberschenkels, ganz nah an ihren Hintern. Ich wende schnell meinen Blick von den beiden ab und sehe noch mal in der Gruppe herum, als ich Simons Blick begegne. Er sieht mich zunächst sehr überrascht an und mit einem ganz kurzen Seitenblick auf Samantha, ändert sich dieser Ausdruck schnell zu einem wütendem. Simon geht sich durch sie blonden Haare und steht mit einem Ruck auf.
Samantha hat in der Zeit Bens Hand entfernt und sich lächelnd auf die Armlehne des Sessels gesetzt. »Was verdammt soll das? Verbündest du dich jetzt mit Samantha gegen mich? Seit wann seid ihr eigentlich in der Lage nebeneinander zustehen, ohne euch böse Blicke zu schenken?« Simon stecht plötzlich vor mir, umgreift meinen Oberarm und flüstert mir die Worte ins Ohr. Ich zucke leicht zusammen und drehe ihm meinen Kopf zu. »Wir haben uns ausgesprochen. Solltest du auch mal versuchen, kann Wunder bewirken.«, antworte ich ihm, schlage seine Hand von meinem Arm und drücke ihn ein Stück von mir weg.
Simon sieht mich zu Teil wirklich geschockt an und schüttelt leicht seine Hand. Ich sehe kurz zu Samantha, welche zwar so tut, als würde sie Bens Gerede folgen, aber nie die Augen von Simon nimmt. Ihr Blick nimmt wieder diesen traurigen und hoffnungslosen Ausdruck an, dass ich mich zu Simon drehe. »Hör jetzt verdammt nochmal auf, bloß eifersüchtig daneben zu stehen und schnapp sie dir. Geht in den Garten oder so und klärt das was zwischen euch steht.«, sage ich, lasse ihn stehen und setze mich auf das Sofa.
Nachdem ich zufrieden beobachtet habe, dass Simon zu Samantha gegangen ist, beide kurz geredet haben und dann zusammen in den Garten verschwunden sind, sehe ich mich unwohl in der Sitzecke um. Ich habe mir einfach ohne nachdenken Simons Platz geschnappt und sitze jetzt zwischen Sieben Jungs, die mich teilweise anstarren oder ignorieren und mit anderen unterhalten.
»Na Jasmin. Bist du jetzt auch zu einem richtigen Partygirl geworden?« Ich zucke leicht zusammen und sehe neben mich, nur um in Nicks schöne Augen zu blicken. Automatisch steigen meine Mundwinkel und ich setze mich lächelnd in seine Richtung. Unsere Beine berühren sich und ich bin kurz versucht meins zurück zuziehen, lasse es allerdings, als er anfängt mit einer meiner Haarsträhnen zu spielen. Nick lächelt mich an und lässt damit meinen Bauch verkrampfen.
»Eigentlich bin ich nur hier, weil Samantha mich mit geschleppt hat.«, antworte ich ihm und lasse mal die Geschichte zwischen ihr und Simon außen vor. Falls es gegen meine Erwartungen nicht mit den beiden funktioniert, müssen ja nicht alle wissen, dass Samantha einen Korb bekommen hat.
»Und mit wem bist du hier?«, frage ich ihn und sehe mich kurz etwas um. Vielleicht ist Luis ja hier. Nick schiebt meine Haarsträhne, die er immer noch in der Hand hat, hinter mein Ohr. Ein angenehmer Schauer zieht über meinen Rücken und ein leichtes Kribbeln entsteht an der Stelle unter meinem Ohr. Nick zieht seine Hand wieder zurück und ich setze mich ein Stück zurück, sodass wir uns nicht mehr berühren. Ich wende verlegen meinen Kopf zu Seite und warte einfach still auf eine Antwort. Ich sehe mich noch genauer in dem Raum um, da ich vorher nicht besonders viel Zeit dazu hatte. Samantha hat sich direkt meine Hand geschnappt und mich durch die Menge gezogen. Ben wohnt in einem riesigen Haus und hat eine richtige Bar in seinem Wohnzimmer stehen. Er hat sogar ein kleines Podest als Tanzfläche aufgestellt. Krass.
»Ich habe keine Begleitung. Außer du lässt Luis zählen, aber der ist schon vor längerem mit irgendwem verschwunden.«, antwortet mir Nick und sieht selbst einfach durch den vollen Raum. Ob Luis mit einem Mädchen verschwunden ist? Ich hoffe nicht. Nick zu fragen traue ich mich leider auch nicht. Mit einem enttäuschten seufzen drehe ich mich wieder zu ihm und bemerke seinen Blick auf mir. Ich lächel ihn unsicher an und lehne mich wieder leicht zu ihm nach vorne, da ich beim zurück rutschen, zu nah an irgendeinen anderen Jungen gekommen bin.
»Also keine Freundin oder irgendwer an dem du Interesse hast?«, frage ich ihn und bemerke, wie wenig ich eigentlich über ihn weiß. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er nicht eine Freundin hat. Obwohl er mich sonst bestimmt nicht auf den Mundwinkel küssen würde. Warum auch immer muss ich plötzlich an seine weichen Lippen an meiner Haut und die Kühle des Piercings denken. Wie sich das wohl beim Küssen anfühlt?
»Freundin, nein. Interesse, vielleicht.«, antwortet er mir und sieht mir wieder mit diesem intensiven Blick in die Augen. »Kenne ich sie?«, frage ich und sehe mich nochmal kurz um. Nick schüttelt bloß den Kopf und nimmt einen Becher vom Tisch. Er nimmt einen großen Schluck und hält mir dann den Becher hin. Skeptisch sehe ich die Flüssigkeit an und ziehe fragend eine Augenbraun hoch. »Cola und klein bisschen Vodka.«, antwortet Nick auf meine unausgesprochene Frage. Ich nehme ihm den Becher ab und nehme einen ganz kleinen Schluck. Man weiß ja nie, was für andere ein bisschen ist. Da ich nicht wirklich Alkohol raus schmecke, nehme ich noch einen Schluck und gebe ihm den Becher wieder.
»Dabist du ja endlich. Ich habe dich schon überall gesucht. Du wolltest dochunbedingt in den Garten gehen.« Jemand lässt sich links neben mich auf das Sofanieder und legt einen Arm um meine Schulter. »Aber wie ich sehe, hast du unsere süße Jasmin gefunden.« Ich wende meinen Blick zu ihm und gucke in die leuchtenden, blauen Augen von Luis. Mit einem strahlenden Lächeln sehe ich ihn an. Ich habe ihn gefunden und musste ihn nicht einmal suchen.
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Breathless
Short StoryJasmin ist verliebt. Und das nicht nur so ein bisschen, sondern volle Kanne. So sehr, dass ihr Herz Purzelbäume schlägt und sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzieht, wenn sie ihn sieht. Das einzige Problem dabei, sie hat eigentlich noch nie mit Luis...