Kapitel 9

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Die ganze nächste Woche bekam ich Bokuto außerhalb des Unterrichts kaum zu Gesicht, weil das Volleyballteam am Wochenende das erste Trainingsspiel nach den Ferien hatte und die Jungs jeden Tag vor der Schule zum Ausdauertraining antanzen mussten. Mittags hatten sie dann ihr übliches Training, aber Bokuto hatte mir erzählt, dass sie alle zusätzlich länger blieben, um an ihren individuellen Schwächen zu arbeiten.

Ich hatte allerdings selbst alle Hände voll damit zu tun, die Erstklässlerin, die mich bei unseren nächsten Spielen vertreten sollte, in Form zu bringen, sodass ich meistens erst abends im Bett bemerkte, dass wir heute schon wieder kaum miteinander geredet hatten.

Am Wochenende hatten wir ein Spiel gegen eine erfolgreiche Mittelschulmannschaft, die aus der Nähe kam und gegen die wir schon des Öfteren gespielt hatten. Trotz des Altersunterschieds waren sie ein starker Gegner, den man nicht unterschätzen sollte. Leider fanden unsere Spiele beinahe parallel statt, unseres draußen auf dem beinahe vertrockneten Rasenplatz und Bokutos drinnen in der großen Sporthalle.

Ich hatte ihm im Unterricht einen Zettel zugesteckt, in dem ich ihm mitteilte, dass ich es vermutlich nicht zu seinem Spiel schaffen würde, aber er hatte nur mit den Schultern gezuckt und abgewinkt. So stand ich also am Samstagnachmittag vor den Umkleidekabinen der Mädchen und wartete darauf, dass Hiko mit dem Schlüssel auftauchte.

Ich hatte mich im Schatten vor den erdrückenden Sonnenstrahlen versteckt, aber vor der schwülen Hitze gab es heute kein entkommen. Während die anderen ihr übliches Aufwärmprogramm absolvierten, hatte ich die Aufgabe, den Mädchen der anderen Schule zu zeigen, wo sie sich umziehen und ihre Sachen abstellen konnten.

Über die Sommerferien waren die Umkleiden renoviert worden und in den beiden letzten lagerten immer noch die Baustoffe, die sehnlichst darauf warteten, endlich verarbeitet zu werden.

Als Schiedsrichter hatten wir einen Jungen aus der zweiten Klasse eingespannt, der sich schon öfter dazu breitschlagen lassen hatte, für uns zu pfeifen. Er würde, so wie ich ihn kannte, erst wenige Minuten vor Spielbeginn aufschlagen, aber weil er es bisher trotzdem immer geschafft hatte, pünktlich auf der Matte zu stehen, machte ich mir keine Sorgen wegen ihm.

Nachdem ich den Mädchen alles gezeigt hatte, unterhielt ich mich kurz mit ihrem Coach. Sie erkundigte sich danach, warum ich auf Krücken ging, war sonst aber eher wortkarg.

Kurze Zeit später stand ich mit dem Rest des Teams auf dem Platz und versuchte meinem Ersatz Mut zuzusprechen. Sichtlich nervös beobachtete sie die zugegebenermaßen sehr schnellen Angriffe unserer Gegner, die sich auf der anderen Seite warmspielten.

"Mach dir keine Sorgen. Es ist nur ein Trainingsspiel, wir sind hier zum Üben und nicht zum Gewinnen."

Mit dem Handrücken wischte ich mir die kurzen Fransen aus der Stirn, die sich aus meinem Zopf gelöst hatten. Es war unfassbar heiß und dazu war die Luft noch so feucht, dass ich mich fast wie in einem Dampfbad fühlte. Den ganzen Tag wartete ich schon auf das Gewitter, das der Wetterbericht angekündigt hatte, aber bisher hatte es nicht einen Tropfen geregnet.

Ich hatte ein bisschen Mitleid mit den Mädels, weil sie bei diesen unsäglichen Temperaturen gleich für 35 Minuten über den Platz rennen sollten. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass unsere neue Torfrau nicht gleich den Rückzug antreten würde, sobald ich ihr den Rücken kehrte, humpelte ich zu den anderen Spielerinnen, die es nicht in die Startaufstellung geschafft hatten und auf einer Bank am Spielfeldrand saßen.

Als kurz darauf das schrille Geräusch des Anpfiffs erklang, kramte ich einen Notizblock hervor. Hiko hatte mich darum gebeten, das Spiel genau zu beobachten, denn von Außen sah man die Schwachstellen viel besser als vom Feld aus. Die erste Halbzeit lang schlugen wir uns gut, vermutlich nicht zuletzt, weil wir unseren heimischen Rasen fast täglich bespielten und an den Acker gewöhnt waren. Die Gegner hatten dagegen sichtlich Probleme mit dem trockenen Boden und kamen nur langsam ins Spiel. Ihre wenigen Vorstöße schafften es nicht in die Nähe des Tores, nicht zuletzt weil unsere Abwehr ganze Arbeit leistete.

Man sagt doch, Eulen seien weise  ✔ [Bokuto Kotaro, Haikyuu!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt