Ich gönnte mir einen Moment der Ruhe, nachdem ich die Tür zur Umkleide geschlossen hatte. Das kühle Holz im Rücken gab mir ein Gefühl von Stabilität und Sicherheit, etwas, das ich in diesem Moment wirklich gut gebrauchen konnte. Mein Herzschlag pochte mir in den Ohren, ansonsten war ich von Stille umhüllt. Mir war klar, dass ich überreagiert hatte. Ich hatte mich da draußen ganz schön lächerlich gemacht, war rot angelaufen und dann davongerannt. Am liebsten hätte ich mich hier versteckt, bis alle gegangen waren, doch das war keine Option. Wenn ich mir zumindest einen gewissen Reststolz bewahren wollte, musste ich da gleich selbstbewusst rausmaschieren und so tun als wäre nichts gewesen.
Mein eigenes Shirt hing nass über der Heizung, aber wenn ich es lang genug unter den Handtrockner hielt, würde es schon trocken werden. Jetzt wo ich mehr Zeit hatte, darüber nachzudenken, kam ich mir wirklich dumm vor, weil es so eindeutig gewesen war, wem das Shirt gehörte. Genauso gut hätte Bokutos Name drauf stehen können.
Ein Klopfen unterbrach die tröstliche Ruhe und ich zuckte erschrocken zusammen.
"Hey Lucky, bist du da drin?"
Für einen Moment zog ich in Betracht, so zu tun, als wäre ich nicht hier drin. Doch dann besann ich mich, dass ich keine 5 Jahre mehr alt war und früher oder später sowieso mit ihm reden musste.
"Ja bin ich", rief ich zurück.
"Kann ich reinkommen?"
Ich zögerte. Mit ihm reden war eine Sache, mit ihm von Angesicht zu Angesicht reden eine ganz andere.
"Ich zieh mich gerade um", log ich und schluckte das schlechte Gewissen hinunter.
Wenn er mich jetzt ansehen würde, könnte er wahrscheinlich in meinen Augen lesen, was in mir vorging. Ich war nicht bereit, dieses Gespräch mit ihm zu führen. Ich war mir nicht mal sicher, ob ich je bereit sein würde, über diese vermaledeiten Schmetterlinge zu reden, die sich andauernd in meinem Magen einnisteten, wenn wir zusammen waren.
"Lass das Shirt doch einfach an! Mir ist eigentlich egal, ob du es anhast. Ich brauch es doch im Moment sowieso nicht."
Ich wusste nicht was ich erwartet hatte, aber irgendwie lösten seine Worte ein dumpfes Gefühl der Beklemmung in mir aus. Wieder klopfte er.
"Hörst du mir noch zu?", fragte Bokuto mit gedämpfter Stimme.
"Klar."
"Ziehst du jetzt mein T-Shirt bitte wieder an? Deines ist doch nass, oder nicht?"
"Nein, es ist schon wieder trocken."
Nachdem ich die Krücken auf eine der Bänke gelegt hatte, humpelte ich zur Heizung hinüber. Ich griff nach dem Stoff und wenn man ihn nicht so genau anfasste, konnte man vielleicht wirklich denken, dass er inzwischen getrocknet war. Gerade hatte ich mir Bokutos Shirt über den Kopf gezogen, als es erneut klopfte, diesmal ungeduldig.
"Mein Gott, wie lang kann man denn brauchen, um sich umzuziehen."
Ich drehte mich zur Tür um, genau in dem Moment als sie aufflog und mit einem Krachen gegen die Wand schlug. Reflexartig riss ich das Shirt hoch, das ich gerade auf die Bank hatte legen wollen. Als er bemerkte, dass ich kein Oberteil trug, drehte er sich sofort weg und stammelte eine Entschuldigung.
Ich wusste nicht, wem von uns die Situation peinlicher war.
"Tut- tut mir leid. Ich dachte wirklich, du wärst inzwischen wieder angezogen."
Gerade hatte ich mich noch zutiefst dafür geschämt, sein T-Shirt ohne seine Einwilligung genommen zu haben und jetzt auch noch das. Wenn Hiko hier gewesen wäre, hätte sie ihm jetzt in den Arsch getreten und dafür gesorgt, dass er nie wieder auch nur schief in meine Richtung sehen würde. Ich tat nichts dergleichen.
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Man sagt doch, Eulen seien weise ✔ [Bokuto Kotaro, Haikyuu!]
FanfictionEine kleine Slow Romance Geschichte für verregnete Tage, an denen man denkt, dass die Sonne nie wieder rauskommt. Trotz ihres klangvollen und vielversprechenden Namens hat Lucky nicht unbedingt viel Glück, besonders nicht, wenn es um Bokuto geht. S...