Man sagt doch, Eulen seien weise ✔ [Bokuto Kotaro, Haikyuu!]

Kapitel 1

Das sanfte Läuten der Glocke über der Tür kündigte mein Eintreten an, als ich mich aus der brütenden Hitze in die Eisdiele rettete. Erleichtert seufzte ich auf, als die klimatisierte Luft auf meine Haut traf, und sah mich nach einem leeren Platz um, nur um kurz darauf festzustellen, dass es keine mehr gab. Damit hatte ich zwar gerechnet, aber nichtsdestotrotz machte sich Enttäuschung in mir breit. Mit der linken Hand tastete ich nach meiner Tasche, obwohl ich genau wusste, dass sie noch da war, weil ich den beruhigenden Druck auf meiner Schulter spürte.

"Hey, hey, hey! Wenn das mal nicht Lucky Thirteen ist!"

Wie immer wenn ich meine Brille nicht trug, musste ich mich auf mein Gehör verlassen und hoffen, dass ich auf die richtige Person zusteuerte. Allerdings machte man es mir diesmal leicht, denn Bokuto winkte mir von einem Tisch in einer Nische der Eisdiele aus zu. Ich grinste und trat zu ihm an den Tisch und je näher ich kam, desto schärfer wurde er, bis ich mir auch wirklich sicher sein konnte, dass er es auch war.

"Heute bin ich eher Sweaty Thirteen."

Mein Blick fiel auf den Typ neben Bokuto und ich senkte den Kopf, um eine Verbeugung anzudeuten.

"Hi", sagte ich dann lächelnd, "ich bin Lucky."

Seine Konturen waren ein wenig verschwommen und kurz war ich versucht, meine Brille aus der Tasche zu fischen, nur um ihn klar sehen zu können. Ich war mir ziemlich sicher, dass er grinste.

"Kuroo", stellte er sich ebenfalls vor und neigte den Kopf.

Beide Jungs hatten unübersehbar große Eisbecher vor sich stehen. Ich rutschte auf die Sitzbank ihnen gegenüber und versuchte meine langen Beine unter den Tisch zu quetschen, ohne dass sie die von Bokuto oder Kuroo berührten.

"Bist du alleine hier?", fragte Bokuto.

"Ja, ich komm immer alleine her, sitze hier in der Ecke und zeichne."

Eigentlich war ich auch heute hergekommen, um genau das zu tun, aber wenn es so voll war, traute ich mich nicht. Ich hatte Angst, erwischt zu werden, wenn ich die Besucher malte, denn sicher wären nicht alle davon begeistert gewesen.

"Im Unterricht hab ich dich auch schon zeichnen sehen", stellte Bokuto fest.

"Wenn du so viel zeichnest, bist du doch bestimmt richtig gut, oder? Dürfen wir was von dir sehen?"

In Kuroos Ton schwang ganz leise eine Herausforderung mit, über die ich schmunzeln musste. Ich öffnete den Reisverschluss meiner Tasche und zog einen Block hervor, aus dem unzählige Zettel hervorragten, die meisten davon hatten ihre besten Zeiten bereits hinter sich gelassen und waren zerknittert, verfärbt oder sogar an einigen Stellen eingerissen.

"Klar, aber erwartet nicht zu viel, das meiste sind nur Kritzeleien."

Ich schob mir meine Brille auf die Nase und war wie immer überrascht, wie klar die Welt war, wenn man richtig sah. Verstohlen musterte ich Kuroo, während sein Blick auf die erste Skizze gerichtet war. Seine schwarzen Haare standen wirr vom Kopf ab, als wäre er gerade erst aufgestanden, aber seine Augen hatten einen wachen Glanz. Ich hätte gerne versucht, den Ausdruck darin auf Papier einzufangen. Später vielleicht. Neugierig blätterten sie den ganzen Block durch, lachten über die ein oder andere Skizze und ich wusste genau, auf welcher Seite sie angekommen waren, als Kuroo Bokuto einen Ellenbogen in die Seite rammte. Daraufhin fiel ihm fast der Löffel mit Eiscreme aus der Hand und für einen sehr langen Moment fürchtete ich, er würde geradewegs auf dem Block landen. Bokutos Hand schnellte nach vorne und verhinderte das Unglück. Er sah selbst erstaunt darüber aus, wie schnell er reagiert hatte, seine ohnehin schon großen Augen standen weit offen und für einige Sekunden war er sprachlos. Dass ich das noch erleben durfte. Erleichtert ließ ich mich tiefer in die Polster der Bank sinken.