My morning coffee makes me feel like
I got my shit together. I dont.
But it feels like it.Christina
Nach zwei miserablen und absolut nicht erholsamen Nächten mache ich mich am Sonntagmorgen mit eher gemischten Gefühlen auf den Weg ins Training. Nicht nur, dass mir die Corona-Situation zusetzt, ich habe auch kaum ein Auge zugetan, weil mir Kathrins Worte einfach nicht aus dem Kopf gehen wollten. Die Medien haben natürlich auch nicht lange gebraucht um ihre Gerüchte über uns zu verbreiten und ich frage mich unwillkürlich ob wir nach außen hin wirklich wie ein Liebespaar wirken. Klar, ich mag ihn und durch das Tanzen kommen wir uns zwangsläufig näher aber das wars doch auch schon. Gut, okay, vielleicht schwärme ich auch ein bisschen für ihn aber da ist doch nichts dabei. Er ist eben ein toller Kerl. Ein toller Kerl mit Freundin. Außerdem ging es zwischen uns ja nie weiter als ein paar harmlose Flirts.
Trotzdem kann ich nichts gegen das merkwürdige Gefühl tun, das mich auf Schritt und Tritt zu verfolgen scheint.Mein schlechtes Gewissen verstärkt sich nur noch, als ich ein paar Minuten später am Tanzstudio eintreffe und Luca schon auf der Treppe vor dem Eingang auf mich wartet. In den Händen hält er zwei Kaffeebecher und jongliert auf den Unterarmen eine große braun Tüte, die verdächtig nach Frühstück aussieht. Über das Wochenende haben wir ein paar Mal telefoniert und ich bin froh, dass er sich nach dem Schock am Freitag so gut mit seiner neuen Wohnsituation abgefunden hat.
"Guten Morgen!", begrüßt er mich fröhlich und streckt mir sogleich einen der Becher entgegen, den ich dankbar annehme.
"Ich dachte du hast bestimmt noch nichts gegessen, also bin ich noch kurz beim Bäcker reingesprungen und hab uns ein paar Donuts besorgt. Ich hoffe du hast nichts gegen Schokolade zum Frühstück."
Am liebsten wäre ich ihm gleich um den Hals gefallen.
"Du bist ein Schatz, das ist genau das was ich jetzt brauche", seufze ich immer noch im Halbschlaf und lehne mich mit aller Kraft gegen die Tür des Tanzstudios, während ich versuche nichts von meinem kostbaren Kaffee zu verschütten. Mit einem Grinsen greift Luca über mich und schiebt die Tür für mich auf, als er merkt, dass sich das dumme Dinge unter meinem Gewicht kaum bewegt. Manchmal ist es echt lästig so klein und zierlich zu sein.
Er lässt mich zuerst eintreten und springt dann enthusiastisch vor mir her.
"Na dann können wir ja loslegen!"
Mit einem Seitenblick auf mich fügt er grinsend hinzu: "Oder sollen wir noch ein bisschen warten, bis das Koffein dich aufgeweckt hat?" Zur Antwort strecke ich ihm bloß die Zunge raus. Ist schließlich vor allem seine Schuld, dass ich die halbe Nacht nicht geschlafen habe.Sobald wir aber mit dem Training anfangen, ist meine Müdigkeit und das schlechte Gewissen von vorhin wie weggeblasen. Tanzen war schon immer meine Medizin für jede Situation. Völlig egal ob es sich da um eine nervige Lehrerin, einen bescheuerten Exfreund oder einen Küchenbrand handelt - es gibt nichts, das meine Laune so schnell anheben kann wie das Tanzen.
Selbst als Max uns nachher verkündet, dass sich eine Reporterin angekündigt hat, trübt das meine Stimmung kein bisschen. Normalerweise hasse ich Interviews wie die Pest aber dieses Mal macht es mir überraschenderweise nicht wirklich etwas aus. Die Dame kommt von einem Magazin, dessen Namen ich nicht mal ansatzweise aussprechen kann aber zumindest scheint sie ganz nett zu sein. Mal ganz davon abgesehen macht Luca sich einen Spaß daraus, hinter ihrem Rücken so viele schräge Grimassen zu schneiden wie möglich, was mich quasi non-stop zum Lachen bringt. Luca schafft dreißig Grimassen, bis die Reporterin ihn schließlich doch entdeckt und er sich mehr oder weniger schmollend neben mir auf der Couch niederlässt.
"Mönsch, ich hätte bestimmt noch die vierzig geschafft...", grummelt er aber ich hab keine Zeit mehr zu Antworten, denn da wird uns auch schon die erste Frage gestellt. Natürlich geht es erst einmal um die typischen Themen: Wieso willst du gewinnen? Ist das Training anders als dus dir vorgestellt hast? Hast du Tanzerfahrung? Sowas eben. Als ob die sich nicht mal etwas kreativere Fragen einfallen lassen könnten. Kurz bevor die Wirkung meines morgendlichen Kaffees nachlässt und ich vor laufender Kamera in den Tiefschlaf falle, kommt dann doch noch eine zumindestens etwas interessantere Frage.
„Ihr scheint ja im Training immer sehr gut miteinander klar zu kommen", fängt die Reporterin an und ich ahne schon, worauf das wieder hinauslaufen soll. Okay, ich nehme alles zurück. Sie kann Luca gerne weiter über seine Tanzerfahrung ausfragen. Wenn ich nämlich auf ein Thema keine Lust habe, dann auf dieses ewige "Sind sie oder sind sie nicht"-Getue.
„Klar, wir verstehen uns eigentlich immer gut", entgegne ich betont locker. „Das klingt ja so als wärst du die perfekte Trainerin Christina, oder was sagst du Luca?"
Einen Moment lang scheint er über die richtige Antwort nachzudenken.
„Naja, es gibt schon Tage an denen wir uns in die Haare kriegen", merkt er dann an. Interessiert beugt die Reporterin sich auf ihrem Stuhl nach vorne.
„Liegt das dann eher an dir oder an Christina?"
Jetzt breitet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus und er wirft mir einen schnellen Seitenblick zu.
„Christina ist ja eigentlich eine ganz Liebe und ruhig normalerweise aber ich hab schon gemerkt, dass sie auch ganz schön streng sein kann. Das Training ist eben auch echt hart. Oft klappt mal was nicht, dann hab ich auch noch Hunger und das macht Christina natürlich auch sauer und dann schreit sie mich auch schon mal an."
Gespielt empört stemme ich die Hände in die Hüften.
„Ach, so sieht das also aus. Jetzt bin ich wieder die böse, strenge Lehrerin, die dich den ganzen Tag schindet."
„Stimmt ja auch! Was du machst grenzt teilweise echt an Körperverletzung!", jammert er gespielt verletzt und wirft der Moderatorin einen leidenden Blick zu, was diese zum Lachen bringt.
„Na es heißt ja nicht umsonst was sich liebt das neckt sich, nicht wahr?", kommentiert sie prompt und ich hätte mich beinahe an meiner eigenen Spucke verschluckt. Himmel, ist das dreist.
Im Augenwinkel sehe ich, wie Luca mir hilfesuchend einen Blick zuwirft. Dafür, dass er viel öfter im Rampenlicht steht als ich, ist er ganz schön schlecht in sowas.
"So weit würde ich jetzt nicht gehen", erbarme ich mich schließlich und schenke der Reporterin ein aufgesetztes Lachen. "Man darf nicht unterschätzen was das für ein Druck ist, vor allem für Luca. Viele stellen sich das vielleicht anders vor, aber es ist wirklich hart einen Tanz in nur fünf Tagen zu lernen. Dass es da mal kracht ist doch logisch. Da muss man nicht gleich irgendwas reininterpretieren."
Ich schwöre euch, wären das nicht ziemlich blöd rübergekommen, wäre die Reporterin mir wohl ins Gesicht gesprungen. Dass sie sich eine andere Antwort erhofft hat, sieht man auch an ihrem eisigen Lächeln, das mehr einer von Lucas Grimassen gleicht als einer freundlichen Geste.
Luca, dem der Gesichtsausdruck der Lady natürlich nicht entgangen ist, gluckst leise neben mir und muss sich sichtlich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen.
Wie gesagt, heute kann nicht einmal eine nervige Reporterin unsere gute Laune trüben.
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Magnetic Hearts
Fanfiction"You can't force chemistry to exist where it doesn't. In the same way, you can't deny when it does." Als Christina den Job als Profitänzerin in der Tanzshow "Lets Dance" annimmt, erwartet sie nicht viel von diesem Jahr, vor allem weil sie bisher ehe...