Sometimes we create our own heartbreaks
through expectations...
-unknownChristina
Vor ein paar Jahren hatte irgendjemand die Tradition ins Leben gerufen, den letzten Abend vor der Osterpause zusammen zu verbringen. Wegen der momentanen Corona-Situation ist das dieses Jahr zwar ein bisschen schwierig, aber dank Erichs fabelhaften Organisationskünsten konnten wir unsere Osterparty ans Rheinufer verlegen.
Wir staunen nicht schlecht, als wir durch ein paar Bäume hindurch treten und sehen, was Erich und die anderen auf die Beine gestellt haben. Die Jungs haben eine kleine Grillschale organisiert, in der ein Feuer brennt, in den Bäumen hängen Lichterketten und auf dem Boden sind in gebührendem Abstand Decken und Kissen verteilt worden, auf denen wir uns pärchenweise verteilen.
"Ihr habt ja ganz schön aufgefahren", staune ich und Erich zuckt grinsend die Schultern.
"Außergewöhnliche Situationen fordern außergewöhnliche Maßnahmen." Er hebt einen Korb mit Getränken und Snacks aus dem Wagen und stellt ihn in der Mitte ab. "Außerdem haben Christian und Andrzej mir geholfen."
Luca, der immer noch meine Hand hält, zieht mich zu einer der Decken und wir lassen uns so nahe wie möglich am Feuer nieder. Obwohl es tagsüber schon ziemlich warm ist, sind die Nächte doch noch wirklich frisch und das Feuer ist angenehm warm auf meiner Haut. Langsam haben auch die anderen ihre Plätze gefunden und schnell entstehen die ersten Gespräche. Nach einer Weile lehne ich an Lucas Schulter, sein Arm locker hinter meinem Rücken und lausche den Gesprächen der anderen.
„Wie wärs mit einer Runde Wahrheit oder Pflicht?", schlägt Kathrin plötzlich mit funkelnden Augen vor. Tijan neben ihr verzieht das Gesicht. „Wahrheit oder Pflicht? Wie alt bist du, fünf?" Kathrin zieht eine beleidigte Schnute. „Sei nicht so ein Spielverderber, Tijan." Erwartungsvoll schaut sie in die Runde. „Ach jetzt kommt schon, das ist lustig!" Schließlich erbarme ich mich und zucke die Schultern. „Meinetwegen, ich bin dabei." „Yes, I know I can count on you Chrissi", jubelt Kathrin und hebt mir die Hand zum High Five hin. Lachend beuge ich mich zu ihrer Decke hinüber, um einzuschlagen. Fragend stupse ich Luca mit der Schulter an. „Was ist mit dir? Machst du mit?" Luca zögert zwar einen Moment, aber als ich flehend meine Unterlippe vorschiebe und ihn aus großen Hundeaugen ansehe, lässt er sich doch erweichen. Stolz auf meine Überredungskünste grinse ich ihn an. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mal wieso ich unbedingt wollte, dass er mitspielt. Naja, je mehr Leute desto besser, oder nicht? Lili und Loiza klinken sich aus, aber die Jungs schließen sich uns an. Selbst Tijan macht mit, allerdings erst als Kathrin ihm Schläge androht, was ihn dann letztendlich doch überzeugt. Die ersten Runden verlaufen relativ unspektakulär. Mach einen Handstand. Wer war dein erster Kuss? Zeig das peinlichste Bild auf deinem Handy. Sowas eben. Bis ich an der Reihe bin.
„Okay, Bambi, du bist dran", verkündet Andrzej und grinst mich an. Seine Augen funkeln schelmisch und mich überkommt die böse Vorahnung, dass das vielleicht doch keine so gute Idee gewesen sein könnte. „Wahrheit oder Pflicht?", fragt Loiza, die zwischenzeitlich die Rolle der Moderatorin übernommen hat. Kurz wäge ich ab, was wohl die sichere Wahl ist und entscheide mich schließlich für Wahrheit. „Oh, ich hab eine gute Frage!", meldet Kathrin sich übermütig zu Wort und streckt aufgeregt die Hand in die Luft. Andrzej bedeutet ihr mit einer Handbewegung, dass sie das Wort hat. Grinsend dreht sie sich zu mir. „Wenn du einen männlichen Promi hier küssen könntest wer wäre es?" Fassungslos starre ich sie an. Verräterin. So viel zum Thema Freundinnen fallen sich nicht in den Rücken. Mittlerweile hat sich unsere Runde schon ziemlich ausgedünnt und mir bleibt eigentlich kaum noch eine Auswahl. „Das ist doch unfair", empöre ich mich mit heißen Wangen. „Das sind ja nur zwei!" „Frage ist Frage, Bambi. Also? Wen würdest du küssen?" Verdammter Mist. Wie auch immer ich die Frage beantworte, ich würde definitiv ein Problem kriegen. Gerade als ich nochmal zum Protest ansetzen will, kommt Tijan mir zuvor.
„Also es ist jetzt nicht so als würde ich dich besonders gut kennen Christina, aber wenn ich für dich antworten müsste würde ich jetzt mal behaupten: Ich bin es nicht." Spätestens jetzt würde ich am liebsten im Boden versinken. Ich traue mich gar nicht zu Luca zu schauen. „Ooooh Bambi, du wirst ja ganz rot!", lacht Massimo und ich werfe ihm einen tödlichen Blick zu. „Na und? Ist doch nichts dabei einem Freund einen Kuss zu geben!" Verzweifelt gestikuliere ich in Richtung Andrzej. „Andrzej hat mich auch schon geküsst!" Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr, wie Lucas Kopf herumschießt und er mich ungläubig anstarrt. „Ich war betrunken!", rechtfertigt Andrzej sich. „Na und? Willst du damit sagen, du hättest mich nicht geküsst, wenn du nüchtern gewesen wärst?"
„Igitt, niemals! Versteh das nicht falsch Bambi, aber du bist wie ne Schwester für mich und das wäre einfach nur ekelhaft." Bei dem Gedanken schüttelt er sich und ich muss zugeben, dass er Recht hat. Zumindest hat sich das Thema damit erledigt und ich bekomme ein wenig Zeit mich zu erholen. Besonders lange hält das allerdings nicht an, denn in der nächsten Runde muss ich gezwungenermaßen Pflicht wählen und Andrzej wäre nicht Andrzej, wenn er mich so einfach davonkommen lassen würde.„Ich fordere dich heraus, Luca zu küssen."
Bumm. Der hat gesessen. Vehement schüttle ich den Kopf.
„Kommt gar nicht in Frage!"
„Wieso denn nicht? Ich dachte es wäre nichts dabei, einen guten Freund zu küssen? Ist doch nur ein kleiner Kuss, nichts weiter", funkelt er mich herausfordernd an und ich hätte ihm am liebsten eine geknallt. „Luca will das doch bestimmt gar nicht und außerdem ist das merkwürdig, wir tanzen ja zusammen und alles!", blubbert es viel zu schnell und viel zu aufgeregt aus mir hervor. Ich rede mich um Kopf und Kragen, was die ganze Runde natürlich herzlich amüsiert, während ich verzweifelt versuche ihnen zu erklären, wieso ich Luca auf keinen Fall küssen kann.
„Und außerdem ist das superpeinlich hier vor allen und..."
Weiter komme ich gar nicht, denn auf einmal legen sich zwei Hände um meine Wangen und schon spüre ich ein Paar weiche Lippen auf meinen. Erschrocken schnappe ich nach Luft. Aber bevor ich irgendwie reagieren kann, ist der Moment auch schon wieder vorbei. Mit aufgerissenen Augen starre ich Luca an, der tatsächlich ein kleines bisschen rot wird, während die anderen im Hintergrund grölen.
„Ist doch nichts dabei", murmelt Luca. „Nur ein Kuss unter Freunden, richtig?" Seine Worte treffen mich wie ein Faustschlag in die Magengrube. Plötzlich ist mir speiübel.
„Richtig. Nur ein Kuss unter Freunden."5 Minuten und 23 Sekunden. Genau so lange schaffe ich es noch, ruhig neben Luca sitzen zu bleiben. Dann halte ich es nicht mehr aus und springe so hastig auf, dass ich beinahe rückwärts wieder umgekippt wäre. Sofort liegen alle Augen auf mir.
"Tut mir leid, ich muss los. Ich...ich muss morgen aufstehen", bringe ich stolpernd hervor. "Also...wie auch immer. Gute Nacht." Ich lächle gezwungen in die Runde, wobei ich es vermeide Luca anzusehen, dann drehe ich mich um und laufe los. Alles was ich im Moment will ist von ihm wegzukommen.Freunde.
Heiße Tränen steigen mir in die Augen. Wie konnte ich nur so dumm sein zu glauben, dass da mehr sein könnte? Blind stolpere ich den Weg entlang und hoffe inständig, dass er mich zum Studio zurückführt, wo ich mein Auto stehen hab lassen. Ich will einfach nur noch nach Hause und mich in mein Bett verkriechen. Eine Stimme hinter mir lässt mich diesen Gedanken allerdings kurzzeitig wieder vergessen. "Christina! Warte!", hallt unverkennbar Lucas Stimme durch die Bäume. Zitternd bleibe ich stehen und wische mir hastig diekalte, nasse Haut unter meinen Wimpern trocken, bevor ich mich umdrehe. Als ich Luca durch die Dunkelheit auf mich zueilen sehe, sprüht ein kleiner Funken Hoffnung in mir auf. Was würde er sagen? Würde er sich entschuldigen? Oder würde über den Kuss reden und den Fakt, dass wir vielleicht doch mehr sind als Tanzpartner? Etwas aus der Puste von seinem Sprint kommt er vor mir zum Stehen und ich sehe ihn aus großen Augen an. „Du hast deine Tasche vergessen."
Bumm und hinüber ist jeglicher Funken an Hoffnung, der sich in meinem Herz breitgemacht hat. „Oh...ähm, danke." Mit einem halbherzigen Lächeln nehme ich ihm meine Tasche ab. "Dann ähm...sehen wir uns nach Ostern, schätze ich?" Ich nicke nur, zu mehr bin ich nicht im Stande.
"Bis dann", bringe ich erstickt hervor, dann drehe ich mich um und beginne zu rennen, ohne noch einen einzigen Blick zurück zu werfen.Ich bin verletzt. Und wütend. Wütend darüber, dass ich diesem bescheuerten Wahrheit oder Pflicht Spiel zugestimmt habe. Wütend darüber, dass ich mich dazu hinreißen hab lassen, mir auszumalen wie es wäre wenn Luca wirklich zu mir gehören würde. Aber am meisten bin ich wütend auf Luca. Ich hasse ihn dafür, dass er mit einem einzigen Kuss, einer einzigen Berührung, all meinen Widerstand zunichte gemacht und mir noch im gleichen Moment das Herz gebrochen hat.
Und das, obwohl er bemerkt haben muss, dass ich schon längst in ihn verliebt bin.
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Magnetic Hearts
Fanfiction"You can't force chemistry to exist where it doesn't. In the same way, you can't deny when it does." Als Christina den Job als Profitänzerin in der Tanzshow "Lets Dance" annimmt, erwartet sie nicht viel von diesem Jahr, vor allem weil sie bisher ehe...