Chapter 12

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I'm scared as hell to want you. 
But here I am, wanting you anyway. 
- unknown

Christina

Schon viel entspannter trete ich eine halbe Stunde später aus dem Badezimmer und treffe im Flur auf Luca, der mit einem Kopf voran an der Haustüre lehnt. Stirnrunzelnd bleibe ich im Türrahmen stehen. 
"Alles okay bei dir?", frage ich vorsichtig. Luca gibt nur einen undefinierbaren Laut von sich. 
"Hallo? Erde an Herr Hänni? Würdest du mir mal erklären, wieso du wie ein nasser Sack da vorne an der Tür lehnst?", versuche ich es nochmal in meiner besten Trainerstimme. Scheinbar weckt ihn das aus seiner Schockstarre, denn er wirbelt herum und jetzt sehe ich erst, wie verzweifelt er wirklich aussieht. 
"Luca?" 
In ein paar Schritten bin ich bei ihm und lege ihm besorgt eine Hand auf den Arm. 
"Was ist denn los?" 
"Moritz ist los", murmelt er tonlos und ich runzle die Stirn. 
"Er wollte seine Jacke holen. Er hat die Dusche gehört." 
Mein Hirn braucht einen Moment um zu realisieren was Luca da gerade gesagt hat, aber dann dämmert es mir langsam. 
"Und er hat meine Stimme gehört, schätze ich mal." 
Luca nickt langsam. Okay, das ist jetzt vielleicht nicht optimal aber doch noch lange kein Grund um den Kopf in den Sand zu stecken. Oder ihn Lucas Fall an die Tür zu lehnen.
"Ach komm, das ist doch kein Weltuntergang. Dann hab ich eben bei dir geduscht. Ich geh morgen einfach zu ihm und erklär ihm die Situation." 
Vehement schüttelt Luca den Kopf. 
"Du verstehst das nicht. Moritz' Freundin Lena kennt Michéle aus irgendeiner Lehrerfortbildung. Die beiden sind total eng miteinander. Wenn die Wind von der Sache bekommt..." 
Bei der Erwähnung seiner Freundin ist sofort das schlechte Gewissen wieder da. Obwohl ich Michéle nicht unbedingt sympathisch finde, will ich Luca auf keinen Fall in Schwierigkeiten bringen. 
"Hör mal, wir finden bestimmt eine Lösung. Vielleicht redest du einfach mal mit ihr?", schlage ich vor. Luca nickt mehrmals, wobei er mich ein wenig an einen Roboter erinnert.
"Ja...ja, ich muss Michéle anrufen." 
Ohne mich weiter zu beachten marschiert er den ins Wohnzimmer und lässt mich mitten im Flur einfach stehen. Na super. Ich überlege gerade, was ich jetzt am besten machen soll, als Luca mit seinem Handy in der Hand zurück in den Flur kommt. Verdattert schaue ich ihm zu wie er meine Tasche und die Schuhe vom Boden aufhebt. 
"Du musst gehen." 
Moment mal...was? Es dauert eine Sekunde bis ich reagieren kann, aber als Luca mir meine Sachen in die Hand drückt und regelrecht die Haustür aufreißt, um mich nach draußen zu schieben, setzt mein Hirn langsam wieder ein. 
"Was...?", setze ich an, komme aber nicht weit. Mit einem Krachen fällt die Tür direkt vor meiner Nase ins Schloss. 
Was. zum. Teufel. 
Er kann mich doch nicht einfach so vor Tür setzen! Ich weiß nicht wie lange ich da stehe, barfuß und mit nassen Haaren im dunklen Treppenhaus aber irgendwann finde ich mich damit ab, dass er die Tür wohl so schnell nicht mehr aufmachen wird. Ich mache mir nicht einmal die Mühe, meine Schuhe anzuziehen. Stattdessen stampfe ich mittlerweile stinksauer barfuß zu meinem Auto, pfeffere meine Sachen auf die Rückbank und lasse mich auf den Sitz fallen.
Ich weiß nicht was ich mir von diesem Abend erwartet hatte. Dass Luca mir aus heiterem Himmel vorschlägt bei ihm zu duschen stand ja heute morgen auch nicht auf meinem Tagesplan. Aber das? Damit hab ich wirklich nicht gerechnet. Bei dem Gedanken an den Rausschmiss gerade eben entweicht mir ein erstickter Laut und ich muss entsetzt feststellen, dass ich weine. Dicke Tränen rollen über meine Wangen und mischen sich mit den Wassertropfen auf meinem Shirt.
Zehn Minuten gebe ich mir, in denen ich mich völlig meinem Selbstmitleid hingebe bevor ich mich wieder zusammenreiße.
Trotzig wische ich mir mit dem Handrücken über die Augen, ohne mich darum zu scheren, dass ich jetzt vermutlich aussehe wie ein Panda. Dann starte ich den Motor, stelle das Radio auf höchste Lautstärke und lenke meinen Mini Cooper aus der Parklücke.

Gerade als ich den Wagen in meiner Straße abstellen will, lässt mich der dröhnende Klingelton meines Handys so dermaßen zusammenzucken, dass mein geliebtes Auto beinahe den parkenden BMW neben mir geknutscht hätte. Mit einer Vollbremsung bringe ich den Mini mitten auf der Straße zum stehen und greife mit klopfendem Herzen nach meinem Handy. Ich weiß nicht was ich erwartet hatte aber als mein Bildschirm in großen, flimmernden Buchstaben "Kathrin" anzeigt, spüre ich wie mein Herz enttäuscht aufhört zu hüpfen. Eigentlich habe ich im Moment überhaupt keine Lust mit irgendjemandem zu reden, zumal es schon fast neun Uhr Abends ist, aber Kathrin ist nicht der Typ Mensch der sich so leicht ignorieren lässt. Weder im echten Leben noch wenn es darum geht telefonisch erreichbar zu sein. Also räuspere ich mich nochmal kurz und nehme den Anruf an, in der Hoffnung nicht ganz so verheult zu klingen wie ich wahrscheinlich aussehe.
"Hey Kathrin, was gibts?"
Kurz ist es still in der Leitung.
"Chrissi, hast du etwa geweint?"
So viel zum Thema. Manchmal denke ich Kathrin würde eine tausendmal bessere Psychologin abgeben als ich, so schnell wie sie andere durchschaut.
"Nein?", versuche ich mich rauszureden, was aber eher wie eine Frage als wie eine Feststellung klingt.
"Süße, wenn du schon versuchst mich anzulügen, dann streng dich ein bisschen an", zieht meine beste Freundin mich auf. Trotz ihres neckischen Untertons höre ich die Besorgnis in ihrer Stimme.
"Was ist los?", fragt sie sanft. "Hat dir irgendjemand was getan? Muss ich jemandem in den Arsch treten?"
Obwohl mir gerade wirklich nicht zu lachen zumute ist, heben sich meine Mundwinkel ein Stück. Auf Kathrin ist einfach immer Verlass. Achso, nur als kleine Randbemerkung: Wenn Kathrin sagt sie tritt jemandem in den Arsch, dann tut sie das auch. Und das weiß ich aus Erfahrung. Und einer meiner Exfreunde auch.
Einen Moment überlege ich, ob ich ihr von Luca erzählen soll aber wie schon gesagt, Kathrin ist nicht besonders gut im Geheimnisse behalten. Außerdem ist das Risiko relativ hoch, dass sie Luca auch ohne meine Bitte einen Besuch abstattet und dass der von meinem kleinen Zusammenbruch Wind kriegt fehlt mir gerade noch.
"Nein, schon gut. Keine Arschtritte notwendig."
"Okay...wenn du das sagst."
Zwar klingt sie nicht wirklich überzeugt, lässt das Thema aber zum Glück fallen.
"Weshalb ich eigentlich anrufe: Irgendwer von der Produktion hat wohl durchsickern lassen, dass die Sicherheitsmaßnahmen bis nächste Woche nochmal drastisch verschärft werden. Also hatten die Jungs den Einfall, dass wir am Donnerstag nach den Studioproben noch alle zusammen ein bisschen feiern könnten. Solange wir noch die Erlaubnis haben uns zu treffen."
"Klingt doch gut", finde ich.
"Perfekt. Also seit ihr dabei?"
"Ihr?"
"Na Luca und du natürlich. Ihr seid doch ein Team."
"Achso, ja klar..."
So ganz sicher bin ich mir da im Moment allerdings nicht mehr.

Magnetic HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt