Ich spazierte den Waldweg entlang, ohne zu wissen, wo ich hinlaufen wollte. Es war ein schöner Laubwald und die Sonne schien vereinzelt durch die sommergrünen Baumkronen. Ich stoppte, als ich ein leises Pfeifen vernahm und ging schließlich weiter, um herauszufinden, woher das Geräusch kam. Vor mir erschien ein kleiner Fels, an dem ich leichte Blutspuren erkennen konnte. Panik machte sich in mir breit. Für einen kurzen Moment verschwamm die Umgebung und ich schloss automatisch meine Augen. Ich spürte den Wind und plötzliche, eisige Kälte um mich herum, weshalb ich meine Augen wieder öffnete. Auf dem Weg, welcher nun viel düsterer schien, erkannte ich weitere Blutflecken. Deshalb ging ich der Spur hinterher. Die Spur führte mich zu einem leichten Abgrund. Unterhalb konnte man einen tosenden Fluss ausmachen. Wer hier abrutschte, würde kläglich mit dem Wasser mitgerissen werden und ertrinken.
Es waren geschätzt vielleicht fünf Meter.
Ich wich einen Schritt vom Abgrund zurück, um plötzlich festzustellen, dass die Blutspur hinter mir verschwunden war und sich nun ein Schatten vor mich warf.
Als ich aufsah, erkannte ich die Gestalt meiner Mutter, sie stand da, mit blutigen Händen und einer Verletzung an der Brust.„Mama?", fragte ich ängstlich.
„Ja meine Liebe. Ich bin es und mir geht es gut, wo ich jetzt bin.", sagte sie.
„Aber wo bist du, was ist passiert? Mama? Mama! Bitte lass mich hier nicht allein, bleib hier!", schrie ich ihr verzweifelt hinterher. Sie wollte wieder gehen, wollte mich allein lassen.
Warum war sie kein Geist und nur ich? Tausende Fragen machten sich in mir breit, als ich sie gehen sah.
„Bitte bleib!", rief ich ein letztes Mal erschöpft, sodass sich meine Mutter noch einmal zu mir drehte.
„Lass los Mina, halte an nichts mehr fest. Sei bereit endlich zu gehen und sei frei. Niemand wird dich jemals vergessen. Lass los!" Damit stieß sie sich vom Abgrund ab und verschwand im tosenden Fluss. Ich versuchte sie noch zu fassen, doch ich schaffte es nicht mehr.
„Mama!", schrie ich und fiel auf die Knie.
Tränen verließen mein Gesicht und langsam verschwamm die Umgebung.Die Tränen, die Angst, die Wut und die Verwirrung waren noch immer da, als ich erwachte.
Kurz sammelte ich mich, um nach diesem Traum einen klaren Gedanken fassen zu können. Mir war, als wollte mir meine Mutter im Traum damit etwas sagen. Mir etwas vermitteln, was ich noch nicht verstand. Dieser Traum war anders als alle anderen bisher. Jeden einzelnen Abschnitt des Traumes hatte ich noch vor Augen. Ich konnte mich an jedes Wort und jedes Gefühl lebhaft erinnern. Sie sagte ich musste loslassen.
An was hielt ich denn fest? Etwa an meiner Mutter?
Klar vermisste ich sie, aber das würde sich auch nie ändern. Also was meinte sie damit?Ich war verwirrt und saß noch eine Weile da, um meine Gedanken ordnen zu können. Dann stand ich auf und verließ das Haus von Alex. Wohin ich genau lief, wusste ich zuerst nicht, doch letztendlich kam ich beim Friedhof an und lief zum Grab meiner Mutter. Hier war ich zu selten gewesen- viel zu selten, doch vielleicht musste ich das auch nicht.
Vielleicht reichte es aus, wenn man die Person gut in Erinnerung behielt und täglich an sie dachte? Da ich von meinem Traum noch immer aufgewühlt war, fiel es mir noch immer schwer klare Gedanken zu fassen, deshalb verließ ich den Friedhof wieder. Nach kurzem Überlegen beschloss ich in die Stadt zu gehen. Seit meinem Tod, war ich hier nicht mehr gewesen. Ich kam an Geschäften vorbei, in denen ich seit gut zwei Jahren nicht mehr gewesen war. Alte Erinnerungen an damalige Stadtbummel mit meiner ehemals besten Freundin kamen mir in den Sinn. Ich musste lächeln. Sie war schon eine Person für sich, jedoch wusste ich ihre spezielle Art und Weise sehr zu schätzen. Wir gingen immer von Geschäft zu Geschäft. Sie hatte immer einen genauen Plan, immer. Erst in den Laden, dann in diesen und wenn etwas dazwischenkam, war sie direkt verwirrt. Eigentlich war ich immer das genaue Gegenteil von ihr- spontan und stets ohne jeglichen Plan.
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C'est la mort
Paranormal~ 𝒂𝒃𝒈𝒆𝒔𝒄𝒉𝒍𝒐𝒔𝒔𝒆𝒏 ~ [...Alles kam mir so unnatürlich vor. So seltsam. Wie in einem Traum. Doch es war keiner...]