Act 6 - Über die Grenze des Möglichen

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„Hat jemand Sir Nythins gesehen?" fragte Dalenilm in die Runde, als alle am frühen Morgen begannen ihr Lager abzuschlagen.

Die meisten zuckten nur mit den Schultern, tauschten kurze, fragende Blicke aus, aber niemand schien den Ritter gesehen zu haben.

„Vielleicht hat die Gerechtigkeit ihn ja gerufen." warf Ernhart lachend ein „Oder er musste pissen und ist über seine Ehre gestolpert."
„Oder er liegt tot im Felsgraben." antwortete Wandramirez völlig trocken und ernst, weswegen alle zu ihm sahen.

Zunächst verwundert ob es sich dabei um ein Scherz handelte, aber der ernste Ausdruck des Druiden verriet jedem, dass diese Aussage nicht nur daher gesagt war, sondern der Wahrheit entsprach.

Wandramirez führte alle an die Stelle des Unglücks. Die Reisegefährten versammelten sich und sahen einen kleinen, felsigen Abhang hinab und tatsächlich da unten lag er, zwischen ein paar Felsen. Reglos und verdreht in seiner Rüstung, die goldene Rüstung, die im aufgehenden Morgenlicht schimmerte.

„Scheiße...." murmelte Jaskier betroffen und hob die Hand vor den Mund.

„Tja, ist vermutlich die Felsen runtergestürzt gestern Abend, weils zu dunkel war. Ich sagte ja vermutlich musste er pissen. Tja sein Verstand und seine Ehre hat ihm offenbar wenig gebracht und ihn nicht vor dem Abgrund gewarnt." sagte Ernhart spöttisch und ohne jegliches Mitleid.

Er und seine beiden Jungs wandten sich gleichgültig ab und machten sich wieder daran ihre Sachen zu Ende zu packen.

„Seis drum." sagte auch Lord Zelcert ohne großes Beileid „Uns allen war klar, dass wir gewiss nicht alle lebend von dieser Sache zurückkehren."

Der Lord zog mit seinem Gefolge ebenfalls ab.

„Er war ein Trottel... aber ein so ehrloser Tod hatte er nicht verdient." sprach der Zwerg Frilbar mitfühlend.

Der Zaubere nickte nur, verneigte sich leicht, murmelte ein paar Worte und wandte sich dann ab. Der Druide seufzte nur und ging ebenfalls.

„Um ehrlich zu sein... ich bin nicht überrascht." gestand Geralt.

Frilbar zuckte mit den Achseln „Ich auch nicht und ich weiß auch genau wers war, das war kein Unfall und ich weiß wer noch alles auf der Liste steht."

Geralt nickte bestätigend, denn das hatte der Zwerg absolut richtig erkannt. Das war kein Unfall. Der edle Ritter ist nicht unglücklich die Felsen runtergefallen. Geralt sah genug Spuren die auf einen Kampf hindeuteten. Er sah viel mehr als andere, dank seiner Hexersinne und wenn er penibel Suchen würde, dann würde er noch mehr finden was den Tathergang genau rekonstruierte, aber das war nicht nötig. Der Hexer wusste auch so wer es war. Daran gabs keine Zweifel. Es gab ohnehin nur zwei Leute innerhalb der Gruppe, die etwas gegen Nythins gehabt hatten und die davon profitierten ihn auszuschalten. Es gab zwei Parteien, denen Geralt einen Mord zutraute.

Zum einen Lord Zelcert, der bekanntlicherweise großes Interesse an der Hand der Prinzessin hegt und der vor allem Sir Nythins den Sieg nicht gönnte, weil Nythins der abgesandte Ritter des Königs und Vaters der besagten Prinzessin war.

Und zum anderen Ernhart und seine Teufelskerle. Die dreien waren mit allen Wassern gewaschen und würden selbst zu den schmutzigsten Tricks greifen, um Konkurrenz auszuschalten. Auch wenn Lord Zelcert gewiss mit dem Gedanken gespielt hatte Nythins auszuschalten und vermutlich den größeren Grund hatte den Tod des Ritters zu wollen, war Geralt sich sicher, dass Nythins Tod auf die Kappe von Ernhart geht.

Ernhart war mehr als nur zornig gewesen, wegen dem Streit der zwischen Lyra, Jaskier und ihm vorgefallen war in ihrem Zelt und weil Lyra Ernhart am Lagerfeuer bloßgestellt hatte. Geralt war sicher, dass das Motiv schlichter Zorn gewesen war. Vermutlich war Nythins zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, als Ernhart wutentbrannt den Ritter erspäht hatte und zur Beschwichtigung seines Zorns ermordet hatte.

[THE WITCHER] A Dragons Tale: Die Suche nach dem DrachenschatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt