Ich kam nach Hause. Mein Körper ausgekühlt, blass und rau. Die Wärme schlug mir nicht entgegen. Sie umarmte mich nicht, küsste mich nicht, legte sich doch noch nicht mal wie eine raue, schwere Wolldecke um mich. Als ich nach Hause kam, war es kalt. Mein Körper ausgekühlt, blass und rau. Meine Hände schienen so alt in diesen Moment, ich sah nicht die mitternachtsblauen Adern auf ihnen. Und wenn, sie waren eisig, spindeldürr und angeschwollen. Lila. Nicht violett. Lila. Lilaviolett - Ich erkannte keine Ränder mehr, keine Adern, keine Farben.
Meine Hände waren alt.
Warum waren meine Hände so alt?
Ich stolperte nicht, nicht über die hässlichen Fliesen, denn meine Hände waren plötzlich so hässlich. Aber ich erkannte sie nicht. Mitternachtsblaue Adern, lilaviolett, rau. Keine Wärme. Ich dunkelte das Zimmer ab. Meine Fingerspitzen so fein, so sanft, so eiskalt, so zittrig, sie fuhren unter mein Top. Ein Hauch über meine Rippen, mein Mark, meine Wirbelsäule, meine Schutzlosigkeit. Es war weiß. Ich habe keine Beschreibung für Weiß. Weiß ist keine Farbe. Aber es war blütenweiß und ein wenig leichenweiß, aber es war nicht grau und auch nicht fahl, sondern strahlend und es trog. Ich zog es aus. Ich war nackt. Nackt. Ich hatte keine Augen für Mitternachtsblau und auch nicht für Lila, Lilaviolett, noch nicht mal für Weiß. Vielleicht weil Weiß keine Farbe ist. Oder weil Weiß einfach Weiß ist und es war und es ist mir fremd und ich kann es nicht benennen und es war nicht Mein und es war weiß. Weiß. Ich weiß nicht, wer Weiß ist.
Nackt. Ich stand dort. Abgedunkelt. Meine Silhouette so schmal, mein Körper. Ich kann es benennen; Mitternachtsblau, Lila, Lilaviolett. Blass und rau.
Trotzdem;
ich erkannte nichts davon.
Nackt.
Ich zog es wieder an, das Weiß, ich wusste nicht, wer das Weiß war. Aber ich zog es an. Ich setzte mir sogar heißes Wasser auf. Wann wusste ich, dass die Kälte da war? Wann kam sie? Wo war ich da? War ich da? Wann wusste ich, dass die Kälte da war?
War sie,
war die Kälte schon immer da?
Der Topf mit dem kochendem Wasser, Brandmale auf ihm, das Innere von Kalk bedeckt. Der Kalk war weiß. Er fiel ab und dann schwamm die dünne Scheibe - sie schien wie eine einsame Eisscholle - auf dem Wasser und man trank sie und neuer Kalk setzte sich ab. Der Kalk, er war weiß. Aber er war nicht das Weiß. Aber niemand war, wer er war. Ich starrte auf das Wasser und auf den Kalk. Meine Schultern waren noch immer nackt und meine Finger von Zittern ergriffen, ich wusste nicht, sie zu bewegen. Ich wusste nicht, wer wer war, wer dieses unbenennbare Weiß und noch nicht mal wer der Frost und die Stille in meinen mitternachtsblauen Adern war. War meine Haut lilaviolett geschlagen oder war das bloß das Kriechen der Kälte? Wo war die Kälte? Hat die Kälte mich geschlagen oder der Wer, in dem die Kälte war?
Warum trank ich den Kalk?
Warum kam ich nach Hause?
Warum war das hier zu Hause?
Ich konnte nicht weinen und das brauchte ich auch nicht, ich hatte das Gefühl, meine Adern würden weinen, Frost und Mitternachtsblau, besonders Stille. Meine Haut, sie weinte Lilaviolett, sie weinte Schläge, dabei schlug sie sich selbst.
Ich.
Ich stand dort, trank Kalk und Mitternachtsblau und Lilaviolett, Frost, Stille und Schläge.
Das Weiß blieb am Grund zurück. Es blieb für immer da, weil niemand war, wer er war.14/Mai/2020
aufgelöst und verwirrt
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Seelenseide
PoetryPOESIE Das ist die Seide meiner Seele, zart und warm, versuchend sich selbst zu heilen. ALL RIGHTS RESERVED! NO PUBLIC DOMAIN!