Ich denke, das Einzige, was wir im Leben tun können - wirklich gut tun können - ist das Warten. Wir Menschen sind sehnsüchtig, qualvoll und ein großer, blass pigmentierter Zusammenlauf aus Wehmut. Ich meine das gar nicht deprimiert oder bitter, sondern bin erleichtert.
Warten ist nichts schamhaftes. Es ist intim, aber nichts schamhaftes. Wenn man es leidenschaftlich sieht, fällt es einem leichter; Es ist ein bisschen wie verliebt Sein.
Wir warten unser ganzes Leben lang. Als Kinder haben wir groß gewünscht, aber klein gewartet und später, jetzt warten wir groß, wir warten lang, unmerkbar, verletzt und verlassen. Selbst wenn wir leben, warten wir. Das Warten ist immer da. Wir haben so lange gewartet, dass wir auch noch während dem Leben warten, es nicht mehr ablegen können, immer unruhiger sind, immer mehr dagegen brauchen, auf immer mehr warten und am Ende warten wir nur noch und wir wissen noch nicht mal mehr worauf wir warten, aber es ist nicht der Tod, kein Gott und auch nicht das Leben – wir warten einfach.
Wir warten einfach als ständen wir an einem Bahnhof und hätten uns auf etwas Großartiges und Schreckliches vorbereitet, als gäbe es noch etwas für uns, aber es kommt nie, dieser Zug, er kommt nie. Wir sehen andere leere Züge und sie fahren nur wieder zurück, dahin, wo wir hergekommen sind, aber wir möchten weiter und höher und tiefer, aber irgendwann gibt es einfach nichts mehr.
Wir sterben, haben uns selbst zerstört und vielleicht ist es das, worauf wir gewartet haben: Nicht der Tod, sondern das Ende. Wir werden nie wieder warten, auf kein Leben, keinen Tod, keinen Gott, kein Ende von Zeit und Raum. Noch nicht mal auf uns selbst.08/10/20
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Seelenseide
PoetryPOESIE Das ist die Seide meiner Seele, zart und warm, versuchend sich selbst zu heilen. ALL RIGHTS RESERVED! NO PUBLIC DOMAIN!