Wenn Loki jetzt auch noch anfinge, zu schnurren...

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So stand ich nun vor dem Haupteingang der Avengers-Basis, mit einem riesigen Wanderrucksack samt Zelt auf dem Rücken, und wartete auf Loki.
Die ‚Freiheit' hatten wir ziemlich ernst genommen und würden nun kurzerhand quer durch Nordamerika reisen, einfach loslaufen – ohne Ziel.
Alle Vorbereitungen waren getroffen, die übrigen Abschiede hatte ich eilig hinter mich gebracht und das einzige, was jetzt noch fehlte, war mein Begleiter.

Wie auf Kommando trat ebendieser jetzt aus dem Hauptquartier heraus, und – heilige Scheiße!
Ich hatte ihn nie zuvor in Hoodie und Jeans gesehen, aber verdammt noch mal, an diesen Anblick könnte ich mich gewöhnen.

„Siehst gut aus, Normalo", grinste ich ihn von der Seite an.
„Ich sehe immer gut aus", zog Loki seine Augenbrauen hoch, und ohne Proteste zuckte ich eine Schulter.
Zielstrebig lief ich voran, einfach mitten in den Wald hinein.

„Weißt du eigentlich, wie ähnlich du Seymour bist?", griff ich dann irgendwann auf, was mir schon länger durch den Kopf kreiste. „Und das nicht nur äußerlich."
„Ich bin erstaunlich stolz darauf, mit einer Katze verglichen zu werden."

Ich warf ihm einen Seitenblick zu: „Wie hast du ihn eigentlich damals im Quinjet zum Schnurren gebracht? Das hat er vorher nie getan."
„Er mochte mich einfach lieber als dich", grinste Loki, „Gleich und gleich gesellt sich gern."
Ich schmollte gespielt: „Und Gegensätze ziehen sich an."
„Dann habe ich ja alles richtig gemacht", zwinkerte der Gott mir zu – und stolperte prompt über eine Wurzel.
Ich lachte ihn aus: „Augen auf den Weg, oh allmächtiger Gott!"
„Das war Absicht. Ich wollte dich zum Lachen bringen."
„Ja, ja, das sagen sie alle. Und dann sind sie schwanger."
„Bitte WAS?!"
„Das sagt man so. Das war witzig, du musst jetzt lachen."
„Sicher nicht. Das ist mindestens so dämlich wie dieses ‚Unheil angerichtet'."
„Bitte? Ich glaube, ich habe mich verhört!"
„Uhh, ja... Das glaube ich auch. Ich würde doch nie etwas gegen die Leidenschaft meines liebsten Menschenmädchens sagen..."
„Steck' dir deinen Charme sonst wohin, Loki, ich bin jetzt beleidigt."

*

Nachdem wir eine Weile gelaufen waren, auf engen Trampelpfaden durch den Wald, erklärte Loki mir vielleicht etwas zu begeistert seinen Plan: „Also, ich habe mir das so gedacht... Wir suchen uns eine Route fernab von jeglicher Zivilisation, und schlagen uns vollkommen unabhängig durch."

Ja. Genau.
Eine freundliche Erinnerung, weshalb ich das Planen übernahm.
„Ich hätte mit dir nicht ‚Herr der Ringe' schauen dürfen."

„Warum nicht?", er grinste provozierend, „Fürchtest du dich, Menschenmädchen?"
Ich verdrehte die Augen. „Das tue ich tatsächlich, und zwar vor deinem Geruch, wenn du dich wochenlang nicht wäschst."
Der Gott zuckte die Schultern. „Thor ist mein Bruder, ich bin Einiges gewohnt."
„Aber ich doch nicht! Nimm doch Rücksicht auf meine arme Nase..."
Er lachte sein klares, ehrliches Lachen. „Natürlich würde ich niemals das Näschen der Prinzessin provozieren."

Zufrieden grinste ich ihn an.
„Also, wir halten uns an kleinere Siedlungen – nur in deren Nähe! – um Notwendigkeiten zu kaufen und unsere Kleidung waschen zu lassen. Baden können wir ja meinetwegen in kleinen Seen, davon gibt es in der Gegend hier ja genug. Das wird zwar eiskalt, aber was tut man nicht alles für die Zufriedenheit seines Lieblingsgottes?"

Loki warf einen kritischen Blick nach rechts, wo der Wald bereits lichter wurde, und zog mich dann bestimmt in die entgegengesetzte Richtung. Wir umgingen einen umgestürzten Baum, dann griff er das Gespräch wieder auf: „Kalt? Ich kann dich doch wärmen, Kleines."
„Vor allem du." Der einzige Punkt, in der Loki seinem Erzeuger nachkam: Als Frostriese war seine Statur hochgewachsen und seine Haut immer kühl. „Außerdem werden wir sicher nicht zusammen baden. Thanos überlebst du vielleicht, aber sicher nicht meinen Dad im Beschützer-Modus."
Lokis nächstes Grinsen fiel etwas dünner aus, und auch ich verfiel in Schweigen.

Wir waren noch nicht soweit, problemlos Witze über Thanos machen zu können.
Seien wir ehrlich, wir würden nie gänzlich darüber hinwegkommen. Selbst wenn wir alle zurückholten... Und genau das war der Punkt.
Die Steine waren zerstört.
Ich wusste nicht, wie wir die Gräueltat des Titans rückgängig machen konnten.
Und ich verabscheute Unwissen.

*

Als die Sonne dann langsam unterging, rief ich eine Karte der Umgebung auf und ließ mir von Oscar den Weg zum nächsten Dorf berechnen.
„Wenn wir uns beeilen, können wir da heute noch Besorgungen machen."
Loki legte zweifelnd seinen Kopf schief. „Muss das sein?"
Kritisch musterte ich ihn.

Auch Loki besaß keinen Bettelblick... Aber es reichte schon, wenn er mir auf normale Art und Weise in die Augen sah.
Verdammtes Grün.
„Muss es nicht..."

Ein leichtes Grinsen spielte um seine Lippen.
Er wusste genau, wann er gewonnen hatte.

***

Mitternacht.
Geisterstunde...
Ich lag mit Shorts und Shirt in meinem Schlafsack, die Augen wegen der Dunkelheit weit aufgerissen.
Sehen konnte ich dennoch nichts, und es waren sowieso die inneren Geister, die mir mehr Probleme bereiteten.

Loki, der über Jahrhunderte hinweg gelernt hatte, seine Gedanken zu kontrollieren, schlief bereits.
Krampfhaft konzentrierte ich auf seine gleichmäßigen Atemzüge...

Irgendwann musste ich ins Land der Träume geglitten sein.
Alpträume, was auch sonst.
Ich war doch kein Halbgott...

Mein Bewusstsein jedenfalls setzte wieder ein, als ich mit einem leisen Schrei hochschreckte.
Mein Herz hämmerte, mein Atem ging beschleunigt.
Und auch neben mir raschelte es, als Loki sich abrupt aufsetzte.
„Was ist passiert?!"

Ich konnte ihm nicht antworten, versuchte, die Bilder vor meinem inneren Auge zu verdrängen. Verdammt...
„Gracie, was ist los?"
Auch Loki klang zunehmend panischer, und endlich fand ich meine Stimme wieder: „Ni- ... ein Alptraum."
Die Dunkelheit lag samten über uns, aber ich hörte genau, wie Loki seine angehaltene Luft ruckartig ausstieß.
„Mach das nicht noch einmal."
Ich verengte meine Augen. „Ich habe es mir nicht ausgesucht."

Loki seufzte. „Fahre deine Krallen wieder ein, das war kein verbaler Angriff. Du hast mir nur einen ziemlichen Schrecken eingejagt, okay?"
Ich schnaubte und drehte mich auf die andere Seite.
Hilfreich war Loki nicht gerade.
Selbst schuld, wenn ich dann meine aus Schlafmangel resultierende schlechte Laune morgen an ihm ausließ.

***

Hiermit hat dann die letzte Phase von Teil 2 begonnen. Sie besteht aus ungefähr zehn Kapiteln, wir sind also im letzten Drittel der Story angekommen.
Nur so als grober Überblick...😉

Iron Kid ~ Grüne AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt