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Coração • The National Parks

MASON

Seit 90 Minuten starre ich jetzt schon auf die Uhr, die über der Tafel angebracht wurde. Ich hatte bereits nach fünf Minuten aufgegeben dem Stoff zu folgen, auch wenn ich genau weiß, wie wichtig es besonders jetzt ist aufmerksam zu sein. Es ist mein letztes Jahr an der High School und die Lehrer beginnen jetzt schon, drei Wochen nach den Sommerferien, Stress zu machen. Alle haben Angst, ihren Stoff nicht rechtzeitig vor den Abschlussprüfungen durchzubekommen und was mache ich? Ich sitze in diesem Klassenzimmer, indem es durch die Klimaanlage unnatürlich kalt ist für diese Jahreszeit, und starre den Minutenzeiger an, der sich kaum zu bewegen scheint.

Ich bin unkonzentriert, bei allem was ich tue. Ich weiß nicht woran es liegt und wie das ändern könnte. Selbst das Football Training, das mir sonst einen klaren Kopf bringt, hilft nicht. Ich bin immer hier, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl total rastlos zu sein. Meine Gedanken hören nur dann auf zu kreisen, wenn ich schlafe oder wenn ich bei – Nein. Stopp!

Ich habe mir verboten daran zu denken. Wenn ich einmal an sie denke oder an ihre Art zu lachen oder mich mit ihren schönen, wachsamen Augen zu betrachten, bin ich verloren. Es steht zu viel auf dem Spiel und dass kann ich nicht riskieren. Weder die Freundschaft zu ihr noch die zu Tom will ich verlieren, also verbiete ich mir darüber nachzudenken und versuche mir lieber über andere Dinge den Kopf zu zerbrechen. Beispielsweise über meine Zukunft.

Gruseliges Thema. Noch gruseliger als die Vorstellung von meiner Zukunft ist allerding die Tatsache, dass sie quasi schon auf vor der Tür steht und nur noch darauf wartet hereingelassen zu werden, damit ich mich auf sie vorbereiten kann. Blöd nur, dass ich absolut nicht weiß, auf was ich mich vorbereiten könnte oder was ich mir für die Zukunft vorstellen könnte.

Frustriert lasse ich den Kopf in den Nacken fallen und stelle erleichtert fest, dass bereits einige meiner Mitschüler ihre Sachen zusammengepackt haben. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es jeden Moment klingeln müsste. Endlich. Auch ich räume schnell meinen Stift zurück in mein Etui und stopfe es anschließend zusammen mit dem Blog in meinen Rucksack. Gerade als ich den Reisverschluss schließe ertönt der befreiende Gong, der den Start der Mittagspause ankündigt. Schnell verlasse ich den Raum und steuere meinen Spind an. Ich muss dringend ein paar von den Büchern loswerden, bevor ich was essen gehen kann.

In Gedanken versunken stehe ich an meinem Schrank und tausche meine Bücher, die nicht mehr brauche, gegen die, die heute noch wichtig sein werden. Ich ignoriere den Lärm um mich herum und zucke heftig zusammen, als mir plötzlich jemand auf die Schulter klopft. Erschrocken drehe ich mich um und sehe in Spencers belustigtes Gesicht. „Wow, du bist aber schreckhaft, Vactor." Ich zucke nur mit den Schultern. „So wie du dich hier anschleichst ist das ja wohl auch kein Wunder. Eine kleine Vorwarnung währe nett gewesen." Spence lacht und nickt. „Ich werde es mir merken. Kommst du mit essen?" Diesmal bin ich es der nickt. „Klar, Johns Geschichte lasse ich mir doch nicht entgehen." John ist seit Jahren hinter Amber her und war dabei gleichzeitig so verdammt schüchtern, dass es mich nicht wundert, dass er so lange gebraucht hat. Gemeinsam mit Spencer schlage ich den Weg in Richtung Mensa ein. Sobald wir den großen Raum betreten ist es so laut um uns herum, dass Spence und ich uns nur noch mit Blicken verständigen und ohne ein Wort zu sagen auf unseren Stammplatz zusteuern. Die andern sind schon da und zum Glück haben sie an uns gedacht und essen für uns mit besorgt. Spencer sieht genauso erleichter aus wie ich mich fühle.

Wenn ich mich jetzt noch einmal in die Menge stürzen müsste, um etwas zu essen zu bekommen, würde ich die Nerven vollständig verlieren. Ich lasse mich auf einen freien Stuhl fallen und lasse meinen Blick über die Runde gleiten. Spencer hat sich neben mich gesetzt. Mir gegenüber sitzt Luke und auf meiner anderen Seite John. Josephine lässt sich sobald sie sich ebenfalls durch die Mengen gekämpft hat auf den freien Stuhl zwischen Spence und Luke fallen. Ich komme nicht dazu sie zu mustern, denn gleichdarauf kommt auch Amber an unseren Tisch und sieht unschlüssig zwischen dem Platz neben John und seinem Schoss hin und her, bis John ihr die Entscheidung abnimmt und sie auf seinen Schoß zieht. Amber läuft augenblicklich rot an, aber ich kann das glückliche Lächeln genauso deutlich sehen wie die anderen an unserem Tisch. Na sieh mal einer an. Die beiden müssen gar nichts erklären und von uns macht auch keiner die Anstalten genauer nachzuhaken. John wird schon noch erzählen, wie es dazu gekommen ist. Anhand des stummen Blickwechsels zwischen Amber und Josie, den ich versuche unauffällig zu verfolgen, erkenne ich aber ganz genau, dass Josie bereits jetzt mehr weiß als ich.

Die ausgelassene Stimmung an unserem Tisch lässt mich vergessen, worüber ich in der Stunde zuvor noch nachgedacht hatte. Dafür bin ich unglaublich dankbar.

Meine Freunde bedeuten mir wirklich viel und ich würde alles für sie tun. So geht es jedem in unserer Gruppe. Wir sind eine zweite Familie und jeder ist für jeden da auch jetzt wo Tom nicht mehr ganz so regelmäßig da ist, hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Trotz der Entfernung wächst unser Kreis immer enger zusammen. Das macht mich gleichermaßen glücklich wie nachdenklich.

In einem Jahr wird sich alles ändern. Die meisten von uns sind dann nicht mehr an der High School, also werden wir uns nicht wie gewohnt jeden Tag sehen. Vielleicht nicht mal jedes Wochenende. Hastig versuche ich die negativen Gedanken abzuschütteln und versuche wieder ins Gespräch der anderen einzusteigen. Ich werde einfach das Beste aus der Zeit machen, die uns noch gemeinsam bleibt. Das nehme ich mir fest vor. Der Rest der Mittagspause vergeht schnell und schon mache ich mich mit den anderen Jungs auf den Weg zu den Umkleidekabinen, um zum Training zu gehen.

Ich drehe mich noch einmal kurz zu Josie um, die an ihrem Spind steht und ihre Bücher sortiert. Ich zeige mit dem Finder auf sie „Solltest du später nicht schon startbereit am Auto stehen fahre ich ohne dich. Nur dass du Bescheid weißt." Sie blickt auf, sieht mich an und grinst. „Keine Sorge, ich werde da sein und dich nicht eine Minute warten lassen."

Sie schließt ihren Rucksack, knallt die Spindtür zu und macht sich auf den Weg zu ihrem nächsten Kurs. Kurz bevor sie um die nächste Ecke biegt dreht sie sich nochmal um und winkt mir kurz zu. Dann wendet sie den Blick ab und verschwindet, bevor ich zurück winken kann.
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Heute mal was aus Masons Sicht. Lasst gerne einen Stern oder einen Kommentar da, wenn es euch gefallen hat.
(Hört euch auch gerne immer die Lieder an, die ich zu den Kapitel hinzufüge. Die passen nicht immer zum Inhalt, haben mich aber dafür beim Schreiben begleitet)

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