6. Helfer in der Not

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Ich saß alleine im Wohnzimmer, mein Fuß auf einem Stuhl gebettet, und ließ meinen Blick schweifen.
Eine rissige Tapete, die an manchen Stellen abgeblättert war. Dunkle Möbel deren Lack schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Eine kümmerliche Pflanze auf der Fensterbank. Vor dem Kamin stand ein mit grünem Samt bezogener Sessel, der aussah, als wäre er äußerst bequem. Überall lagen Akten und einzelne Papiere herum, sodass ich mir meinen Platz auf dem braunen Ledersofa förmlich hatte freischaufeln müssen.
Doch obwohl alles alt und unordentlich war, hatte der Raum eine gemütliche Atmosphäre. Es gefiel mir.

Aus Neugierde nahm ich mir die nächste Akte vom Wohnzimmertischchen und blätterte sie durch. Es war ein Bericht über den Fall um eine vermisste Frau. Was war er? Etwa Polizist?
Aus dem Flur hörte ich Geräusche und schnell klappte ich die Akte zu und legte sie zurück. Keine Sekunde später erschien Mr Moore in der Tür, in der Hand einen kleinen Arztkoffer.

„Gestatten Sie?" fragte er und deutete auf meinen schuhlosen Fuß.
Ich nickte und nahm das Handtuch mit den Eiswürfeln von meinem Knöchel.
Er kniete sich hin und betastete ihn vorsichtig.

„Können Sie ihn so bewegen?"
Er deutete mir an, meine Zehenspitzen anzuziehen.

Ich versuchte es, aber sofort fuhr ein stechender Schmerz durch meinen Knöchel und ich zog scharf die Luft ein.
Offensichtlich war das Antwort genug, denn er holte einen Verband aus dem Arztkoffer und fing an, ihn um meinen Knöchel zu wickeln.
Ich beobachtete ihn dabei und es schien, als täte er dies nicht zum ersten Mal.

Eine Haarsträhne war ihm in die Stirn gefallen und ich hatte plötzlich das komische Bedürfnis sie wegzustreichen. Beinahe hätte ich schon meine Hand ausgestreckt, doch zum Glück besann ich mich rechtzeitig.

„Er ist höchstwahrscheinlich nur leicht verstaucht", sagte Mr Moore und befestigte das Ende des Verbandes.
„Sollte in ein bis zwei Wochen wieder abgeheilt sein. Versuchen Sie einfach, ihren Fuß nicht zu stark zu belasten."

„Oh, okay."
Warum sahen seine Haare so unglaublich schön glänzend aus?

„Wollen Sie auch einen?"

„Was? Äh... Ja gerne." Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er sich an der kleinen Minibar etwas einschenkte, das aussah wie Whisky. Wie auch immer, ein Glas konnte nicht schaden.

Er reichte es mir und ließ sich in einen Sessel gegenüber vom Sofa fallen.

„Hätte nicht gedacht, dass ich heute noch einer fremden Person auf der Flucht Unterschlupf gewähren würde", sagte er und musterte mich. „Normalerweise habe ich Frauen unter anderen Umständen hier."

Ich starrte ihn an und suchte nach einer passenden Antwort darauf. Ich fand keine. Stattdessen kippte ich mir fast den gesamten Inhalt meines Glases hinunter, sodass meine Kehle brannte.

„Wie heißen Sie?"

„McKeene... Audrey"

„Leonard Moore"

„Sehr erfreut."

Sein einer Mundwinkel zuckte leicht und er zündete sich eine Zigarette an, die er aus seiner Jackentasche gefischt hatte.
Eine Weile saß ich still da und schaute zu, wie er den Rauch in den Raum blies und gelegentlich einen Schluck von seinem Getränk nahm.

"Sind sie Polizist oder so?", platzte ich heraus und wünschte mir sofort, ich hätte etwas anderes gesagt. Meine arme Großmutter würde sich vermutlich im Grab umdrehen wenn sie hörte, wie ich manchmal sprach.

Leonard schien meine saloppe Ausdrucksweise nicht weiter zu stören.
"Detektiv", verbesserte er mich.
"Polizisten haben so ein stressiges Leben. Ständig nur Verbrechern hinterherzulaufen..." Er rümpfte die Nase ein wenig.

Schwarz ist die Farbe der SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt