d r e i z e h n

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Die darauffolgenden Nächte schlief ich grauenvoll. Sobald ich meine Augen schloss sah ich sein Gesicht vor mir. Wie er überheblich grinste und dann laut lachte. Wie er immer wieder ,,Ich werde dich holen" flüsterte und ich dann schweißgebadet aufwachte und mich nicht mehr traute zu schlafen. Wenn ich dann doch noch einmal einschlief träumte ich von der Gerichtsverhandlung und Leuten die sich in Rico verwandelten. Beängstigend.

Am Sonntag nutzte ich die große DVD Sammlung von Thomas und schaute von morgens um sechs Uhr bis Abends um sieben Filme von Percy Jackson bis zu ES und Titanic alles um mich einfach auf andere Gedanken zu bringen. Zwischendurch stand ich nur zweimal auf um Mittag zu essen und mir eine Packung Chips zu holen. Jack gesellte sich bei Percy Jackson zu mir und Mary schaute sich zusammen mit mir den Anfang von Titanic an.

Der einzige Grund warum ich nicht noch länger Filme schaute war, dass Luke mitten in einer gruseligen Szene in ES hereinplatzte und den Fernseher ausschaltete mit der Begründung das sei zu gruselig. Also verzog ich mich zu meinem Leiden hoch in mein Zimmer und versuchte immer wieder meine Gedanken zu dem Buch zu bringen, dass ich las. Doch so sehr ich es auch versuchte, immer wieder dachte ich an ihn. Um etwa halb neun machte ich mir laut Musik an und versuchte jemanden zu malen. Doch ohne es zu wollen bekam jede Skizze die Gesichtszüge von ihm, seine Augen und seine Haare. Es war wie verhext.

Um zehn Uhr war ich so müde, dass ich versuchte zu schlafen, wälzte mich aber noch bis um zwölf Uhr im Bett hin und her bis ich doch einschlief. Doch wieder träumte ich nicht gut und wachte um halb drei wieder auf. Erst eine Stunde später konnte ich endlich ein paar Stunden schlafen ohne von etwas zu träumen.

Als ich am Montag aufwachte fühlte sich mein Körper trotz der paar Stunden Schlaf wie gerädert.

Ich ließ das Frühstück aus und lief knappe fünfundzwanzig Minuten zur Schule um mit niemanden reden zu müssen. Zudem hatte ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass mich die frische Luft ein wenig wacher machen würde.
Das Wetter machte mir jedoch einen Strich durch die Rechnung. Auf halbem Wege fing es an zu nieseln und wurde gegen Ende immer stärker. Es legte mich zweimal hin, weil der Asphalt rutschig war durch die Nässe war.

Schlecht gelaunt, pitschenass und hundeelendmüde kam ich dann doch an dem Ort an der sich Hölle nannte. Immerhin hatte ich Mathe bei Mr. Brown. Bei ihm war das Fach halbwegs erträglich und er machte auch hin und wieder kleine Späße. Vorm Klassenzimmer stellte ich mich neben Ben und Lou die beide aufgeregt tuschelten.
,,Hopy. Hast du schon die Geschichte von dem misslungensten Date aller Zeiten gehört?", begrüßte mich Benjamin breit grinsend. Lou schaute beleidigt zu den anderen Mädchen aus meiner Klasse und schien sich zu verteidigen zu wollen.
,,Woher konnte ich wissen, dass er so ein Arsch ist?"
,,Tja Süße. Das nächste Mal befasst du dich am besten auch ein bisschen mit seinem Charakter bevor du ihn datest. Wer hätte auch ahnen können, dass Louise-Lily Sigrúndóttir gekorbt werden kann?"
Die beiden kabbelten sich noch ein wenig während ich sie interessiert musterte. HALLO? Ich unschuldiges, neugieriges und besonders zarte Wesen würde jetzt gerne auch einmal erfahren wer Lou gekorbt hatte! Louise deutete meinen Blick und seufzte einmal laut.
,,Okay, okay, Benni erklärt dir, was passiert ist. Ich hau aber ab. Es reicht mir sie ihm heute schon einmal erzählt haben zu müssen." Sie verschwand aus meinem Sichtfeld und abwartent musterte ich nun Ben. Er sengte seine Stimme und erzählte mir die Geschichte.
,,Ich weiß nicht ob du's weißt, aber Lou's Eltern kommen beide aus Island. So also auf jeden Fall hatte sie dann ein Date mit nem Typen aus unserer Schule.
Sie sind halt Essen gegangen und alles war schön und gut, bis das Thema dann auf die Herkunft fiel. Der Typ hat dann halt voll über mich, dich und Ausländern gelästert und dann war Lou halt Lou. Sie hat ihm ins Gesicht gesagt dass sie aus Island kommt und er hat sie dann halt gekorbt und sie hat ihm noch die Meinung ins Gesicht geschrien. So, das war die Kurzfassung."

Naja, immerhin war ich nicht die einzige gewesen, deren Wochenende Scheiße gewesen war.

Der Tag meinte es aber noch schlimmer mit mir, denn als ich eigentlich in die Cafeteria mir etwas zum Mittagessen holen gehen wollte kam mir Liam aus dem Baseballteam entgegen und erklärte mir das Choach Kennedy eine Sitzung forderte in der jeder aus dem Team anwesend sein müsste. Na super. 

Also quetschte ich mich in meiner Mittagspause, in der ich eigentlich was Essen wollte, weil ich seit fucking achtzehn Stunden nichts mehr gegessen hatte in einem stickigem Raum zwischen Liam und Cole aus meinem Team und hörte Kennedy zu.

,,Wir haben in drei Wochen ein wichtiges Spiel gegen die Black Panders"

Bei dem Namen der anderen Mannschaft konnte sich niemand mehr halten. Ein paar prusteten laut los, andere kicherten leise. Sogar über mein Gesicht huschte ein belustigtes Lächeln. Dieser Name hörte sich nicht nach Ernst zunehmenden Gegnern an. Kennedy runzelte nur verärgert seine Stimme und versuchte uns alle mit seinem Ich-zwinge-euch-extra-Liegestützen-zu-machen-wenn-ihr-nicht-aufhört Blick zu bezwingen. Schnell versuchte ich mein Grinsen zu unterdrücken und sah das alle aufgehört hatten außer Liam. Schnell stieß ich meinen Ellbogen zwischen seine Rippen und deutete mit einem nicken zu Kennedy, der ihn schon die ganze Zeit taxierte. Er schluckte kaum merklich und hörte schlagartig mit dem Lachen auf. 

,,Noch mal gut gegangen Liam."

Als er dann anfing über irgendwelche Spieltaktiken zu reden, verabschiedete ich mich innerlich schon von meinem Mittagessen. Und ich sollte Recht haben. Erst als es klingelte schickte Kennedy uns los und ich machte mich seufzend auf den Weg zu Kunst.

Als ich den Raum betrat und mich einfach nur schlecht gelaunt neben Lou fallen lies drücke sie mir wortlos ein Sandwich in die Hand. Oh mein Gott, ja! Etwas essbares, für mich!

Ich schlang es so schnell hinunter, dass sogar Ben vor blass vor neid geworden wäre hätte er mich gesehen, der sein Mittagessen meistens in nur ein paar Minuten  aß.

Entspannt und halbwegs satt lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und hörte Mrs. Skipper zu wie sie über Farbnuancen labberte. Vielleicht konnte dieser Tag ja noch irgendwie erträglich werden...

What if...? ‣pausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt