9 | Tee und Kuchen

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Harry konnte nicht in Worte fassen, wie sehr er sich in dem Moment schämte. Er wollte einen guten Eindruck bei Louis hinterlassen, sodass der neue Nachbar etwas mehr Zeit mit ihm verbringen würde und dann kam er vollkommen unvorbereitet aus dem Badezimmer heraus. Seine Haare sahen noch schlimmer aus als vorher und fast schon bereute es Harry, sich überhaupt die Mühe gemacht zu haben noch schnell duschen zu gehen und etwas anderes anzuziehen. Es wäre alles besser gewesen als so vor seinem Gast zu stehen.

Louis' Lachen war trotzdem irgendwie tröstend, da es nicht spöttisch, sondern ehrlich klang und es ließ ein nervöses Lächeln auf Harrys Lippen auftauchen. Vielleicht hatte er doch noch nicht alles zerstört.

Niall klopfte Harry auf die Schulter und winkte Louis. "Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder, Louis. Viel Spaß euch beiden." Louis verabschiedete sich winkend und mit einem höflichen Lächeln. Bevor der Blondhaarige den Raum verließ, zwinkerte er Harry zu und schon bald hörte der Lockenkopf die Wohnungstür zuknallen. Wie befürchtet, fühlte er sich etwas verloren ohne Niall, der ihm doch eigentlich genug Ideen gegeben hatte, wie er das angehen sollte.

Harry entschied sich dazu, sich zuerst zu entschuldigen, dass er selbst so unvorbereitet war, obwohl sie eine Zeit abgemacht hatten, die er eigentlich hätte einhalten sollen. "Tut mir leid. Ich habe total die Zeit aus den Augen verloren", entschuldigte sich der Größere und schob die nassen Haare, die ihm zunehmend ins Gesicht fielen, nach hinten. Harrys Wangen wurden schlagartig warm und aus Louis' Sicht sah er wahrscheinlich aus wie eine Tomate. Mit zitternden Fingern stellte Harry fest, dass seine Hose nun wirklich vollkommen geschlossen war. Zur Sicherheit schloss er auch noch zwei der Knöpfe seines Hemdes und zeigte dann auf den Couchtisch. "Bedien dich ruhig an dem Kuchen."

Louis sah zuerst den Kuchen an, dann wieder Harry. "Interessante Tattoos hast du da", merkte er an und deutete auf den Schmetterling, den man noch ein wenig unter dem Hemd erkennen konnte. Harry nickte und schloss die Badtür. Etwas zögerlich setzte er sich auf seine eigene Couch und klopfte auf den Platz neben sich, den Louis dann auch einnahm. "Wahrscheinlich war das mein erstes großes Tattoo", erklärte der Lockenkopf und zeigte dann auf die beiden Spatzen an seinen Schlüsselbeinen. "Die beiden waren aber mindestens genauso schmerzhaft." Etwas unbeholfen versuchte er die Stimmung damit zu heben. Harrys ganzer Körper und Verstand war mit der Situation überfordert, da er nicht einschätzen konnte, wie unwohl sich Louis möglicherweise fühlen konnte.

Harry erinnerte sich an diesen einen Abend, an dem seine Mutter ihre Kollegen zum Abendessen eingeladen hatte und Harry gerade erst aus Afghanistan zurückgekehrt war. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie er vernünftig mit ihnen reden sollte und es hat bis zum Dessert gedauert, bis sich der Lockenkopf endlich an die Situation gewöhnt hatte. Dann hatte er es sogar geschafft, alle Gäster zu unterhalten. Für die letzte Stunde, in der sie da gewesen waren.

"Möchtest du Tee oder Kaffee?", fragte Harry endlich nach und schnitt ein Stück Kuchen für Louis ab, dann eins für sich selbst. "Ich hab gestern extra Milch gekauft. Ich weiß ja nicht, wie viel Milch du in deinem Tee bevorzugst." Harry begann immer schneller zu sprechen und Louis musste erst etwas sagen, um den Lockenkopf zu stoppen. "Du machst dir viel zu viele Gedanken. Ein bisschen Milch reicht. Während du das machst, kann ich schon mal ein paar Bilder aufhängen und dann essen wir den Kuchen", schlug Louis vor. Harry stimmte sofort zu und machte sich auf den Weg in die Küche.

Er war sich immer noch nicht sicher, ob er wirklich Nialls Plan anwenden sollte und Louis vorschlagen sollte, abends noch einen Film zu schauen. Das schlimmste das passieren konnte, war ein "Nein" von Louis. Eigentlich hatte Harry keine richtige Ausrede, wieso er es nicht einfach wagen sollte. Seufzend stellte Harry Wasser auf und wartete geduldig, bis er die beiden Tassen mit heißem Wasser füllen konnte und jeweils einen Teebeutel dazu gab. Obwohl sich Harry bewusst war, dass Louis ihm nicht den Kopf abreißen würde, wenn es zu wenig Milch in seinem Tee gab, versuchte Harry trotzdem das richtige "bisschen" zu finden. Als er davon überzeugt war, dass dies die richtige Menge war, machte er sich daran, die beiden Tassen ins Wohnzimmer zu bringen.

Im Flur war Louis immer noch dabei, die Bilder aufzuhängen. Er hing sie versetzt auf, verteilte sie aber genau richtig, dass sie trotzdem nicht zufällig zusammengewürfelt aussahen. "Dieser Ort, den du mir gezeigt ist, ist wirklich wunderschön", merkte der kleinere der beiden wieder an und ließ Harry lächeln. "Ich weiß. Du musst mal dort hingehen, wenn es eine sternenklare Nacht ist", nickte Harry und stellte die Tassen auf dem Couchtisch ab, bevor er wieder zurück in den Flur zu Louis ging.

"Jetzt, wo ich die Bilder sehe, erinnert es mich irgendwie an die große Wiese zuhause, wo ich immer Fußball gespielt habe", erzählte Louis und schlug ein letztes Mal mit dem Hammer auf den Nagel, den er gerade in die Wand hämmerte. Danach hing er das Bild auf, das Harry noch auf seinem Handy gefunden hatte. Es war aus einem uralten Sommerurlaub mit seiner Familie, wo er und Gemma eine Sandburg gebaut hatten, obwohl sie schon längst zu alt waren. Harrys Locken waren damals noch unordentlicher und wilder als sie es jetzt waren. Das Lächeln konnte sich der Ex-Soldat nicht verkneifen. "Echt komisch, keine Tattoos zu sehen", merkte Louis an und zeigte auf den sechzehnjährigen Harry aus dem Bild. "Noch reine Haut", lachte der Lockenkopf und fühlte sich definitiv ein wenig besser als vor zehn Minuten. Das könnte eigentlich ein ganz schöner Tag werden, wenn er ruhig bleiben würde.

"Die Tattoos haben aber schon etwas", sprach Louis und ließ seinen Blick wieder über Harry wandern. "Sie haben definitiv etwas." Harrys Wangen färbten sich rot, ein tiefes Rot. Hatte Louis ihm gerade ein Kompliment gemacht? Oder war das ein Versuch zu flirten? Unbeholfen lachte Harry und nickte schnell, definitiv nichts, was seine Nervosität verbergen konnte. "Tee?", fragte er nervös, als für ein paar Minuten absolute Stille herrschte. "Gerne", nickte Louis und lächelte immer noch. Harry bewunderte ihn schon fast dafür, wie fröhlich der Mann immer wirkte.

Als sie zusammen auf dem Sofa saßen, drehte sich Harry zu seinem Gast. "Hast du dir London mehr angesehen?", fragte er nach und aß ein Stück von dem Kuchen. "Ein wenig", nickte Louis und zuckte mit den Schultern. "Es ist alles noch ziemlich ungewohnt, wenn man vom Land kommt. Die Geschäfte sind so riesig, im Vergleich zu einem Dorf. Unser Buchladen war einfach nur ein Raum", erzählte Louis und brachte eine Idee in Harrys Kopf.

Er war nicht der beste darin, ein Gespräch zu führen, aber in London kannte er sich aus. "Ich kann dir die Stadt irgendwann mehr zeigen, wenn du möchtest. Kleiner Shoppingtrip?", fragte er nach, während er nervös mit seinem Fuß über den anderen rieb. War es zu früh, Louis auf einen Ausflug einzuladen? Es war definitiv besser als Nialls Plan, der viel mehr mit Gesprächen zu tun hatte.

Zu Harrys Überraschung nickte Louis sofort und lächelte. "Natürlich. Gleich morgen wäre gut." Harry lief rot an und zuckte mit den Schultern. "Natürlich. Einen Tag voll Shopping. Nur Louis und Harry auf Shopping Tour", lachte der Lockenkopf nervös. 

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Here we go again! Wird der Shopping Trip diesmal ein richtiges Date? 

Was haltet ihr von Louis und Harry? Ich bin so sehr von top!Louis überzeugt, dass sich das langsam auch hier zeigt, oh oh. 

Bleibt gesund x

Love and Tattoos | Larry [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt