19 - Shopping mit Phil

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„Wie wär's damit?", fragte Phil und hielt dabei ein T-Shirt mit einem Delfin drauf in der Hand. „Oh Mann Phil" Ich seufzte theatralisch. „Ich bin kein Kleinkind mehr.", beteuerte ich kopfschüttelnd. „Also ich finde es schön.", meinte Phil. „Vielleicht für dein zukünftiges Kind?? Apropos, wie sieht es eigentlich bei dir mit Frauen aus?" Phil musste schmunzeln. „Naja, was soll ich sagen. Es hat sich nichts ergeben. Und bei dir, wie sieht's mit Jungs aus?", fragte er neugierig. „Ach, vergiss es. Es gibt keine reifen Jungs auf meiner Schule.", grinste ich vor mich hin. Es stimmte. Die meisten Jungs auf meiner Schule waren kindisch und dermaßen unreif.

Nachdem wir letztendlich zwei Hosen und einige T-Shirts für mich, sowie für Phil gefunden hatten, saßen wir in einem Café. Ich bestellte eine Cola und Phil einen Kaffee. „Was ist denn eigentlich dein Lieblingsfach", versuchte Phil, eine Konversation aufzubauen. „Ich würde sagen Mathe oder Spanisch.", antwortete ich nach kurzem Überlegen. „Wow, Mathe? Echt jetzt? Das hab ich früher immer gehasst. Und Spanisch kannst du auch noch??" Phil war sichtlich überrascht.

Nachdem wir im Café noch etwas geplaudert hatten, fuhren wir nun zum Ikea. Natürlich standen wir mal wieder mit viel mehr Deko-Zeugs an der Kasse als wir überhaupt wollten. Wie das eben so ist, wenn man nur kurz zum Ikea geht. Jedenfalls hatten wir einen passenden großen Schreibtisch für mich gefunden, der in den nächsten Tagen geliefert werden würde. An der Kasse war ganz schön viel los, dafür dass es mitten unter der Woche war. Ich war zwar immer noch krankgeschrieben - Alex bestand darauf - aber ich konnte ja schlecht die ganze Woche auf dem Sofa vergammeln. Also nahm ich Phils Angebot heute in Anspruch.
Plötzlich riss mich die Frau hinter mir aus meinen Gedanken. „Wolfgang! Was ist los mit dir? Hilfe! Ich brauche Hilfe!?" Mein Blick schweifte zu dem Mann neben ihr, der sich ans Herz gefasst hatte und gerade dabei war, auf den Boden zu sinken. Ich blickte auf zu Phil, der zu dem Mann eilte. Ich tat es ihm gleich. Er fasste ihm an den Hals und begann sofort mit der Herzdruckmassage. Mir war klar, was das bedeutete. Herzstillstand. „Isa, ruf bitte den Rettungsdienst. Herzstillstand. Rea läuft. Wir brauchen keine Anleitung.", rief Phil mir zu. Wie ferngesteuert nahm ich mein Handy aus meiner Hosentasche und wählte den Notruf. Ich hatte zum Glück noch nie einen Notruf absetzen müssen, aber uns wurde schon im Kindergarten beigebracht, wie das geht.
„Hallo, Isabella Steinbrink hier. Hier ist ein älterer Mann mit Herzstillstand, Rea läuft, wir brauchen keine Anleitung. Einsatzort ist der Ikea in der Marienbergstraße 56 in Köln."
Ich zitterte und legte nach den Anweisungen des Disponenten auf.
Ich schaute zu Phil, der immer noch dabei war, dem Mann das Leben zu retten. „Isa, weißt du wie das geht? Ich kann bald nicht mehr.", fragte mich Phil außer Puste. Naja, theoretisch wusste ich ja wie sowas geht. In der Schule gab es früher mal einen mini Erste-Hilfe-Kurs, an dem ich teilnahm. Aber es war doch sicherlich ein Unterschied, ob man es an einer Puppe oder an einem Menschen durchführte. Trotzdem nickte ich. „Theoretisch weiß ich es." Ich bemerkte wie Phils Kräfte nachgaben. Nachdem er zwei Mal beatmete, wies er mich an. „Ja genau da, so fest du kannst. Bis 30. Zähl laut mit. 1, 2, 3,..."

Nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte ich Schritte neben mir. „Hallo Rettungsdienst." Dacht ich's mir. Wird ja auch langsam mal Zeit. Ich hatte schon durchgeschwitzte Hände. Ich merke wie ich weggezogen wurde und jemand übernahm. Erschöpft lehnte ich mich an das nächste Regal und schloss die Augen. „Alles gut?" Vor mir kniete Phil, der nach meinem Handgelenk schnappte. „Huiuiui, komm mal wieder runter. Du bist ja immer noch voll auf Hochtouren." Ja Phil, kein Wunder, ich hab das ja auch zum ersten Mal gemacht. Das dachte ich mir, doch zu einer Antwort fehlte mir die Kraft. Was wenn der Mann nicht durchkommt? Hab ich wirklich alles getan, was ich konnte? Ja, verdammt Isa! Ich bin ein normaler Laie. Wenigstens war ich so mutig und hab Hilfe geleistet, nicht so wie die anderen Kunden, die nur schweigend zuschauten. „Soll ich dir hoch helfen?", fragte Phil. Ich nickte knapp und nahm dankend seine Hände. Huch. Plötzlich tanzten schwarze Punkte vor meinen Augen. Das war wohl etwas zu schnell. „He, schau mich mal an." Ich krallte mich noch an Phils Oberarmen fest, bevor meine Füße nachgaben. Mann, hatte er Muskeln.
Im nächsten Moment lag ich auch schon in Schocklage. Auf einmal sah ich in Alex' Augen. Woher kam der denn jetzt? Ich musterte seine neon-farbene Jacke. Notarzt stand auf einer Seite. „Alex? Was machst du denn hier?", fragte ich verwirrt. „Mir Sorgen um dich machen?? Ich springe ab und zu auch im Rettungsdienst ein, deshalb bin ich nicht im Krankenhaus." Achso, das erklärte natürlich alles. Dass ich da nicht früher drauf gekommen war, ist schon peinlich, zumal das ja auch bei Phil so war. „Und jetzt zu dir, wie geht's dir? War das deine erste Reanimation?" „Mir war nur schwindelig, und ja, war es." „Okay, willst du es nochmal mit unserer Hilfe probieren? Komm, wir halten dich." Und tatsächlich schaffte ich es diesmal, zwar wackelig aber ich stand. „Schau mir mal in die Augen", bat mich Alex. „Geht's wieder besser?" Ich bejahte auch dies wieder. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich voll im Mittelpunkt stand und das sogar noch wortwörtlich, denn um uns herum standen immer noch die Schaulustigen. Oh wie ich es hasste, im Mittelpunkt zu stehen.
Jetzt fiel mir auch der Mann wieder ein. „Wo ist der Mann? Wird er es schaffen?", wendete ich mich an Alex. „Keine Sorge, er ist schon im RTW aber er ist zum Glück wieder stabil. Dank eurer Hilfe." „Du kannst echt stolz auf dich sein. Das hast du echt gut gemacht.", wendete Phil ein.
Erleichtert war ich schon, doch mir war klar, dass ich diese Erinnerung nicht mehr so schnell aus meinem Kopf bekam.

„Was habt ihr denn so lange gemacht? Wart ihr so lange shoppen?", fragte André und musterte uns. „Ihr seht ja fertig aus.", merkte Cem an, der gerade die Treppe hinunter kam. Wir stellten unsere Ausbeute erst einmal im Flur ab und setzten uns an den Tisch, wo für uns bereits das Abendessen auf dem Tisch stand. Phil erzählte ihnen von unserem Ausflug zu Ikea, doch ich hatte nur noch das Bild von dem bewusstlosen Mann im Kopf. Sowas sieht man doch bloß in Filmen. „Isa, alles gut? Du bist so blass.", sprach mich Cem an. Und im nächsten Moment überkam mich eine Welle von Übelkeit. Rasch sprang ich auf und rannte zur Toilette. Gerade noch rechtzeitig.
Kurz darauf stand Phil hinter mir und hielt mir meine Haare aus dem Gesicht. Warum musste mein Körper in Stresssituationen nur immer so überreagieren??
Nachdem nichts mehr kam, stützte Phil mich zum Sofa, wo ich sofort in den Schlaf fiel. Mein Körper war einfach am Ende.

Aufgeweckt wurde ich durch das Aufschließen der Haustür. Ich hörte wie Cem und Alex sich unterhielten. „Sie hat sich gestern noch übergeben müssen. War wohl alles zu viel, und dann ist sie auf der Couch eingeschlafen. Phil ist vorhin los und André ist auch schon auf der Wache." „Hat sie gestern auch nichts mehr gegessen?" „Nein, leider nicht. Ich sollte jetzt auch noch einkaufen gehen. Bleibst du bei ihr?" „Ja klar" Plötzlich setzte sich Alex neben mich auf das Sofa und strich mir über den Rücken. Es war so angenehm, sodass es mir einen Schauer über den Rücken jagte, der mich aufzucken ließ. „Huch, ist da jemand wach?", fragte Alex schmunzelnd. Seine Nähe tat verdammt gut.

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Hallöchen!
Fun fact (vielleicht werd ich dafür jetzt gehasst): Ich mag keine Cola 😂

Übrigens danke für über 2k Reads 🙏🏼 krass, das ging aber jetzt schnell. Ich bin euch für jeden Vote, Read und Kommentar so dankbar 🥰

Ich hatte heute wieder meinen ersten Schultag nach genau 3 Monaten und es war echt komisch. Da ich diese Woche also Schule hab, weiß ich noch nicht, wann ich das nächste Mal diese Woche was schreiben kann. Aber dafür habt ihr jetzt ja ein langes Kapitel ☺️ Mein erstes Kapitel über 1000 Wörter, bin schon ein bisschen stolz auf mich 😇

Einen guten Wochenstart wünsch ich euch! 😘❤️

Du hast mir gezeigt, wie wertvoll mein Leben istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt