1. Kapitel

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-Lina-
Seufzend lehnte ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe des Autos. Und es ging wieder los. Neues Haus, neue Schule, neue Freunde. Neues Leben. Mit halb geschlossenen Augen sah ich die Landschaft an mir vorbeifliegen. Schön war es hier. Eine kleine Stadt, umrahmt von Wäldern und Feldern. Ab und zu von einer Blumenwiese unterbrochen.
Ich schreckte auf, als plötzlich meine Musik stoppte und stattdessen mein Klingelton einsetzte. Schnell schaute ich auf das Display meines Handys auf dem eine bekannte Nummer angezeigt wurde, die ich aber nicht eingespeichert hatte. Ich spürte einen kleinen Stich im Herzen, als ich an die Person dahinter dachte und am liebsten hätte ich abgenommen, aber trotz allem drückte ich sie weg. Ich durfte keinen Kontakt mehr zu ihr haben. Das war viel zu gefährlich.
„In fünf Minuten sind wir da", meldete sich mein Vater von vorne. Gähnend richtete ich mich auf, nahm meine Kopfhörer aus den Ohren und schaute mich gespannter um. Wir waren jetzt in die Innenstadt gefahren und die Häuser wurden so langsam moderner. Die Straßen und Geschäfte waren um diese Zeit, um 3 Uhr nachmittags, belebt. Wir fuhren an lachenden Gruppen von Jugendlichen vorbei, an hektischen Erwachsenen, die zu ihrem Auto rannten oder an Liebespärchen, die Hand in Hand an den kleinen Läden vorbeigingen und ihre Zweisamkeit genossen. Stirnrunzelnd betrachtete ich die Leute an denen wir vorbeifuhren und betrachtete dabei ganz genau die Jugendlichen in meinem Alter. Wer weiß, vielleicht würde ich mich ja mit einem von ihnen anfreunden. Vielleicht würden wir sogar beste Freunde werden. ‚Aber nur bis ihr wieder wegzieht', erinnerte mich meine innere Stimme. Ich seufzte noch einmal und ließ mich wieder in meinen Sitz fallen. Leider hatte sie recht.

Als wir endlich an unserem neuen zu Hause ankamen, waren weitere 15 Minuten vergangen, weil wir natürlich das Haus nicht gefunden hatten. Ich sprang aus dem Auto, streckte mich und schaute es mir an. Eigentlich war es ziemlich hübsch. Es hatte so wie es aussah zwei oder drei Etagen, war mit Fachwerk gestaltet und auch der Garten sah ziemlich gut in Schuss aus. Meine Mutter stieg ebenfalls aus und schaute sich um, während mein Vater die Koffer aus dem Kofferraum holte: „Schön hier." „Ja", ich nickte zustimmend, dann wandte ich mich an meinen Vater: „Hast du den Schlüssel?" Ohne zu antworten drückte er ihn mir in die Hand. „Danke!", lächelnd schüttelte er den Kopf und sah mir zu, wie ich auf die Tür zu hüpfte und schon mal aufschloss. „Deinen Koffer holst du aber schon auch noch oder?", rief er mir hinterher, was ich mit einem: „Jaha", beantwortete und nach drinnen lief. Mich begrüßte ein heller Flur, mit großen Fenstern und mehreren Türen, die jetzt aber noch geschlossen waren. Begeistert öffnete ich die erste und fand mich in einem Badezimmer wieder. Nicht besonders interessant. Schnell schloss ich die Tür wieder und schaute mich weiter um. Auf der linken Seite führte die Tür in einen geräumiges Wohnzimmer, von dem am anderen Ende eine Treppe abging, die offenbar nach oben führte. Schnell lief ich dorthin und nach oben. Hier war ein kleinerer Flur, der offenbar drei Zimmer hatte. Hinter der ersten Tür lag wieder ein Badezimmer - langweilig. Hinter der zweiten war es schon interessanter.

Denn hinter der nächsten Tür befand sich so wie es aussah ein Schlafzimmer, wie für mich gemacht. Aufgeregt drehte ich um und rannte zu meinen Eltern zurück. „Lass mich raten", sagte mein Vater trocken. „Du hast dein Zimmer gefunden." „Jaaaa", quietschte ich und hüpfte aufgeregt auf und ab. Meine Mutter tat verzweifelt: „Jedes Mal dasselbe, Sie will unbedingt das Zimmer, dass uns zusteht." Spielerisch schubste ich sie ein wenig: „Ihr wollt immer das Zimmer, dass mir zusteht!" „Ich bin immer noch derjenige, der hier entscheidet, wer welches Zimmer bekommt", mischte sich mein Vater ein, woraufhin er ein „Hey!", von meiner Mutter und mir erntete.
Ich liebte diese Spiele. Wir stritten uns jedes Mal, wer welches Zimmer bekam und meistens gewann ich und meine Eltern nahmen das andere.
„Kommst du Lina?", wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen. Mein Vater war schon nach drinnen gegangen, meine Mutter stand in der Haustür und wartete auf mich. Schnell packte ich meinen Koffer und ging zu ihr: „Klar!"
*nächster Tag*
Ich wurde von meinem Wecker geweckt, der um halb sieben losschrillte. Blinzelnd öffnete ich die Augen und gähnte. Ich lag noch auf einer Matratze in meinem neuen Zimmer. (Ich hatte tatsächlich das, was ich haben wollte bekommen). Der Möbelwagen gestern hatte sich verspätet, wegen irgendeinem Stau oder so und würde erst heute kommen. Nichtsdestotrotz sollte heute schon mein erster Tag an der neuen Schule sein. Ich hasste meine Eltern dafür, dass ich nicht noch einen Tag Pause machen durfte. Obwohl, das war wahrscheinlich auch besser so, sonst würde mich die Klasse nie akzeptieren. Ein Glück, dass ich wenigstens nicht mit dem Bus fahren musste, sondern mein Vater mich fahren würde. Mein Wecker klingelte ein weiteres Mal, sodass ich mich stöhnend aufrappelte, ihn ausschaltete und erstmal ins Bad lief, um mich frisch zu machen.

*an der Schule*
„Bis später, ich hol dich dann hier wieder ab", rief mir mein Vater zu, während ich schon ausstieg und meinen Ranzen aus dem Kofferraum holte. „Ok, bis dann", antwortete ich, schlug die Klappe zu und schaute ihm nach, wie er davonfuhr. Dann atmete ich tief ein, versuchte meine verspannten Schultern etwas zu lockern und betrat das Schulgelände. Der Schulhof wurde umrahmt von einem U aus Gebäuden, die jeweils in Unterschiedlichen Farben gestrichen waren. Links von mir war es blau, vor mir so eine Art gelb und rechts rot. Na dann, auf auf die Suche nach dem Sekretariat. Inzwischen war ich ziemlich geübt darin und fand es meistens ziemlich schnell, auch ohne jemanden zu fragen. Meistens lag es ziemlich zentral, deshalb wollte ich es erst mal in dem gelben Gebäude vor mir versuchen. Also ging ich los, an plappernden kleinen Grüppchen vorbei und suchte den Eingang, den ich nach kurzem Suchen auch fand. Danach befand ich mich in einer Art Flur. Rechts führte eine Treppe nach oben, links war wohl die Mensa und direkt vor mir führte eine weitere Treppe nach unten, zu einem einsamen Raum. Und wo sollte ich jetzt hingehen? Theoretisch gesehen könnte ich jemanden fragen, auch hier war es voll von Schülern, aber ich hasste es fremde Menschen anzusprechen und außerdem war das alles hier nicht so groß, sodass ich das alleine schaffen sollte. Schulterzuckend entschloss ich mich es erst einmal mit der Treppe zu versuchen, die für mich der einzige Weg schien, der nicht in eine Sackgasse führte.

Who knows who I am if nobody knows what's on my mind Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt