Zielgerade

156 12 1
                                    

Er wollte mir aus dem Weg gehen.

Beim besten Willen viel mir keine andere Lösung ein. Diese Geste ist verletzender als jeder Korb, den er mir von Angesicht zu Angesicht hätte geben können. Ich weiß nicht, was plötzlich mit Jean passiert ist, aber seit gestern hat er sich völlig verändert.

Heute früh begannen wir mit den Vorbereitungen für den letzten Abend. Obwohl wir vier immer alles zusammen machen, teilten wir uns auf. Armin und Eren halfen bei der Zubereitung des Essens, aber vermutlich wollten die beiden die ganzen Süßigkeiten heimlich selbst futtern. Jean hingegen ließ sich für den Fotorückblick einschreiben. Ich war einer der letzten, der sich für eine Aufgabe entschied. Auch ich interessierte mich für den Rückblick, aber mein Interesse galt nicht nur den Fotos.

Als ich sie mir ansah, lösten sie in mir ein Gefühl der Traurigkeit aus. So viele Fotos zeigten uns.

Die Turteltäubchen beim Seife machen.

Mich, wie ich auf der Party tanzte.

Jeans strahlendes, breites Lächeln.

"Mir geht es nicht gut...", beichtete ich einen Betreuer und machte mich auf den Weg zum Bad. Ich setzte mich in den Waschraum und schloss meine Augen, während ich die warme Luft des Raumes einatmete. Ich lehnte meinen Kopf gegen die dünne Wand, als ich plötzlich zwei mir bekannte Stimmen im Umkleideraum nebenan hörte. Eren schien sich Jean für einen Moment geschnappt und ihn hergebracht zu haben. 

"He, -", begann Eren, allerdings wurde er direkt von Jean unterbrochen. "Denk' nicht mal dran, mich mit einem deiner idiotischen, hitzköpfigen Kommentaren zu beleidigen. Ich habe darauf gerade überhaupt keine Lust, okay? Ich habe gerade schlimmere Probleme. Ich will mir also nicht anhören, wie sehr du mich hasst und wie verletzt der arme Marco gerade sein muss." 

Wenn ich ehrlich bin, habe ich Jean selten so ernst erlebt. 

„Jean, bitte sag es mir. Wieso bist du bloß so distanziert?", fragte Eren. Sofort fiel mir der besorgte Klang in seiner Stimme auf. „Das Liebesgeständnis von Marco ist so ziemlich das letzte, was ich gerade gebrauchen kann...", gestand Jean. Doch bevor ich mich noch schlechter fühlen konnte, setzte er das Gespräch fort: 

„Meine Mutter würde es nie verstehen. Sie ist eine wahnsinnig nette Frau und war immer für mich da, verstehst du? Spar dir die 'Muttersöhnchen'-Sprüche. Aber als ich ihr neulich gestanden habe, dass ich schwul bin, ist sie völlig ausgeflippt. Sie hat mir einreden wollen, wie falsch es sei und dass ich bloß nicht wüsste, was ich will und was gut für mich ist."

Attack on Titan (Camping AU) - Das Knistern des LagerfeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt