5.

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Auf einmal dauerte es Ewigkeiten bis ich zuhause ankam. Den ganzen Weg fühle es sich an als würde die Schwerkraft immer größer werden, meine Schultasche immer schwerer und ich immer kaputter. Was ein Streit alles mit einem machen kann, echt faszinierend.
Als ich dann endlich zuhause war wollte ich einfach nur noch weinen. Ich hatte dieses Gefühl zwar selten, aber wenn ich es hatte, dann heftig. Aber so heftig wie jetzt war es noch nie, ich hatte mich nämlich noch nie wirklich mit Minsik gestritten. Wie konnte das überhaupt passieren? Oder hab ich nen Fehler gemacht und es nicht gemerkt? Hatte Minsik eigentlich die ganze Zeit Recht gehabt? War ich eigentlich die ganze Zeit das Arschloch?
Nein, wie denn auch. Er war derjenige, der es anders machen konnte. Er war derjenige, der mir zeigen konnte, dass er für mich da wäre. Hatte er aber nicht, ich hatte also einen Grund dazu, sauer zu sein. Mehrere sogar.
Aber dieser Junghwan hätte mir auch davon erzählen können, er hat doch auch angefangen über Minsik zu reden!
Nein, das war nicht sein Job. Besser ich hatte es von Minsik selber erfahren als von jemand anderes, selbst wenn es Junghwan war.
Ich ging ins Haus rein, zog meine Schuhe aus und lief gleich die Treppe hoch, ich musste dabei meine Tränen zurückhalten. Gott war ich eine Heulsuse.
Als ich dann oben in meinem Zimmer war, schloss ich leise die Tür ab, legte meine Tasche auf den Boden, warf mich auf mein Bett und starrte die Decke an. Mir wäre gerade so sehr zum weinen zumute, aber ich wollte es nicht. Ich hielt meine Tränen mit allem was ich hatte zurück. Verstieß die Gedanken an den Streit, an Junghwan, an Minho, an die Sachen, die ich heute gesehen hatte, an meinen Tod. Ich versuchte es zumindest. "Mir gehts gut.", flüsterte ich mit wackeliger Stimme, "Mir gehts gut."
Und trotzdem wollte die verschwommene Sicht nicht verschwinden. Ich blinzelte ein paar Mal und wischte mir dann über meine Augen, atmete durch und sagte mir selbst ein letztes Mal: "Mir geht's gut."
Dann schlief ich ein und schlief die ganze Nacht fest durch, glücklicherweise ohne irgendwelche Träume.

Samstag. Eigentlich mein Lieblingstag, aber auf einmal schienen alle Dinge die ich liebte irrelevant zu sein. Alles wegen diesen scheiß Visionen. Und wegen ihm.
Ich sahs schon kommen, ich würde mich wieder entschuldigen. Obwohl ich eigentlich nichts gemacht habe. Ich verstand immer noch nicht wie Minsik überhaupt dazu fähig war sowas zu bringen, ich meine er-
Bzzz. Ich drehe meinen Kopf zur Seite.
Jemand ruft mich an.
Als ich mein Handy in der Hand hielt und sah wer mich anrief, wollte ich das Ding zuerst durch den ganze Raum schleudern vor Wut. Aber ich war natürlich naiv und ging ran.
"Was ist?"
"Ich wollte mit dir reden. Wegen gestern."
Ich seufzte und rieb mir die Augen.
"Was willst du sagen?"
"Es tut mir leid. Ich weiß, dass der Fehler bei mir lag."
"Ah echt.", antwortete ich gelangweilt. War zwar schön, dass er es realisiert hatte, aber angetan war ich davon nicht. Es war selbstverständlich, dass er kapierte, dass es sein Fehler war.
"Möchtest du...vielleicht dazu noch irgendwas sagen?", fragte er, fast schon vorsichtig. Ich verkniff mir ein Auflachen.
"Ich hab schon alles gesagt was ich sagen möchte. Ich bin einfach enttäuscht.", murmelte ich in den Hörer um dann als Antwort ebenfalls ein Seufzen und ein "Tut mir leid" zu hören. Ja alter, danke, willst du mir noch irgendwie erklären wie es mit Junghwan zustande kam?
Ey wie ich diesen Typ gerade hasste. Junghwan, meine ich. Wer denkt er, wer er ist, dass er einfach meine beste Freundschaft zerstören kann? So ein arroganter Schnösel. Redet irgendwas vom Tod und dass wir noch jemanden kennenlernen müssen. Wer sagt überhaupt, dass er Recht hat?
Minsik. Minho. Junghwan selbst. Und meine Visionen.
1:0 für Junghwan ohne dass er es wusste.
"Ich meine, ich verzeihe dir. Aber ändert es etwas daran, dass wir das alles sehen? Diese Wahnvorstellungen? Dass wir das jetzt für den Rest unseres Lebens sehen werden?", fragte ich dann nach einer Weile Stille, und Minsik antwortete genau so, wie ich es brauchte: "Nein, tut es nicht. Ich will es aber mit dir durchstehen, bis zum Ende. Nicht alleine."
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich sagte: "Was solls. Lassen wir das einfach hinter uns."
"Frieden?"
"Frieden. Heute um 2 bei unserem Café?"
"Geht klar. Bis dann."
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen was für eine riesige Last mir da gerade von der Seele gefallen ist. Ganz leise verlor ich dann doch eine Träne, aber nicht etwa weil ich wütend oder traurig war. Nein, eher ziemlich erleichtert.

our hellevator (fortsetzung my hellevator)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt