11.

46 4 1
                                    

"Um ehrlich zu sein, ich hab zuerst so gedacht wie du. Ich wollte weglaufen, aber hab dann irgendwann gedacht, dass das jetzt mein Leben ist. Ich muss mich dran gewöhnen. Und dann hab ich es geschafft drüber hinweg zu sehen."
Ich nickte in die Leere starrend und nahm einen Keks von dem Teller auf dem Glastisch vor dem Sofa. Wenn Minsik es schafft, darüber hinweg zu kommen, dann schaffe ich es auch bestimmt.
"Was hast du als allererstes gesehen? Also, welche Vision kam bei dir zuerst?", fragte ich und sah ihn endlich an, er lächelte.
"Dich. Ich hab zuerst gesehen wie dein Gesicht sich verändert hat. Und dann kam das Flugzeug. Dann Junghwan. Dann Minho, und den Rest kennst du ja."
Ich nickte, als ich auf einmal die Schlüssel in der Tür klingen hörte. Meine Mutter war zuhause, aber warum? War sie nicht erst gerade zur Arbeit gefahren?
Die Tür öffnete sich und Eomma kam mit einer fetten Einkaufstasche rein. Kkami lief auf sie zu und sprang sie mit ihrem kleinen Schwanz wedelnd und hechelnd an. Dieser kleine Hund brachte mich immer zum Lächeln, egal was sie tat.
"Hallo Jungs. Schön euch zu sehen. Ich brauche hier etwas Hilfe, habt ihr mal kurz Zeit?"
Wir standen sofort beide auf und waren in Kürze im Flur bei meiner Mutter, um die Tasche zu nehmen und in die Küche zu bringen. Dort packten wir dann alles in den Kühlschrank und in verschiedene Regale, während ich sie fragte: "Eomma, warum bist du eigentlich nicht bei der Arbeit?"
"Wurde abgesagt.", antwortete sie knapp, "Chef ist krank geworden."
Irgendwie glaubte ich ihr das nicht.
"Wirklich?", fragte ich nach, nur um sicher zu gehen, und tatsächlich hatte sie nicht die Wahrheit gesagt. Aber die bekam ich auch nicht raus.
"Später. Jetzt bin ich nicht in der Stimmung dazu darüber zu reden."
Dann verließ sie die Küche und ließ mich und Minsik alleine zurück.

"Junghwan hat mir gerade geschrieben, er meinte, dass wir wieder zu ihnen kommen sollen."
Ich schnaubte. Jetzt fing der auch noch an, uns herum zu kommandieren.
"Junho." Er sah mich bloß an und ich seufzte dann. "Okay. Wir können gehen." Ich wartete nicht auf ihn und ging ins Wohnzimmer, um dort mein Handy zu holen und meiner Mutter Bescheid zu sagen, dass wir wieder losgingen. Dann zog ich meine Schuhe an und wartete noch bis Minsik fertig war, bevor wir dann schließlich losgingen.

"Ihr habt ja lange gebraucht.", spottete Junghwan, als wir bei dem Treffpunkt ankamen. Wie sehr ich diesem Typen gerade eine fetzen wollte.
"Junghwan, pass mal auf was du sagst, ja? Junho ist dem ganzen noch fremder als wir alle, und das weißt du ganz genau. Also sei mal etwas verständnisvoller.", feuerte Minsik zurück und ich schaute ihn etwas überrascht an. So hatte ich ihn noch nie erlebt.
Junghwan seuftzte, verdrehte die Augen und murmelte: "Okay, tut mir leid." Um ehrlich zu sein, das war die unehrlichste Entschuldigung die ich je in meinem Leben gehört hatte.
"Also,", fing Haengbok an, "Wo fangen wir an? Es muss doch irgendeinen Weg geben, die letzten drei zu finden. Liah, kennst du eine Lösung?"
Die Angesprochene schüttelte ihren Kopf und zuckte gleichzeitig mit den Schultern. "Das ist das Einzige wofür ich bis heute keine Lösung habe. Ich hätte trotzdem einen Vorschlag: wir treffen uns so oft wie möglich, immer woanders. Und wir müssen versuchen, so viel in der Stadt rumzulaufen wie es geht. Und aufmerksam bleiben, wir müssen aufmerksam sein."
Niemand sagte etwas, also stimmte jeder Liah zu, inklusive mir. "Okay, das wäre wohl die Beste Lösung, die wir bis jetzt haben. Wenn es keine weiteren Vorschläge gibt, dann richten wir uns nach Liah's Vorschlag.", sagte ich dann und alle nickten.
"Also, gehen wir mal los, hm?"

Wir waren überall. Der Han Fluss. In der Stadt, wir gingen nochmal durch meine Straße und klapperten ungelogen alle Ecken von Seoul ab, jedoch leider ohne Erfolg.
"Boah, ehrlich jetzt? Wir laufen bestimmt schon seit drei Stunden hier herum, wenn nicht sogar vier, ohne jemanden zu finden?? Müssen wir das jetzt jedes Mal machen wenn wir jemanden suchen?", beschwerte Minsik sich, und Junghwan seufzte.
"Minsik, das ist nicht so einfach wie du denkst. Die tauchen nicht einfach mal so vor uns auf. Und wenn du dich darüber beschwerst erst Recht nicht. Also bitte sei einfach leise und mach uns keine schlechte Stimmung."
Das hatte er nicht wirklich gerade gesagt.
Minsik's Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig zu überrascht und definitv niedergeschlagen und verletzt. Ihn hatte das auf jeden Fall getroffen. Mich auch, aber anders als ihn. Ich war von einer Sekunde auf die andere auf 180.
"Sag mal hast du 'n Rad ab? Denkst du wir haben uns diese Scheiße ausgesucht? Niemand will das alles hier, keine einzige Person in dieser Runde. Also was gibt dir das Recht dazu Minsik so anzugreifen und ihm zu sagen, dass er 'die Laune zerstört'? Wenn ihr ehrlich bin bist du hier derjenige der gerade die Laune kaputt macht, ich hätte Minsik nämlich zugestimmt. Willst du alleine nach dem Rest suchen? Bitteschön, fang gleich hier an. Ich bin nicht zu euch zurückgekommen um hier noch Streit anzufangen, das kann ich am wenigsten gebrauchen."
Je näher ich zum Schluss meines Vortrages kam, desto lauter wurde meine Stimme und desto eingeschüchterter sah Junghwan aus. Dann packte ich Minsik am Handgelenk und zog ihn mit, in Richtung zuhause. Wer es wagte, in so einem Ton mit meinem besten Freund zu reden, der konnte eine Freundschaft mit mir definitiv vergessen.

our hellevator (fortsetzung my hellevator)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt