8.

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Für die nächsten drei Stunden ging es so. Irgendwann lagen wir schwer atmend und oberkörperfrei nebeneinander, und ich fing an zu lachen.
"Wow, das war mal was Neues."
"Ja.", antwortete Minsik, "Das war mein erster Kuss mit einem Jungen. Und ich hab es geliebt."
Ich nickte. "Ich auch."

Irgendwann waren wir eingepennt. Nebeneinander, auf seinem Bett. Am nächsten Morgen, als wir aufwachten, lag ich auf dem Boden. Das passierte jedes Mal wenn ich mit jemand anderes in einem Bett schlief, vor allem mit Minsik. Und vor allem wenn es auf seinem Bett war, was eigentlich nur einen Meter breit war.
"Junho??", hörte ich jemanden auf dem Bett raunen, was nur er sein konnte.
"Bin hier unten.", antwortete ich und setzte mich auf. Das Bett war gerade mal tief genug, sodass man meinen Kopf sehen konnte als ich mich hinsetzte. Minsik lächelte mich an und murmelte verschlafen: "Guten Morgen, Charmer. Ich hab Hunger, was mit dir?"
Ich liebte seinen Charakter.
"Ich auch, Mrs. Steal your Man. Was gibts zum Frühstück, Ma'am?"
Er lachte auf. "Ma'am??"
"Was?", ich grinste, "Magst du den Namen nicht? Soll ich dich Señorita nennen? Klingt sexy."
"Yah!!" Er lachte und stand auf, um sich vor mich zu stellen und mir die Hand zu reichen. Als ich sie griff, zog er mich auf die Beine und ich stand wieder direkt vor ihm. So wie gestern. Er sah mich an, lächelte, schaute erneut zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin und her.
"Hast du es gestern echt genossen? Ich dachte immer du wärst straight und hältst eigentlich gar nichts von Jungs.", flüsterte er und schluckte. "Dachte ich auch.", antwortete ich ihm, "Bis ich dich geküsst habe."
Minsik nickte langsam. "Und...dann? Was ist dann passiert?"
"Dann....naja. Was soll ich sagen. Dann hab ich meine Meinung halt geändert. Jungs zu küssen ist eigentlich gar nicht so schlecht."
Wieder nickte er. "Und wir beide? Was ist jetzt mit uns?"
Darauf konnte ich erstmal nicht antworten. Überlegend starrte ich auf den Boden und atmete einmal tief durch. Dann erklärte ich: "Ich werde noch Zeit brauchen. Ich weiß, wir haben nicht mehr viel Zeit. Aber wir haben noch nicht alle Leute getroffen die wir treffen müssen, bestimmt. Das wird zu hundert Prozent nicht lange dauern, aber gib mir Zeit zum überlegen, ja?"
Lächeln. Nicken. Dann zog er mich an sich um mir eine feste Umarmung zu geben, die ich kurz darauf dann erwiderte.
"Ich bin so froh dass du mich nicht einfach abserviert hast...das ist mir schon so oft passiert. Wäre es mit dir passiert, wüsste ich nicht wie ich weiter machen sollte, ganz ehrlich."
Ich legte meine Arme fester um ihn, als ich spürte, wie er leicht zitterte. Ich war echt froh ihm diesen Schmerz erspart zu haben, er war so hoffnungslos als er mir seine Gefühle gestanden hat. Jetzt hatte ich ihm diese Hoffnung zurück gegeben und ich war mehr als nur stolz darauf.
"Bitte merk dir dass du mir immer sehr viel bedeuten wirst. Okay? Egal was passiert, du bleibst immer mein bester Freund."
"Mhm.", machte er als Antwort und legte seinen Kopf auf meine Schulter.
Ein paar Minuten standen wir da so rum, dann fing mein Bauch an zu knurren, weswegen ich leise anfing, zu lachen. Minsik stimmte mit ein und löste sich aus der Umarmung. "Okay reicht, komm, zieh dir was an und wir gehen runter, ich hab auch Hunger."
Ich tat wie mir befohlen und hob mein Tshirt vom Boden auf um es anzuziehen und folgte danach Minsik, der jetzt auch einen Pullover anhatte (leider), runter in die Küche. "Was möchtest du essen?", fragte er und öffnete den Kühlschrank, als er seufzend feststellte, dass dieser leer war. "Och ne. Ich glaub wir müssen uns irgendwas bestellen."
"Oder wir gehen irgendwo frühstücken. Da wo ich Haengbok gestern getroffen habe, zum Beispiel. Unser Café."
"Schon wieder?", er schloss den Kühlschrank und goss uns beiden zwei Gläser Wasser ein. "Ich hab kein Problem damit, ich frag nur."
"Naja.", ich nahm mein Glas Wasser und trank einen Schluck daraus, "Wenn beide nichts dagegen haben können wir ja hingehen. Wer weiß, vielleicht treffen wir ja noch jemanden der zu uns gehört."
Minsik blieb für ein paar Augenblicke still und starrte in die Leere. Dann fragte er: "Wie wissen wir eigentlich ob wir alle getroffen haben die wir treffen müssen?"
Um darauf eine Antwort geben zu können musste ich erstmal überlegen. Gute Frage eigentlich, woher sollten wir das wissen? Ich schaute auf die Uhr, die mit 10 Uhr morgens anzeigte. Punkt 10 Uhr. Das Café hatte vor zwei Stunden aufgemacht.
"Vielleicht finden wir das raus wenn wir uns Junghwan und Minho anschließen."
Minsik holte sein Handy raus und ging auf unsere Klassengruppe bei Kakaotalk. Daraus nahm er dann Minhos Nummer (Junghwans Nummer hatte er ja offenbar schon) und speicherte ihn ein. Dann fragte er mich: "Wie wärs wenn wir die beiden heute treffen? Wir gehen ja eh gleich los."
Ich nickte. Zwar mochte ich Junghwan nicht gerade sehr, aber hier ging es um unser Leben. Die letzten Tage, die wir noch zu leben hatten.
Bei diesem Gedanken traten mir auf einmal die Tränen in die Augen. Ich wollte das verdammt nochmal nicht.
"Junho?" Er sah mich besorgt an und legte sein Handy beiseite.
Ich versuchte mit allem was in mir steckte meine Tränen zurück zu halten, aber Minsiks Blick machte es mir noch schwerer. Leise antwortete ich ihm mit wackeliger Stimme: "Ich will nicht sterben."
Sofort umarmte er mich und drückte mich ganz fest an sich ran. Ich legte meine Arme um ihn und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge, um dann anzufangen, leise zu weinen. Ich konnte nicht genau sagen ob es tatsächlich so war, aber wenn ich mich nicht verhört hatte, hatte ich Minsik auch einmal leise wimmern hören.

our hellevator (fortsetzung my hellevator)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt