Letzter Wunsch

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Ich sah hoch in die Sterne und spürte, wie der kalte Wind meinen Körper unter dem dünnen Kleid erzittern ließ. Ich atmete aus und sah wie eine kleine Wolke meinen Mund verließ. Die Luft war feucht von dem Regen, der vorhin in Strömen gefallen war. Dementsprechend waren meine Füße auch schon durchgeweicht. Ich würde Morgen wahrscheinlich krank werden, doch was machte das schon? Ich würde eh nichts von dem morgigen Tag haben, also warum sollte ich noch auf mich achten.
"Was ist dein letzter Wunsch?", hatten sie mich gefragt. Ich wusste schon längst, was mein letzter Wusch war, doch trotzdem hatte ich um etwas nachden Zeit gebeten. Sie konnten mich frei laufen lassen, da ich von dieser Insel eh nicht fliehen konnte und deswegen konnte ich hier stehen. Ich konnte fühlen. Ein letztes mal. Es war eisig kalt und ich spürt, dass meine Lippen taub wurden, trozdem blieb ich stehen und sah in die Sterne.
"Mein letzter Wunsch...", hauchte ich fast tonlos dem Himmel entgegen. "Mein letzter Wunsch ist, dass ich ihn noch einmal sehe. Mich entschuldigen kann. Und bedanken." Meine Stimme wurde immer wieder von der Kälte erstickt. Der Kälte und meiner Kraftlosigkeit. "Bedanken für... Für das Leben, was er mir ermöglicht hat. Ein letztes Mal, bevor ich gehe." Für ihn gehe, fügte ich in Gedanken hinzu.
Ein kalter, staker Wind erfasste mich, presste mir mein dünnes Kleid an meinen Körper, wehte meine Haare nach hinten und nahm meine Tränen mit. Mein letzter und einziger Wunsch, den ich nicht erfüllte bekommen würde. Ich zitterte, doch nun nicht mehr nur wegen der Kälte, sondern wegen eines Schluchztanfalles. Ich bemerkte, dass ich heftig angefangen hatte zu weinen.
Meine Knie gaben nach und ich sank zu Boden. Zitternd saß ich in einer Pfütze und vergrub mein Gesicht in meinen geschändeten Händen. Ich würde nie wieder sein Gesicht sehen. Nie wieder sein Lachen und nie wieder seine wundeschönen Augen. Diese wundervollen eisblauen Augen hatten mich in diese Situation gebracht. Ich wollte nicht, dass er dem Tode verurteilt war. Auch wenn ich es nicht gewollt hatte, hatte es mich sehr verletzt, dass er mich nicht aufgehalten hatte, als ich seine Schuld auf mich nahm.
Er war nie gekommen. Hatte sich nie bedankt, aber warum sollte er das auch? Ich meine er hatte mir das Leben gerettet. Mich in diesem kalten Winter gerettet und mir ein Leben gegeben hatte. Und eine Liebe. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als ihn zusehen, doch dass würde ich nie können. Er war tot. Er war vor zwei Jahren gestorben und hatte mir keine Chance gelassen ihn wieder zusehen.
Erneut fuhr der eiskalte Wind über meine von den Tränen feucht gewordenen Wangen. Die Kälte schmerzte schon, doch ich blieb da; allein. Erfolglos versuchte ich die Tränen zu stoppen, da ich die brennenden Schmerzen ja trotzdem spürte.
Erneut wanderte mein Blick zu den Sternen. "WARUM?!", kam es heiser und erstickt aus meinem Mund. Ich sprang auf und begann, wenn auch ohne Stimme zu kreischen. "WARUM?! WARUM, WARUM, WARUM, WARUM?! MEIN LETZTER WUNSCH WAR ES IHN NOCH EINMAL ZUSEHEN! WARUM NICHT?! WAS HAB ICH GETAN?! SAG MIR WAS ICH FALSCH GEMACHT HAB!!" Schwer atmend fiel ich auf die Knie und kippte zur Seite. Meine Augen schlossen sich und ich wimmerte immer wieder: "Warum?"
Nach einiger Zeit, ich wusste nicht wie lang, strich eine Hand meine Tränen weg und legte sich auf meine Wange. Ich schlug die Augen auf und sah in ein paar Eisblaue, die mich lächelnd ansahen. "Dein letzter Wunsch?", fragte er leise und beugte sich runter um mich zu küssen. Das letzte, was ich spürte, waren seine warmen Lippen, bevor mich meine Kraft für immer verließ.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 05, 2015 ⏰

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