Kapitel 4

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Nachdem sie die Wasserflasche wieder in ihrem Rucksack verstaut hatte, kletterte sie ein paar Äste weiter zum Boden, bevor sie endlich auf der Höhe war, von der sie einfach den letzten Abstand mit einem Sprung überwinden konnte.

Sie ging beim Aufkommen auf die Erde leicht in die Hocke, um ihr Gewicht abzufedern. Kurz kontrollierte sie mit einer Bewegung ihrer Hacken, ob der Aufprall nicht zu hart war, dann stand sie auf und schaute sich um. Von hier unten sah das Ausmaß der Verwüstung nicht ganz so schlimm aus wie von oben, trotzdem war das Gras plattgetrampelt und Faye beeilte sich zum Rand der Lichtung zu kommen, um die kleinen Pflanzen nicht noch mehr zu strapazieren.

Während sie jedoch zum Rand lief, fiel ihr plötzlich ein, dass sie gar nicht darauf geachtet hatte, aus welcher Richtung sie gekommen war. Mit einem seufzen schaute sie auf ihr Armband. Würde sie einen Zauber dieser Klasse mit ihrer derzeitigen Kraft hinkriegen?

Aber es blieb ihr nichts anderes übrig und so suchte sie sich einen kleinen Fleck, auf dem kein Gras wuchs und setzte sich auf den Boden. Ihre Beine platzierte sie in einem perfekten Schneidersitz und eine ihrer Hände legte sie auf die kalte Erde, während die andere Hand auf ihrem linken Oberschenkel ruhte.

Dann schloss sie die Augen und suchte wie zuvor beim Zerchen nach der Magie in sich. Als sie sie fand schickte sie sie nicht wie beim Zerchen auf einen einzelnen Punkt, sondern ließ sie in alle Richtungen davonrasen.

Überrascht stellte sie fest, dass sich ihr kein klares Bild von ihrer Umgebung im Kopf zusammensetzte und so versuchte sie noch mehr von ihrer Kraft heraufzubeschwören. Wie überlebten alle anderen nur mit so wenig Magie?

Als nach ein paar Augenblicken immer noch nichts passierte, schlug sie die Augen wieder auf und wollte am liebsten frustriert aufschreien, aber im letzten Augenblick konnte sie sich noch davon abhalten. Welche Richtung sollte sie jetzt einschlagen?

Ungeduldig klopfte sie mit ihren Fingern auf dem Boden, wartete das ihr eine Lösung einfiel, aber das tat es nicht. Geschlagen stand sie schließlich auf und musste sich eingestehen, dass sie nun doch loslaufen musste.

Die Dunkelheit würde ihr immerhin etwas Schutz verleihen, oder? Den Gedanken, dass es nicht nur sie, sondern auch ihre Feinde schützte, schob sie entschieden von sich und setzte den ersten Schritt, um voran zu kommen.

Ziellos lief sie umher und versuchte sich irgendwelche Punkte zu merken, damit sie nicht im Kreis lief, aber schon nach kurzer Zeit gestand sie sich ein, dass jeder Baum hier gefühlt gleich aussah.

Also gab sie diesen Versuch auf und holte sich einen ihrer Äpfel aus dem Rucksack. Sie hatte zwar nur zwei hineingestopft, aber sie würde sicherlich noch was anderes Essbares hier finden. Schließlich war sie in einem Wald!

Genüsslich biss sie in den saftigen Apfel und genoss das Gefühl, wie sich ihr Bauch füllte. Wasser war zwar gesund und ein gutes Mittel gegen Hunger, aber ganz bekam man das Bedürfnis halt nicht damit weg.

Das letzte Stück in der Mitte aß sie jedoch nicht mit auf, sondern achtetet darauf, dass die Kerne möglichst alle noch in dem Gehäuse saßen. Dann trat sie mit ihrer Hacke in den Boden, sodass ein kleines Loch entstand und sie die Überreste des Apfels hineinlegen konnte.

Sie schob die aufgelockerte Erde über ihn und klopfte einmal mit der Hand darauf. Vielleicht würde einmal aus den Kernen ein Apfelbaum hier mitten im Wald werden. Dieser Gedanke ließ Faye lächeln.

Seitdem sie klein war, hatte sie schon immer gerne die Kerne der Äpfel im Boden vergraben und war erstaunt gewesen als tatsächlich an einer Stelle ein zartes Pflänzchen aus dem Boden gewachsen war. Es hatte nur ein paar Jahr gedauert, bis er sogar so groß wie sie selbst war. Gut, damals war sie auch noch ein kleines Kind gewesen, aber es hatte sie trotzdem gefreut.

Guardian of the rubiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt