Harry lag in seinem Himmelbett im Gryffindor Schlafsaal und war erschöpft.
Schlafen konnte er trotzdem nicht. In seinem Kopf spukte Malfoy rum. Und wer konnte schon mit einem Malfoy im Kopf schlafen? Also stand Harry auf und verlies den Schlafsaal der Jungen so leise wie möglich. Seine nackten Füße auf dem kalten Steinboden erinnerten ihn gerade noch daran, Hausschuhe anzuziehen, bevor er sich runter schlich. Die fette Dame lungerte in ihrem Nachbarsportrait und trank in großen Schlucken eine gefährlich aussehende Flüssigkeit mit ihrer Freundin. Als sie Harry erblickte, lies sie, nicht wie sonst, eine Schimpftirade auf ihn los, sondern winkte nur mit dem Gesöff in der Hand und lallte ihm fröhlich etwas hinterher. Harry tapste weiter, den Tarnumhang über den Schultern. Er hatte aus dem letzten Mal gelernt! Dachte er zumindest, bis er in Malfoy reinlief. Natürlich, die Karte des Rumtreibers hatte er vergessen, Mist! Er lief jedenfalls in Malfoy rein, oder besser gesagt, er lief ihn um. Aber was konnte Harry schon dafür? Malfoy kam geradezu um die Ecke gestürmt, da konnte Harry ihn doch gar nicht sehen! Malfoy taumelte und sah ihn geschockt an, während er wie in Zeitlupe umfiel. Harry, dessen Reaktionsfähigkeit nachts um halb drei nicht gerade gut war, versuchte ihn viel zu spät aufzufangen. Malfoy versuchte zwar noch, sich abzufangen, aber trotzdem sah der Aufprall auf den harten Steinboden schmerzhaft aus.
Autsch. Das tat weh! Nicht so weh wie der Hippogreif damals im dritten Schuljahr vielleicht, und auf gar keinen Fall so weh wie der Cruciatus Fluch, aber als unangenehm konnte das schon bezeichnet werden!
Unangenehm war auch Potters Anwesenheit. Warum eigentlich schon wieder Potter? Konnte ihm nicht mal jemand weniger... attraktiveres begegnen? Draco sah nur Potters Beine, aber er konnte sich den hämischen Gesichtsausdruck gut vorstellen. Zu oft hatte er in diesen blicken müssen, wenn Potter wieder mal etwas unbeschreiblich Heldenhaftes getan hatte und Draco damit bloßstellen konnte.
Aber als sich Potter jetzt zu ihm herunterbeugte, sah sein Gesicht besorgt aus.
Was neu war. Und fremd. Und irgendwie dämlich, weil Draco kein Mitleid wollte.
Eigentlich wollte er, dass Harry ihn küsste, jetzt sofort. Ohne Mitleid, nur weil er Draco mochte, ihn bewunderte oder ihn wenigstens küssen wollte. Aber bitte ohne Mitleid! Harry sollte ihn mögen, weil er Draco Malfoy, ein gutaussehender, witziger, lieber junger Mann war. Nicht, weil Harry ihn bemitleidete. Es sollte echt sein. Innerlich seufzte er. Was träumte er sich nur wieder zusammen? Harry würde ihn nie mögen, geschweige denn küssen!
„Alles ok?", fragte Harry und Malfoy grummelte. Aber schließlich nickte er und ließ sich sogar dazu herab, zu antworten: „Jetzt hilf mir schon hoch." Harry blieb kaum Zeit zum Erstaunt-Sein, denn da hatte Malfoy schon seine Hände ergriffen und sich hochgezogen. Malfoy trat hastig von ihm weg und klopfte sich den Staub von der Hose. Dann blickte er zu Harry. Verlegen sah er aus, wie er dort stand, mit leicht schiefgelegtem Kopf und einer Hand in der Hosentasche, als wüsste er nicht, was er mit ihr anfangen sollte. Harry räusperte sich. Und fing an zu sprechen, weil er die peinliche Stille kaum mehr aushalten konnte.
„Was machst du hier?"
„Was machst du hier?"
„Malfoy."
„Potter.", Draco verdrehte die Augen.
„Jetzt sag schon, was du hier machst, Angsthase." Autsch. Das tat weh. Aber Draco ließ sich nichts anmerken. Das jahrelange Training zahlte sich aus.
„Nein, Potty."
„Was zum... Malfoy, hör auf!"
„Hör du doch auf, mich mit Fragen zu löchern.", erwiderte Draco gelassen.
„Ich möchte aber wissen, was du hier machst."
„Hast du dir schonmal zugehört, Potter? Du klingst wie ein Baby."
„Nicht wahr!"
„Wie süß! Er kann schon richtig reden!" Draco kicherte.
„Malfoy!"
„Potter." Dann war es um Draco geschehen. Mal wieder hatte er einen Lachflash. Vor Potter.
Es war nicht witzig. Malfoy verarschte ihn und dann brach er auch noch in schallendes Gelächter aus. Dabei war es nicht witzig!
Aber es tat gut, ihn lachen zu sehen... irgendwie. Lachen war besser als Weinen.
Insgesamt sah Malfoy viel besser aus als vorhin. Seine Augen waren nicht mehr verquollen und auch nicht gerötet. Harry bewunderte ihn für sein Durchhaltevermögen. Malfoy machte weiter, so schien es ihm, egal was passierte.
Irgendwann legte sich Dracos Lachkrampf. Nun standen sich die beiden Jungen gegenüber, verlegen und schüchtern lächelnd.
„Weißt du, ich wollte einfach nur einen freien Kopf kriegen.", sagte Draco in die Stille hinein. Potter sah ihn an, dann nickte er. „Ja, ich auch.", murmelte er leise.
Nach ein paar Sekunden, in denen sie sich nur still und peinlich berührt angestarrt hatten und Draco mal wieder auffiel, wie schön Harrys Augen waren, räusperte sich Potter.
„Ich sollte wieder ins Bett."
Draco versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen, indem er nach unten auf den Boden starrte und nickte.
„Ja, ich auch."
Potters Füße, die dieses Mal in Hausschuhen steckten, bewegten sich kein Stück.
„Bitte sag, wenn etwas nicht in Ordnung ist, ja?"
Es klang sanft und schüchtern und liebevoll.
Aber Draco konnte sich auch täuschen.
Langsam blickte er auf und antwortete mit kratziger Stimme.
„Ja"
Er hoffte, dieses Ja würde alles wiederspiegeln, was er gerade fühlte.
Die Hoffnung. Die Liebe. Die Angst. Einfach alles, was er nur mit Worten nicht sagen konnte. Denn seine Gefühle waren ein riesiges Chaos.
Aber Harry nickte nur und entfernte sich, mit schnellem Schritt, nichtsahnend, was der Junge, den er zurückgelassen hatte, empfand.
Und nichtsahnend, was sich in ihm selbst regte.
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Mad about you
FanfictionWir alle wissen, dass J.K. Rowling Drarry bloß keinen Platz in ihren Büchern gelassen hat, weil das zu sehr vom Kampf mit Voldemort abgelenkt hätte. ;) (Also, an alle Hinny, Dramione und Snarry Shipper, das ist nichts für euch. Hier geht's um Drarr...