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Am Ende gesellte sich auch noch Ginny zu der Versammlung. Und nach einer langen und hitzigen Diskussion kamen sie zu einem Ergebnis, das Harry so fröhlich und erleichtert stimmte, dass er Lockhart das charmanteste Lächeln locker abstauben konnte. Was auch immer mit ihm los war, besessen war er nicht. Jetzt konnte er guter Dinge nach unten gehen und ein entspanntes Weihnachten mit den Weasleys verbringen!
Als er aufwachte, saß Ron schon inmitten von einem Berg aus Geschenken und riss das Papier von einem Geschenk ab. Aus seinem Mund drang das letzte verzweifelte Quaken eines Schokofroschs. Harrys Augen begannen zu leuchten, als er diesen Anblick in sich aufnahm: Sein bester Freund, Ein Haufen Geschenke und das Haus seines Paten. So glücklich war er lange nicht mehr gewesen!
Weihnachten war ein großer Erfolg! Die Geschenke waren, mit Ausnahme von Dobbys Kritzelei und Hermines Kalender, toll und die Stimmung war ausgelassen. Mrs Weasley war zwar nicht ganz so fröhlich wie alle anderen, aber bald vergaß auch sie ihren Kummer über Percys Abneigung der Familie gegenüber und versorgte alle mit einer extra Portion Kürbispasteten.
Am Abend machten sie sich zu Mr Weasley auf.

Draco liebte die Arbeit, die er im St Mungo zu tun hatte.
Ein Praktikum zu machen war die richtige Entscheidung gewesen, endlich konnte er dem nachgehen, in dem er gut war und gleichzeitig den Kopf freikriegen von seinen Eltern, dem dunklen Lord... und Potter.
Er hatte soeben Ms Cilbies Verbände gewechselt, als hinter ihm das Geschrei losging.
„Sie lassen einen Malfoy meine Freundin verarzten? Einen Malfoy? Jedermann weiß doch, dass die Malfoys Sie-wissen-schon-wem treu ergeben sind! Oder waren, man weiß ja nicht, was man noch glauben soll. Ob der Potter Junge jetzt lügt oder nicht... Aber das ist egal, der ist schließlich ein Malfoy! Der schreckt bestimmt nicht davor zurück, die Patienten zu vergiften!" Draco drehte sich langsam um. Nun, das war der einzige Nachteil an diesem Praktikum. Heute wurde er schon zum zweiten Mal beschimpft, und obwohl er Clark, seinem (sehr netten) Vorgesetzten immer betonte, dass es ihm nichts ausmachte, war das Gegenteil der klare Fall. Aber er wusste, was er tun musste, schließlich war ein solcher Vorfall zur Routine für ihn und Clark geworden. Während das Personal, darunter auch Clark, den Besucher beruhigte, schlich sich Draco möglichst unauffällig zur Treppe, hoch auf die geschlossene Station.
Dort wurde er wenigstens nicht angefeindet.
Harry stand derweil in Lockharts Zimmer auf der geschlossenen Langzeitabteilung für Fluchgeschädigte. Ihr ehemaliger Professor signierte eifrig postkartengroße Fotos von sich selbst und erzählte Ginny, Hermine und Ron von seinen treuen Fans, die ihm anscheinend immer noch schrieben. Harry aber sah sich neugierig auf der Station um.
Die Pflegerin, die die vier reingebeten hatte, verteilte emsig Geschenke und redete gutmütig auf ihre Patienten ein. Harry beobachtete gerade, wie sie einem gebrechlich aussehenden Mann einen Brief überreichte, als er ein allzu bekanntes Schnarren vernahm.
„Nein, Mrs Boots, ich habe das Stockwerk gewechselt. Unten gab es... Komplikationen. Können sie mir nun bitte meinen Schichtplan geben?"
Verwirrt runzelte Harry die Stirn. Was machte Malfoy hier?
Er warf einen letzten Blick auf die Weasleys und Lockhart, murmelte etwas von „Das WC suchen" und verschwand schleunigst in Richtung der Stimme.
Als Harry um die Ecke spähte, checkte Draco gerade mit einem Zeige-Zauber Mr Goodings Blutwerte. Aber Harry, der weder etwas von Blutwerten noch von Mr Goodings Beschwerden verstand, fiel nur die Heiler Uniform auf, die Malfoy trug. Jetzt war er gänzlich verdutzt. Was machte der hier?
„Ihre Blutwerte sind im grünen Bereich, Mr Godings. Gleich kommt Amanda und bringt Ihnen Ihre Tabletten." Harry sah Malfoys Gesicht nicht, hörte aber das Lächeln in seiner Stimme, als er sagte: „Und frohe Weihnachten."
Malfoy drehte sich um und ging in Harrys Richtung. Anscheinend hatte er Harry noch nicht entdeckt, was auch gut so war. Harrys Herz schlug ihm nämlich bis zum Hals.
Verdammt, was war denn bloß los mit ihm? Schnell drehte er sich um, um zurück zu gehen, als... „Potter?"
Mist.
Er hoffte, er sah gelassen aus, als er sich umdrehte.
„Was machst du hier, Potter?"
„Wonach sieht's denn aus?", fragte er betont cool.
„Naja... Es sieht aus als würdest du mich stalken.", antwortete Malfoy mit einem Unterton, den Harry nicht deuten konnte.
„Was? Nein! Nein, ich ... bin mit den Weasleys hier, wir besuchen Mr Weasley."
Malfoy zog die Augenbrauen hoch.
„Auf der Geschlossenen?"
„Nein, Mrs Weasley sah bloß ziemlich wütend aus. Zumindest, als wir sie das letzte Mal gesehen haben... Mr Weasley wollte sich mit einer Muggletechnik behandeln lassen, hat natürlich nicht geklappt, also wurde sie ganz rot im Gesicht, Merlin, du hättest sie sehen müssen!" Er lachte nervös.
„Wir sind dann ganz schnell verschwunden, wollten ins Café im fünften Stock und auf dem weg nach oben, haben wir ... naja ... wir haben Professor Lockhart gesehen und die Pflegerin hat uns dazu genötigt, rein zu kommen, weil er ja sonst keinen Besuch hat und jaa"
Verlegen über seinen Wortschwall zuckte Harry mit den Schultern. Malfoy aber grinste bloß. Was grinste der so blöd? Und warum wurde es Harry dabei so komisch?
Draco konnte nicht anders, als zu grinsen. Süß. Salazar, Potter war so verdammt süß!
„Und was machst du hier? Bist du jetzt Heiler?", riss Potter ihn aus seinen Gedanken.
„Teilweise."
„Teilweise?"
„Ja, ich mache ein Praktikum", antwortete Draco schlicht.
„Oh."
das Schweigen, das folgte, hielt Draco nicht lange aus.
„ich hab dich vermisst.", murmelte er schnell und leise, aber Potters erstauntem Gesicht zufolge war es deutlich genug gewesen.
Zum Glück ermahnte ihn ein Heiler im Vorbeigehen dazu, weiterzuarbeiten. Draco hob kurz die Hand zum Abschied und wandte sich zum Gehen. Schnell machte er sich davon, mit klopfendem Herzen und einer Stimme im Kopf, die wieder und wieder rief: „Das hätte ich nicht sagen dürfen!"

Harry schwieg auf der Rückfahrt. Genauso wie die anderen auch, die Nevilles Eltern getroffen hatten. Irgendwie war Harry froh, dass niemand nachfragte, wo er gewesen war. Oder warum er so gedankenverloren aus dem Fenster des Wagens sah. Er selbst wusste ja auch nicht, was mit ihm los war. Warum war dieser eine Satz, der ihm die ganze Zeit durch den Kopf ging, so wichtig? Was war denn daran so schön, wenn er Malfoy hörte, wie er sagte, dass er Harry vermisst hatte? Wenn er es so leise sagte. So... schüchtern.
Harry wusste es nicht. Oder vielleicht wollte er es gar nicht wissen.

Draco versuchte, Potter aus seinen Gedanken zu verbannen. Er versuchte, nicht mehr an sein Gesicht zu denken oder diese furchtbar weichen Haare. Er versuchte, nicht an seine Stimme zu denken. Er versuchte und versuchte und versuchte. Aber es klappte nicht.
Beim Abendessen im Manor verschluckte er sich, als er dachte, den Namen „Potter" gehört zu haben und als er im Bett lag sah er nur die leuchtend grünen Augen vor sich.
Er fühlte sich echt wie ein Trottel. Wie ein verliebter, dummer Trottel. Und schlaflos noch dazu!
Er setzte sich auf, legte sich wieder hin. Warum machte diese eine Begegnung mit Potter ihn so rastlos? Warum wirbelte sie alles wieder auf, was er während den Ferien erfolgreich verdrängt hatte?
Verdammt.
Nachdem er kurz eingedämmert war, wieder hochschreckte und sich fragte, warum zum Teufel er gerade gemeint hatte, Potters um einiges sanftere Stimme gehört zu haben, setzte er sich an seinen Schreibtisch. Er musste seine Gedanken ordnen! Er griff also nach Papier, Feder und Tinte und dachte über den ersten Satz nach. Er wollte das alles nicht zu offensichtlich machen, wenn seine Eltern das fanden, wäre er tot, aber er wusste nicht, was er anderes schreiben sollte als: „Ich liebe ihn."
Aber dann kam ihm eine Idee.
Er tunkte die Feder in die Tinte und fing an zu schreiben...
Es war tiefe Nacht, das Malfoy Manor lag still da. Einzelne Schneeflocken fielen leise herab und bedeckten die Ländereien rund um das große Haus. Eine Eule rief ein leises „Schuhu", die Sterne funkelten. Es war ein beruhigender Anblick. In einem Zimmer des Manors saß ein weißblonder Junge, gebeugt über ein Blatt Papier, das er in einer ordentlichen Schreibschrift beschrieb. Die Feder kratzte leise über den teuren Briefbogen. Der Junge runzelte die Stirn, überlegte kurz und schrieb dann weiter. Schließlich tunkte er die Feder ein letztes Mal in die Tinte und unterschrieb mit einer schwungvollen Bewegung.
Vor ihm lag nun ein Brief, den er immer und immer wieder durchlas, damit er bloß nichts übersah. An der einen Stelle besserte er sein „a" aus, dass es schöner aussah und lehnte sich dann zufrieden und müde zurück.
Er schlief ein, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch, den Mund leicht geöffnet und hätte der Empfänger des Briefes ihn so gesehen, hätte er den Hass wohl vergessen und den friedlich schlafenden Draco Malfoy geküsst.
Aber er sah ihn nicht und wusste auch noch gar nicht, was er fühlte. Und es würden noch viele Komplikationen auf die beiden zukommen.


Hiiiii! Jap, ich weiß. Ihr wisst wahrscheinlich nicht einmal mehr, wer ich bin. Aber vielleicht wollt ihr ja trotzdem weiterlesen? Hoffentlich! Denn jetzt werden alle Kapitel von "Mad about you" hochgeladen. Genau! ALLE! Also, bis gleich :)

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