~ VIER ~

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"Du bist besser geworden!"

Ich musste mich nicht umschauen, um zu wissen wer gesprochen hatte. Missmutig murmelte ich ein danke und stellte mich dann wieder hinten an. Auch die anderen drei, welche grade zurückgekommen waren stellten sich an. Und er musste natürlich genau hinter mir stehen.

"Bitte. Ich hab's gehört, auch wenn du gemurmelt hast. Kannst ruhig deutlich sprechen."

Kurz wendete ich mich zu dem schwarzhaarigen, schaute dann aber gleich wieder nach vorne. Ich hatte keine Lust mit ihm zu reden. Er meint ja das alles nach einer Sommerpause einfach wieder gut ist. Da reicht eine einfache Entschuldigung nicht mehr. Nicht wegen des Streites, nein. Sondern weil er mich den ganzen sommer gemieden und ignoriert hat.

Nachdem ich zehn Aufschläge gemacht hatte, lief ich rüber zu Noya um ihn abzulösen. Er machte jetzt auch ein paar Aufschläge mit den anderen. Ich sollte sie als Libero annehmen. Kageyama stand Links ganz vorne und Asahi rechts. Asahi hatte den ersten Aufschlag. Er warf den Ball hoch und schlug zu mir rüber. Spielend leicht nahm ich ihn genau von vorne an, er war so leicht, dass er kaum hörbare Geräusche machte, als er auf meine Arme traf.

"Das war nicht dein stärkster Aufschlag. Wohl eher dein schwächster oder?"

Asahi sah betroffen zur Seite. Er wollte mich schonen. Hatte kaum zu geschlagen. Weil ich ein Mädchen war. Wenn ich eins nicht leiden kann, dann typische Geschlechter-Rollen. So sehr es mir auch schmerzte mit ihm zu reden wandte ich mich Kageyama zu.

"Tobio, zeig ihnen doch deinen Aufschlag. Du hast ihn noch nicht verwendet. Hast nur gemacht, was die anderen auch machen. Wir haben das zu oft geübt, es wäre schade drum."

Er nickte mir zu und ging einen Schritt zurück und stellte sich konzentriert fest auf beide Füße. Er drehte den Ball einmal in seinen Händen und lies ihn dann auf seiner linken Hand Ruhen. Fokussierte diesen und holte mit der rechten Hand von unten nach hinten aus. Dann schaute er mir noch einmal kurz in die Augen bevor er seine Hand nach vorne sausen ließ und den Ball mit voller Wucht schlug. Der Ball flog hoch, jedoch nicht hoch genug um an die Decke zu stoßen.

Ich beobachtete den Ball genau um seine Flugbahn zu sehen. Er kam ein wenig kurz und sie lief ich schnell weiter vor ans Netz. Als der Ball näher kam, sah ich allerdings, das er weiter nach rechts kam als ich gedacht hatte. Schnell machte ich einen Ausfallschritt nach rechts und ging etwas runter und bekam den Ball gut auf meine Unterarme. Es gab ein lautes Geräusch, als der Ball auf meine Arme traf. Danach flog er wieder ziemlich hoch genau über den Kopf des imaginären Setters. 

"Du bist auch besser geworden. Hast du wen zum trainieren gefunden?"

Es freute mich zu sehen, dass sein Aufschlag nun schon so gut ist. Auf der anderen Seite allerdings fuchste es mich, dass er wen zum trainieren gefunden hat. Das ich anscheinend ersetzbar bin für ihn. Das er den Aufschlag, den wir zusammen ausgeklügelt und auf ihn angepasst haben einfach mit einer fremden Person trainiert hat. 

Nein geht raus aus meinem Kopf, ich muss mich hier rauf konzentrieren.

"Seht ihr, ihr könnt ruhig mit voller Kraft zu schlagen. Ich bin nicht aus Zucker und bekomm eure Bälle schon irgendwie."

Die anderen nickten und schlugen ab jetzt auch ernsthafte Aufschläge. Nur Asahis waren nach wie vor ein wenig lasch, aber ich denke das kommt schon noch mit der Zeit.

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Nach dem Training durfte ich mich zuerst umziehen und danach waren die Jungs dran. Suga erinnerte uns noch daran, dass morgens vor der Schule um sechs Uhr noch freiwilliges Training stattfindet. Als ich fertig war, rief ich ihnen von oben schon zu, dass sie sich jetzt umziehen können und schlenderte dann die Treppe hinunter. Auf halbem Weg stürzte mir Kageyama entgegen. Er hatte es wohl eilig noch irgendwo hin zu kommen. Aber mehr Gedanken machte ich mir darüber nicht mehr.

Ich lief Richtung Haupttor und dann rechts den Feldweg entlang. Dieser Weg dauerte zwar knapp zehn Minuten länger als auf der Straße, aber ich genoss die Natur. Mit geschlossenen Augen lief atmete ich die frische Frühlingsluft ein und genoss jeden Schritt. Ich war froh auf diese Weise mal abschalten und den ganzen Stress von heute vergessen zu können. Es war doch schon sehr anstrengend mit den ganzen Jungs. Und es wird wahrscheinlich auch noch eine ganze weile dauern, bis sie sich daran gewöhnt haben, dass ein Mädchen mit ihnen trainiert. Und noch viel mehr, dass ich genauso stark war wie sie und das sie sich nicht zurück zu nehmen brauchen. Wenn ich daheim bin, werde ich mir erstmal etwas leckeres zu essen machen und dann meine Hausauf..

"NANAMIIIII!"

Na super. Das wars dann mit dem abschalten und runter kommen. Ich war noch nicht erlöst von dem heutigen Stress. Widerwillig blieb ich stehen und wartete bis er mich eingeholt hatte.

"Was willst du Tobio?"

"Hör zu Nanami, ich weiß ich hab Mist gebaut und ich kann es verstehen, wenn du mir nicht verzeihen willst oder nie wieder mit mir befreundet sein willst. Aber ich wollte dir sagen es tut mir leid, dass ich dich weggeworfen, ignoriert und gemieden habe. Ja ich habe mit anderen trainiert. Auch unseren Aufschlag, aber du musst mir glauben, ich hab immer an dich gedacht. Wie du den Ball auf der anderen Seite annimmst. Wie schnell du immer da standest, wo der Ball hin kam und ihn dann direkt zum Setter gespielt hast. Mir ist klar geworden, dass ich dich verletzt habe, als ich dich vorhin gesehen habe. Du bist noch nie laut geworden, und jetzt ausgerechnet bei mir. Es tut mit leid. Ich vermisse dich als Freundin und Stütze. Ich hoffe, wir können wieder Freunde sein. Du warst die einzige, die mich akzeptiert hat wie ich bin."

Meine Wangen glühten und waren wahrscheinlich knall rot. Tränen sammelten sich in meinen Augen und liefen mir über die Wange. Kageyama hatte die ganze Zeit auf den Boden gesehen, doch als unweigerlich ein leises schniefen meinen Mund verließ schnellte sein Kopf hoch. Seine Augen weiteten sich und er starrte mich an. 

"Wie kannst du sagen, du hast die ganze Zeit an mich gedacht, hast mich vermisst als Freundin und mich dennoch den ganzen Sommer ignorieren. Du hast verdammt noch mal nicht ein einziges mal auf meine Nachrichten oder Anrufe reagiert. Du hast mich aus deinem Leben verbannt und ich wusste nicht, was ich ohne dich machen sollte. Den ganzen Tag habe ich trainiert das meine Mutter Angst bekam ich würde bald kollabieren.  Als ob dir erst jetzt klar wurde, dass du mich verletzt hast. Ich dachte wir wären besser befreundet gewesen, sodass du sowas eher merkst. Ich habe dich auch vermisst, aber das wusstest du. Was wäre, wenn wir uns nicht heute in der Turnhalle getroffen hätten. Wenn wir einer Konfrontation aus dem Weg hätten gehen können. Wäre dir das dann auch aufgefallen? Hättest du mich dann angerufen, weil dir deine Beste Freundin fehlt? Hättest meine Nachrichten beantwortet oder bei mir geklingelt? Wäre dir dann auch klar geworden, dass du mich verletzt hast?"

Nun flossen die Tränen in Strömen über meine Wange und meinen Hals hinunter. Ich konnte es nicht glauben. Es war so viel passiert. An einem Tag hatte sich mein ganzes Leben mehrmals gewandelt und nun auch noch das. Ich war fertig mit den Nerven. Langsam lies ich mich nieder gleiten und saß dann auf dem Boden. Meine Arme um die Beine geschlungen und den Kopf in den Knien vergraben.

"Es tut mir wirklich leid."

Hörte ich es direkt an meinem Ohr flüstern. Kurz darauf spürte ich wieder zwei starke Arme, welche mich in eine feste Umarmung schlossen. Ohne es zu merken, öffnete ich mich zu ihm hin, schlang meine Arme um seinen Oberkörper und vergrub mein Gesicht an seinem Hals und weinte nur noch meinen ganzen Frust, welcher sich im Sommer aufgestaut hatte raus.

Ich weiß nicht wie lange wir so dort saßen. Als ich mich etwas beruhigt hatte löste sich Kageyama aus der Umarmung, stand auf und zog mich mit hoch. 

"Es wird schon spät, wir sollten langsam nach Hause gehen." 

The Only GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt