Kapitel 4

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Sommer 2019

Die Sonne scheint am nächsten Morgen durch die großen Fenster ins Wohnzimmer und weckt Julia, die neben Filip auf dem Sofa geschlafen hat.

Draußen erkennt man erst jetzt während der aufgehenden Sonne, was das Unwetter gestern Abend alles angerichtet hat. Äste und Blätter der umstehenden Sträucher und Bäume liegen überall herum und verschmutzen den Pool. Es sieht wild um die große Villa aus und es wird wahrscheinlich einen ganzen Vormittag dauern, wenn man es aufräumen möchte.

Julia dreht sich ein wenig zur Seite, damit sie nicht mehr von der Sonne geblendet wird und blickt in das noch schlafende Gesicht von Filip. Seine Haare stehen wild von seinem Kopf ab und es scheint, als hätte er sich in den letzten Stunden mehrmals hin und her gedreht.

Sie muss lächeln. Der Abend mit Filip ist genau die Ablenkung gewesen, die sie im Urlaub neben der Entspannung gesucht hat.

Sie hat neue Leute kennenlernen, nette Gespräche führen und Lachen wollen und genau das hat sie gestern mit Filip und am Anfang noch mit Zlatko getan.

Julia kann sich nicht daran erinnern, wann sie in den letzten Wochen so viel und so herzlich gelacht hat wie gestern. Vor allem Zlatko hat am Anfang einen Witz nach dem anderen gerissen. Er hat zwar nicht so gut Deutsch gesprochen wie Filip, aber das, was er gesagt hat, ist verständlich gewesen und dazu noch unglaublich lustig.

Dazu kommt noch, dass sie nicht weiß, wann sie jemals einfach so mit jemanden, den sie nur für ein paar Stunden kennt, nach Hause gegangen ist. Eigentlich hat sie das noch nie gemacht.

Zu groß ist immer die Angst gewesen, dass sie an komische Leute gerät und ihr irgendwas passiert. Immerhin kann jemand im Gespräch noch so nett und sympathisch rüberkommen, aber was in seinem Kopf vor sich geht, kann man ja nicht wissen.

Natürlich hört sich das paranoid an. Nicht alle Menschen, die man kennenlernt, haben schlechte Absichten. Wahrscheinlich ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass man genau so einen Menschen kennenlernt, sehr gering.

Aber Julia geht bei sowas lieber auf Nummer sicher. Ihr selbst ist noch nie etwas passiert. Sie hört es immer nur aus den Nachrichten, liest es in der Zeitung oder hört es nebenbei im Radio. Sie ist aber der Meinung, dass es jedem passieren kann und da schließt sie sich nicht aus.

Diese Gedanken hat Julia bei Filip aber nicht gehabt. Sie hat sich von Anfang an wohl und sicher gefühlt und hätte nie daran gedacht, dass ihr etwas passieren könnte.

Julia wendet ihren Blick von Filip ab und richtet sich langsam auf. Die Villa ist traditionell eingerichtet. Genau gegenüber von ihr befindet sich ein alter offener Kamin, den man benutzen kann, wenn die Tage wieder kürzer werden.

Nur zu schön stellt sie sich es vor, wenn im Kamin ein Feuer lodert und man eingekuschelt auf dem großen Sofa liegt und in das Feuer schauen kann.

Links neben dem Kamin steht ein großer alter Holztisch, der als Esstisch wahrscheinlich gedacht ist, denn rechts neben den Kamin befindet sich eine Schiebetür, wo man in die Küche gelangt.

Julia schlägt die leichte Decke beiseite und steht vorsichtig auf, um Filip nicht zu wecken.

Sie blickt an sich herunter und merkt, dass sie immer noch die Klamotten trägt, die ihr Filip gestern Nacht gegeben hat. Ihr Kleid ist so durchnässt gewesen, dass es von alleine an ihrem Körper nicht mehr getrocknet ist.

Barfuß tapst die junge Deutsche in die Küche, um etwas zu trinken. Das ist das, was Julia wirklich am meisten hasst, nachdem sie etwas getrunken hat: Der Nachdurst am nächsten Morgen.

Julia nimmt ein Glas aus dem Regal, was sich direkt über dem Waschbecken befindet und füllt es mit Wasser. Sie ist sich nicht sicher, ob man das Leitungswasser wirklich zum Trinken verwenden kann - manchmal ist das ja in südeuropäischen Ländern nicht der Fall - doch ihr Durst ist zu groß und sie trinkt es in einem Zug aus.

Die kühle Flüssigkeit läuft ihre Kehle hinunter und sorgt dafür, dass sich ihr Hals nur noch halb so trocken anfühlt wie vorher.

Erst jetzt erblickt Julia die kleine Uhr, die zwischen mehreren kleinen Bildern an der Wand hängt, die Richtung Wohnzimmer führt.

Die Bilder zeigen vor allem Landschaften. Das Meer, Felder, aber auch Berge sind zu sehen und als Julia näher herangeht, sieht sie die feinen Pinselstriche, die jemand vor wahrscheinlich langer Zeit getan hat.

Ihr Blick schweift aber wieder zur Uhr. Die Zeiger zeigen erst kurz nach Fünf Uhr an und Julia findet es erstaunlich, dass sie sich relativ ausgeschlafen fühlt, obwohl sie nur so kurz geschlafen hat. Sie weiß aber auch, dass noch eine Phase am Tag kommen wird, wo sie es bereuen wird, dass sie sich jetzt nicht wieder zu Filip gelegt hat, um weiter zu schlafen.

Ihr Terminkalender lässt es aber leider nicht zu, sich wieder hinzulegen. Julias fliegt in einigen Stunden wieder zurück nach Deutschland, muss dafür noch ihren Koffer in Ordnung bringen und eine Dusche vor dem Flug täte ihr wahrscheinlich auch ganz gut.

Sie stellt ihr benutztes Glas auf der Anrichte ab und geht zurück in das große Wohnzimmer, wo Filip immer noch in der gleichen Position seelenruhig liegt und schläft.

Ein weiterer Grund, warum sie sich jetzt aber nicht wieder zu Filip legt und einfach weiterschläft, ist, dass sie es einfach nicht kann. So schön der Abend auch mit Filip gewesen ist, so gut sie sich auch verstanden haben, Julia ist in diesem Moment noch nicht bereit, dass es zwischen ihnen vielleicht ernster werden könnte.

Zu groß sind noch die Narben in ihrem Herz, die nach der Trennung mit Max entstanden sind. Julia kann es nicht leugnen und gesteht es sich auch selbst ein. Sie hängt noch an ihrem Ex-Freund und ist noch nicht bereit für etwas neues.

Natürlich tut es ihr leid, dass sie jetzt einfach so gehen wird, ohne ihn persönlich verabschiedet zu haben, aber sie ist der Meinung, dass es besser ist. Sie weiß aber auch, dass sie es vielleicht in ein paar Wochen oder Monaten bereuen werden wird, aber dieses Risiko geht sie ein.

Um dann trotzdem nicht ganz ohne Verabschiedung zu gehen, hinterlässt sie eine kleine Nachricht in der Küche auf einem Post-it. Julia stillt damit ihr Gewissen, was ihr sonst in ein paar Stunden ein schlechtes eingeredet hätte.

Erst danach nimmt sie ihr Kleid, was mittlerweile getrocknet über einem Stuhl hängt, zu sich und zieht sich um.

Die Villa verlässt sie kurz darauf, barfuß, um nicht zu viel Krach zu machen und nicht doch noch jemanden zu wecken.

++++

Puuuh, ich komme bei dem schönen Wetter gar nicht dazu, neue Kapitel zu schreiben. Das Kapitel habe ich vor ein paar Wochen schon geschrieben und habe auch noch zwei weitere auf Lager. So schnell wird es hier also nicht langweilig.

Ich werde auch mein bestes geben, schneller zu updaten (: kann aber nichts versprechen.

Summer Love - Filip Kostic FanFiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt