Ein Versprechen für die Ewigkeit

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"Dann jedoch kam der Krieg und Boromirs Pflichten als Hauptmann führten ihn immer wieder fort aus Gondor. Die Angst, ihn zu verlieren, quälte Mich in diesen Tagen und Ich betete jede Nacht zu den Valar, sie mögen ihn Mir wohlbehalten zurück bringen. Meine Gebete wurden erhört, Boromir kehrte ohne große Verletzungen heim. Doch der Herr Denethor war nicht so freigiebig mit seinen Segenswünschen, so blieb Uns nichts anderes übrig, als einander heimlich zu treffen.

Die Monate vergingen. Boromir wurde unruhig, sprach davon, Mich auch ohne den Segen seines Vaters zur Gemahlin zu nehmen, wenn es sein müsse. Doch gleichwohl auch Ich erschöpft war von den Lügen und mein Herz sich danach sehnte, Mich endlich zu Boromir bekennen zu können, bat Ich ihn um Geduld. Unsere Ehe sollte nicht unter solch schlechtem Stern beginnen, außerdem hatte er die Pflichten als Hauptmann gegenüber seinen Männern zu erfüllen.

Dann kam die Schlacht um Ostgiliath. Das Wissen, dass Ihr beide auf diesem Schlachtfeld kämpftet, bereitete Mir regelrechte Qualen. Stundenlang stand Ich dort oben im Garten und blickte in die Ferne, wo der Tod tobte. Zu diesem Zeitpunkt waren noch kaum Verwundete in den Häusern der Heilung eingetroffen, doch Wir alle fürchteten, es bliebe lediglich eine Frage der Zeit, bis die Woge an Verletzten und Sterbenden Uns überschwemmen würden. Ich hoffte bloß, dass keiner von Euch beiden darunter sein würde.

Doch entgegen Meiner Befürchtungen siegte Gondor. Ihr beide siegtet. "

Tränen stiegen dem Prinzen Ithiliens bei diesen Worten in die Augen. Sie waren sich so ähnlich gewesen, Beorid und Boromir. Beide waren nie müde geworden, zu betonen, dass ganz gleich, was sein Vater sagte, Faramir ein guter Mann und ein guter Anführer sei.

Er konnte sich noch gut an diesen Tag erinnern, an Boromirs Worte und an die seines Vaters.

„Sie sagen, fast im Alleingang hättest du den Feind bezwungen", hatte Denethor zu seinem Erstgeborenen gesagt und diesen voller Stolz in die Arme geschlossen, während Faramir einige Schritte hinter seinem Bruder gestanden hatte. Hoffnung loderte in seiner Brust, endlich ein lobendes Wort für seinen Mut und ihren Sieg von dem Mann zu erhalten, für den er alles getan hätte.

Boromir, der seinen kleinen Bruder kannte wie kein anderer, hatte davon gewusst und alles getan, damit dieser sehnliche Wunsch erfüllt wurde. Doch der Herr der Stadt hatte kein gutes Wort für seinen jüngeren Sohn übrig, dem sich die enttäuschten Worte tief in die Seele brannten: „Hätte Faramir seinen Teil geleistet, stünde die Stadt noch."

Wären nicht Boromir und Beorid gewesen, Faramir hätte sich selbst bereits viel früher aufgegeben, um seinem Vater zu Willen zu sein. Doch die beiden hatten ihn immer spüren lassen, dass ihnen etwas an ihm lag und dass der junge Heermeister Gondors einen Wert besaß.

Faramirs Herz schmerzte, so sehr vermisste er die beiden. Seine Kehle fühlte sich mit einem Male staubtrocken an, sodass der Mann sie mit einem Schluck Wein befeuchten musste, ehe er sich wieder dem Brief zuwenden konnte.

„Ihr beide siegtet. An diesem Tag konnte Boromir euren Vater endlich dazu überreden, der Hochzeit sein Einverständnis zu geben. Jedoch verlangte Herr Denethor, das Boromir zuvor etwas für ihn erledigen müsse.

Trunken vor Glück nahm Boromir mich in dieser Nacht in den Arm, küsste mich und sagte: 'Wenn ich heimkehre, werden wir Hochzeit halten, mit dem Segen meines Vaters und allem, was du dir ansonsten noch wünschen kannst!'

In diesem Augenblick war ich glücklich wie nie zuvor, doch der Augenblick währte nur kurz, denn dann erzählte Boromir von dem Auftrag seines Vaters und mein Herz ward bang. Noch am nächsten Tage sollte er nach Bruchtal aufbrechen, eine weite Strecke, für die man viele Monate braucht. Ich flehte, er solle die Angelegenheit noch einmal überdenken, doch Boromir lächelte bloß und sagte, dass ihm kein Weg zu weit sei, solange ich am Ziel auf ihn warten würde.

In dieser Nacht hielt er um meine Hand an. Nicht bei meinem Vater, dazu fehlte uns die Zeit, denn die gemeinsamen Stunden, die uns blieben erschienen viel zu kostbar, doch gab er mir seinen Ring. Danach vollzogen wir zum ersten und einzigen Mal den Akt der Liebe, ein Versprechen für die gemeinsame Zukunft.

Und als der Morgen dämmerte, schwor Boromir mir ewige Treue, bevor er fort ritt."

Nur zu genau erinnerte Faramir sich an diesen klaren Morgen Anfang Juli des letzten Jahres, wenn er auch zu diesem Zeitpunkt nicht den leisesten Schimmer einer Ahnung gehabt hatte, was dieser Tagesanbruch für seinen großer Bruder wirklich bedeutete.

Die Sonne war gerade erst aufgegangen, hatte die Stadt noch nicht in die glühende Hitze des Sommers getaucht. Er selbst wäre an diesem Morgen liebend gern aufgebrochen, um nach Bruchtal zu reiten, nicht wie Boromir, der sich nur dem Willen ihres Vaters beugte. Beneidet hatte Faramir den Erstgeborenen, darum dass er die Elben sehen sollte und all die Wunder, welche Mittelerde zu bieten hatte. Das Wissen darüber, dass der Vater nur dem Älteren der beiden Brüder diesen wichtigen Auftrag anvertrauen wollte, hatte ihn geschmerzt. Traurig war Faramir ebenfalls gewesen und besorgt, denn es war eine weite und gefährliche Reise.

In den Augen Boromirs hatte der Jüngere keine Freude über den Aufbruch finden können, nur Widerstreben seine Heimat und alles, was ihm lieb und teuer war, zurück zu lassen. Dennoch saß der Hauptmann, den Faramir zu diesem Zeitpunkt mehr als alles andere je geliebt hatte, aufrecht im Sattel und nur die grauen Augen verrieten, was in ihm vor ging.

„Merk dir den heutigen Tag, kleiner Bruder." Es waren die letzten Worte gewesen, die Boromir jemals an ihn richten würde.

Von Tod, Liebe und HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt