Kapitel 29:

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Zurück in Asgard muss Thor noch etwas mit Odin besprechen. Immer hin haben wir Verrät an ihn ausgeübt, um aus Asgard zu entfliehen. Er wird auch bestimmt einige Worte an mich richten und darauf mache ich mich bereit. Unterwegs zum Palast habe ich mir schon meine Strafe vorgestellt. Das Schlimmste wäre ein Bann aus Asgard und das für immer. Aber die Asen feiern uns, als sie uns sehen. Sie wissen, was wir getan haben. Durch die Konvergenz haben sie es mit eigenen Augen gesehen.

„Thor! Freya!", ruft eine Stimme, als wir am Hauptplatz vor dem Palast antreffen.

„Hogun, mein Freund." Thor umarmt diesen.

Er strahlt über beide Ohren. „Ich habe gesehen, was ihr getan habt. Der Dank sei euch geschenkt worden sein."

„Danke."

Ich habe Hogun seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Seine Haare um ein ganzes Stück gewachsen und er sieht wie verändert aus. Ich habe erst seit kurzem erfahren, dass er nicht aus Asgard kommt und in seinem Heimatplaneten Vanaheim normalerweise lebt.

„Odin möchte euch beide sehen.", sagte er schließlich ernster und die Lage verändert sich sofort.

Als wir an Hogun vorbeigehen, hält Thor mein Handgelenk fest, sodass wir beide wenige Meter stehen bleiben. „Freya, ich danke dir, was du heute getan hast. Ohne dich, hätten wir es niemals so weit geschafft."

„Ohne mich, wäre es auch niemals so weit gekommen."

„Besser, dass es jetzt passiert ist, als in hundert Jahren." Er lässt mein Handgelenk los und schmunzelt zu mir herunter. „Egal was da drinnen passiert... Odin wird uns verzeihen."

Ich runzele die Stirn. „Bist du dir da so sicher?"

„Er ist mein Vater. Ich kenne ihn."

Ich atme erleichtert auf und betrete mit ihm den Palast. Von weitem entdecken wir Odin, welcher erwartungsvoll auf seinem Thron sitzt und uns anstarrt. Als wir bei ihm angekommen sind, knien wir vor ihm nieder und halten unsere Hände an die Brust, zum Zeichen unser Treue und Vergebung.

„Thor...", fängt Odin leise an. „Du sagtest einst, es werde nie einen weiseren König geben, als mich. Du hattest Unrecht. Durch die Konvergenz wurden alle Neun Welten vereint. Alle sahen, wie ihr euer Leben riskiert hattet, um sie zu retten. Ich frage dich Thor, was kann Asgard seinen neuen König dafür bieten, als Dank?"

Thor denkt kurz nach und blinzelt mehrere Male mit den Augen. „Mein Leben." Dann erhebt er sich. „Vater, ich kann nicht König von Asgard sein. Ich beschütze Asgard und alle Welten bis zu meinem letzten Atemzug, aber das kann ich nicht von diesem Stuhl aus. Loki hat trotz seiner Wankelmütigkeit verstanden, was herrschen heißt, sowie ich es niemals könnte. Die rohe Gewalt, die Opfer. Das verändert einen."

Ich verstehe nicht ganz, was Thor mit all dem meint, doch ich kann es irgendwie nachvollziehen. Er hat sich sehr verändert, das sehe ich ihm an, aber trotz dieser Veränderung ist stets die Liebe in ihm geblieben. Seine Worte leuchten mir ein, doch ich finde, dass er aufhören soll. Er hat Recht, Gewalt verändert einen zutiefst. Ich hätte niemals geglaubt, dass ich je jemanden das Leben nehme und in den letzten Tagen habe ich über zwanzig Seelen das Leben genommen, ohne richtig nachzudenken, für was sie standen. Sie nahmen nur die Befehle ihres Obersten an und ich tötete sie, weil ich sie als Feinde ansah. Nicht, dass ich deren Tod bereue, doch ich bereue es zu einer Mörderin geworden zu sein.

„Ich wäre lieber ein guter Mann, als ein großer König.", fügt Thor hinzu und wartet auf die Antwort seines Vaters, die spät kommt.

„Ist das meinen Sohn, den ich da höre? Oder die Frau, die er liebt?"

„Wenn du sprichst, höre ich auch nicht Mutter.", meint Thor. „Es ist nicht für Jane, Vater. Sie weiß gar nicht, was ich dir hier sage. Ob du mir nun verbietest sie wiederzusehen oder sie zu meiner Königin machst, das ändert nichts."

„Ein Sohn, der den Thron viel zu sehr Begehrt und der andere will ihn nicht haben. Ist das mein Vermächtnis?"

Darüber habe ich wirklich nicht nachgedacht. Er war für Thor bestimmt den Thron zu besteigen, doch nun will er ihn nicht. Und Loki zerrte sich förmlich nach einem Thron und Macht zu besitzen. Das ist ziemlich verwirrend.

„Loki ist ehrenvoll gestorben und ehrenvoll möchte ich leben. Ist das kein stolzes Vermächtnis?", fragt Thor und schüttelt seinen Kopf.

Odin nickt leicht. Thor weiß was zu tun ist und hält seinen Hammer zu Odin hin, damit er ihn nehmen kann. Da Thor kein König sein will, ist er dem Hammer auch nicht würdig. So sagt es jedenfalls diese Prophezeiung.

„Es möge dir gehören, wenn du dich seiner würdig erweist."

„Das werde ich versuchen."

„Ich kann dir weder meinen Segen geben, noch dir viel Glück wünschen."

„Ich weiß.", erwidert Thor.

„Wäre ich stolz, auf den Mann, der meinen Sohn geworden ist, könnte ich selbst das nicht sagen. Er bespräche damit nur mein Herz..." Odin lächelt Thor kurz an. „Geh, mein Sohn."

„Danke, Vater."

Thor geht davon und ich erhebe mich langsam. Ich will vor dem König von Asgard nicht unhöflich klingen, also schaue ich ihn an und warte auf Worte für mich.

„Freya...", murmelt er leise und mit einem ausdruckslosen Gesicht. „Ich hätte niemals geglaubt, dass so viel Mut in dir steckt. Deine Mutter wäre stolz auf dich... und vor allem dein Vater."

Ich weiß nichts zu sagen und lächele ihn stattdessen an. Ich verneige mich kurz vor ihm, und drehe mich langsam um, währendem Odin sich an seinem Thron zurücklehnt und ich hinter Thor den Palast verlasse.

Freya: The Dark WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt