Kapitel 9 *Sophias Sicht*

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Kapitel 9

Ich schreie auch noch nachdem ich aufgewacht bin so laut ich nur kann. Mein Trägertop ist von meinem Schweiß durchnässt und klebt an mir fest. Und Schweißperlen tropfen von meiner Stirn herab. Mir scheint es als bekomme ich wieder keine Luft. Während ich so schreie kommt Timo plötzlich mit einer Tasse Kaffee durch die Tür, als er merkt wie ich schreie fällt ihm der Kaffee auf den Boden. Doch er hat nur Augen für mich, rennt zu mir und fragt was los sei. Mit geweiteten schockierten Augen versucht er mich zu beruhigen, er streichelt mich am Rücken, doch als ich ohne zu Blinseln ihm sage: „ Timo, ich werde sterben!!“ Wir er kreidebleich, sieht mich an als wäre ich ein Geist, ich bemerke auch wie seine Haare zu Berge stehen und wie er anfängt am ganzen Leib mächtig zu zittern. Timo schüttelt heftig mit dem Kopf und sagt immer wieder: „ Nein, nein, nein. Du, du, du nicht! Das verdienst du nicht!!!“ In diesem Moment kommt eine Ärztin herein verwundert sieht sie mit ihrem mitleidigen Blick von Timo zu mir, kommt auf uns zu und stolpert beinahe über den Kaffeebecher auf dem Boden, den Timo fallen gelassen hat. Ich sage ihr nur sie soll es schnell mach und sie teilt mir ihre Diagnose mit: 

KREBS-LEUKÄMIE= BLUTKREBS

Ich wusste es!!

Während die Ärztin das sagt, sackt Timo endgültig in sich zusammen und mir wurde auch bewusst mit dieser Diagnose werde ich einfach alles verlieren. Timo bekommt sogar glasige Augen und Tränen kullern über seine blassen Wangen. Ich stürze zu ihm hin und tröste ihn, ich hatte noch nie einen Jungen über 12 Jahre weinen gesehen. Das soll nicht bedeuten ich finde es schlimm, aber ich finde es einfach ungewohnt. Und ich fühle mich schrecklich, dass ich daran Schuld bin, dass er weint und das es ihm so schlecht geht.

Er ist 16, seine samtweiche Haut ist schnell von seinen Tränen durchnässt und mit flehenden blauen Augen sieht er mich an, die Ärztin war gegangen um uns alleine zulassen. „ Warum, warum wusstest du das?“, stotterte er hilflos. Mitleidig sehe ich ihn an und erkläre ihm, dass ich es geträumt hatte. Ich erzählte ihm den ganzen Traum und Timos Augen weiteten sich erneut und er sprach mit zittriger Stimme: „ Du darfst nicht sterben, du bist alles für mich!! Versprich mir, dass du kämpfen wirst. Du kannst mich nicht alleine lassen.“ Und während er das sagt zieht er mein Gesicht an sich. Seine warmen weichen Lippen liegen auf meinen, sie sind salzig von den Tränen, er riecht so gut und ich erwidere seinen Kuss. Meine Knie schlottern zum Glück sitze ich auf dem Bett. Als ich realisiere was ich da gerade mache, reiße ich mich von ihm los. Verwirrt sieht er mich an und ich sage ihm mit leiser flüsternder Stimmte: „ Ich kann und darf mich nicht in dich verlieben. Hör auf, bitte, ich bin krank. Ich……ich kann nicht“  Timo sieht mich an als hätte ich ihm die Augen ausgekrazt, er streichelt mir eine Haarsträhne die in mein Gesicht gerutscht ist hinter die Ohren. Unsere Blicke treffen sich und er streichelt über meine Wange, die inzwischen auch wieder voll Tränen ist. Timo erklärt mir, dass ich es nicht schaffen würde ihn von mir entfernt zuhalten und sagt mir er würde alles geben und um mich kämpfen, wenn ich es versuchen würde. Wäre ich nicht in so einer Situation würde ich es sehr süß finden und ihm um den Hals fallen, aber so ist es nicht. Ich habe KREBS und wer weiß wie lang ich noch Leben werde. Mit zittriger Stimme sage ich ihm: „ Ich bin wie eine tickende Bombe, ich werde explodieren und alles mit reißen. Ich will dir nicht wehtun und auch sonst niemanden!!“ Still steht er vor mir und schüttelt kräftig den Kopf. Ich weiß es ist ziemlich zwecklos ihn von mir fernzuhalten, aber ich mag ihn und will ihn nicht verletzen. Plötzlich meint Timo mit fordernder Stimme: „ Du wirst mir nicht weh tun. Du wirst nicht explodieren. Vielleicht verliebst du dich eines Tages in mich und wir gründen eine glückliche gesunde Familie und leben alle lange und gesund. Du kannst mich nicht davon abhalten um dich zu kämpfen. Ich bin für dich da. Ich liebe dich!!“ Gerührt sehe ich ihn an, er ist so süß. Doch an meinem Entschluss kann er nichts ändern KEINE BEZIEHUNG, NUR FREUNDE, so wie immer. Doch bevor ich ihm das mitteilen kann, kommt meine Mutter mit nassen Augen und zerzausten Haaren herein gelaufen, gefolgt von meinem Vater der auch glasige Augen hat und schaut, als ob er auf einer Beerdigung ist.  Meiner Beerdigung…

Auch mein kleiner Bruder Sebastian ist mitgekommen um seine große Schwester zusehen. 

Alle 3 wissen es, meine Diagnose, genau das macht es mir so schwer, wie soll ich ein halbwegs normales Leben führen, wenn die drei fast vor Angst und Kummer um mich umkommen. So schnell es geht versuche ich alle los zu werden, hört sich vielleicht hart an. Aber ich möchte alleine sein, schließlich erfährt man nicht jeden Tag, dass man Krebs hat und schon mit 16 Jahren sterben könnte und damit nie Kinder bekommen, eine Familie gründen und andere Dinge. Der Krebs nimmt mir die Möglichkeiten studieren zu können, eine Familie zu gründen, und vieles mehr, diese Diagnose ist das Ende meiner Träume, nun kann ich aufhören zu träumen. Ja, wie lang man lebt ist nie klar, aber seit meiner Diagnose weiß ich uns sehe ich erstmals ein wie kostbar und kurz das Leben ist, sonst sieht man es meistens selbstverständlich und ich muss zugeben ich war genau so, erst jetzt wird mir bewusst das es nicht selbstverständlich ist. Doch wenn ich Pech habe ist es nun zu spät.

H.O.P.E ~ Hold on, Pain ends...!!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt