Kapitel 2 // aungia // Zeichen

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Sie stand in vollkommener Dunkelheit. Nicht ein Ton wollte an ihre Ohren dringen und dennoch war es keine beängstigende Stille, nein, es war beinahe so, als wenn diese sie umarmen und willkommen heißen wollte, sich um die junge Na'vi legen, als wäre sie ein Teil von ihr. Doch sah Tia dies ein wenig anders, auch wenn dieser Traum nicht wie der zu sein schien, welchem sie sonst begegnete. Aufmerksam begann sie, ihren Kopf zu drehen und spitze ihre Ohren dabei, während ihr Schwanz aufgebracht hin und her peitschte. Fühlte sie sich hier doch alles andere als wohl. Doch gerade als sie einen Schritt in diese tiefschwarze Masse machen wollte, welche sie eingehüllt hatte, verharrte sie. An sich hinabschauend, verstand sie im ersten Moment nicht, was da mit ihr passierte, denn mit einem Mal wurde ihr ganz warm. Aber nicht auf eine unangenehme Art, nein, es war ein merkwürdiges und dennoch schönes Gefühl, was mit einem Mal ihren Körper durchfuhr und ihr an diesem, für sie unheimlichen Ort, ein Gefühl der Sicherheit gab. Dennoch sah sie nur sehr zögerlich wieder auf, während ihr Verstand versuchte, zu verarbeiten, was hier gerade passierte. Doch ehe sie dies auch nur im Ansatz verstanden hatte, wurde die Dunkelheit um sie herum von einem hellen und genauso warmen Licht verdrängt. Aber war das eigentlich Seltsame daran, dass Tia sich mit einem Mal nicht mehr unwohl, sondern willkommen fühlte. Als wenn die Große Mutter sich ihrer angenommen hätte, sie vor einer Gefahr beschützte, welche ihren Augen fernblieb, ihr Inneres dafür aber umso mehr beunruhigte.

Alles um sie herum kam ihr mit einem Mal sehr vertraut vor, als wenn Tia schon einmal hier gewesen wäre. Erneut den Ansatz machend, sich zu bewegen, verharrte ihr Körper aber nur wenig später erneut in seiner Bewegung, als eine sanfte sowie ruhige Stimme zu sprechen begann, welche sie keinem ihr bekannten Na'vi zuordnen konnte, was ohnehin nicht viele waren. Da sie alleine lebte und kaum mit einem sprach, waren ihr die Kinder Eywas doch schon immer die liebsten Gefährten gewesen, mit welchen sie ihre Zeit verbracht hatte, wann immer es ihr möglich war. Langsam, ihren Körper ein wenig anspannend, versuchte Tia dabei erneut angestrengt nachzudenken; die Frage auszusprechen, welche ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge lag: Wo war sie hier? Auch wenn eine innere Stimme tief in ihrem Herzen dies zu wissen schien. So auch erneut die Ohren spitzend und den Kopf in die Richtung drehend, aus der vermutlich die Stimme kam, nahm sie sich erst einmal vor, aufmerksam zuzuhören. Vielleicht würde das auch ihr Inneres beruhigen.

„Ich habe auf dich gewartet, Kind, was mit den Tieren spricht", erhob sich erneut diese sanfte und ruhige Stimme, ehe sie auch gleich fortfuhr: „Meine Kinder haben mir berichtet, dass du sanft und gütig zu ihnen bist, sie stets ehrst und damit schon mehr als einmal bewiesen hast, dass du würdig bist, eine der Unseren zu sein." Für einen Moment blieb es ruhig. So ruhig, dass Tia sich selbst atmen hören konnte, während ihre Augen immer größer wurden. Es schien wirklich die große Mutter zu sein, welche mit ihr sprach, auch wenn Tia nicht ganz klar war, warum sie dies tat. Doch gab es andere Momente, in welchen sie sich dies fragen konnte, denn offenbar war Eywa noch nicht mit ihrer Erzählung fertig. „Ich kann die Frage deutlich hören, welche dir auf der Seele liegt, doch sei beruhigt, mein Kind, alles hat einen Grund und es liegt nun an dir, diesen herauszufinden. Ich habe dir das Geschenk gemacht, mit meinen Kindern im Einklang zu leben. Du hast ja auch schon selbst bemerkt, wie sehr das Herz nach Freiheit ruft, welche dir niemand geben konnte." Wieder war es einen Moment still, doch nicht lange. „Es wird Zeit, dass du deine nächste Reise antrittst, hin zu den Deinen." Damit wurde es endgültig still, auch wenn die schützende Wärme um sie herum immer noch da war. Doch Tia wusste, dass die große Mutter mit ihren letzten Worten gegangen war, auch wenn ihre Hand nach wie vor über ihr ruhte, die junge Na'vi vor der alles verschlingenden Dunkelheit schützend. Eine lange Zeit stand Tia noch dort, versuchte zu verstehen, was die große Mutter ihr gerade mitgeteilt hatte, doch egal wie oft sie sich diese Worte auch immer wieder in ihrem Inneren vorsagte, waren diese nicht misszuverstehen. Eywa wollte, dass sie zurück ging, in ihren Kelutral, da offenbar ein großes Unheil bevorstand.

Mit einem Mal schlug die junge Na'vi nach endlosen Stunden wieder die Augen auf, doch ihr Blick ging nicht in das Blätterdach, wie es eigentlich der Fall sein sollte, sondern in das Gesicht ihres Gefährten, was ihr im ersten Moment einen Schauer der Angst durch ihren Körper fahren ließ, denn Eylan so plötzlich über sich zu sehen, war eine nicht gerade alltägliche Sache. Deshalb auch im ersten Moment wie erstarrt, drängte sich erst langsam die Erkenntnis in Tias Bewusstsein, dass sie offensichtlich aus ihre Schlafmatte gefallen war. Leise vor sich hin murmelnd, als sie sich dieser Sache immer bewusster wurde, schob Sie Eylans Kopf beiseite und deutete ihm mit einem kurzen Zucken ihres Schwanzes an, sich ein wenig zu entfernen, damit sie sich langsam hinsetzen konnte. Doch die Schmerzen, welche nur wenig später durch ihren Körper fuhren, ließen sie einen Moment innehalten, während ein leichtes unterdrücktes Stöhnen über ihre Lippen kam. Den Blick für einen Moment nach oben zu ihrer Schlafstätte gehen lassend, schüttelte sie danach ihren Kopf und stand langsam auf. Nach diesem mehr als komischen Traum konnte die junge Na'vi ohnehin nicht mehr schlafen.

Avatar- Tia's  ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt