14. Empfindungen

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Fast eine Woche war nun vergangen, seit ich von einem Gast zur Gefangenen wurde, seit der Joker herausgefunden hatte, wer genau ich war, seit er mich ganz unerwartet geküsst hatte. In dieser Woche verließ ich mein Zimmer nicht mehr, durfte es nicht. Wachen standen vor meiner Türe und trostlos saß ich immerzu auf meinem Bett oder dem Boden, grübelte darüber nach, was nun sein würde. Ich konnte mir keine Antwort geben zu der Frage, was der Joker nun von mir wollen könnte, wieso er mich geküsst hatte, wie lange ich noch zu leben hatte. Ich war einsam, schlief sehr schlecht, aß nicht gerade viel vor Sorge und Angst und es war einfach nur anstrengend. Ich hätte ihn belügen sollen. Hätte ich einfach irgendeine andere Geschichte erzählt, dann hätte er sich nie erinnert, doch das tat er. Die Wahrheit war ans Licht gekommen, er wusste, wer ich war und doch war seine Reaktion darauf merkwürdig gewesen. In Gedanken verloren fasste ich mir mit meinen Fingern an meine Lippe, glaubte manchmal mir den Kuss nur eingebildet zu haben, verstand nicht, wieso er das getan hatte. Ich hatte immer angenommen, jemand wie er hielt nicht viel von solchen Dingen, immerhin hatte er als einziger Kerl bisher es geschafft mich nie anzugaffen, wenn ich halb entblößt bei Gregorio im Club gearbeitet hatte. Er war immer anständig gewesen, hatte mich nie belästigt, es war so schräg. Durch diesen Kuss konnte ich überhaupt nicht sagen, ob ich nun weiterhin leben dürfte oder zu sterben hatte, ob es einen Plan für mich gab oder man nur darauf wartete, dass bei Andrew eine Zelle frei wäre, damit ich als nächstes gefoltert werden würde. Mir wurde schlecht von der Vorstellung, ich hatte genug in meinem Leben gelitten, doch ich wäre machtlos noch weitere Qualen zu verhindern.

Meine Zukunft sah nicht rosig aus, doch das tat sie die meiste Zeit nicht, dass ich überhaupt solange durchgehalten hatte, das war das wahre Wunder.

Es klopfte an der Türe und ich sah auf, als jemand eintrat, rechnete mit meiner nächsten Ration an Essen, doch der Mann, der an der offenen Türe stand, hatte nichts in der Hand, sah nicht so aus, als wäre es für irgendwas dergleichen gekommen.

„Mitkommen!", sagte er und verwundert erhob ich mich.

„Wohin?", fragte ich zögernd, merkte nur wieder, wie mein Magen sich drehte, ich es mit der Angst zu tun bekam. Wäre es das nun gewesen?
„Komm einfach mit!", sagte der Kerl sichtlich genervt und unsicher verließ ich mein Zimmer, folgte ihm langsam und spielte unterwegs hibbelig mit meinen Händen herum. Ging es nun zu Andrew? Würde der Joker mich selbst töten wollen? Würde ich überhaupt sterben? So viele Fragen, so wenige Antworten.

Wir liefen in die Garage und ich sah wie die Anwesenden alle stumm zu uns sahen, gespannt wirkten, während der Kerl mich zu einem dunklen Range Rover führte, wo er die Türe zur Beifahrerseite öffnete und ich überrascht zum Joker sah, der auf dem Fahrersitz auf mich wartete. Er sah nicht zu mir, als die Türe aufging, hatte das Lenkrad umklammert und sah starr nach vorne. Ihn zu sehen erstaunte mich jedoch. Ich war so perplex, dass ich kurz einfach nur dumm dastand, mich nicht rühren konnte, ihn lediglich musterte und gleich wieder an diesen verdammten Kuss dachte. Er trug einen dunklen Anzug, der leicht zu funkeln schien, seine Finger waren mit Ringen beschmückt und gern hätte ich ihn auch weiter angestarrt, doch der Kerl, der mich herbrachte, verhinderte das.

„Einsteigen!", sagte er, als ob ich schwer von Begriff wäre und ich stieg in das hochliegende Auto, wo die Türe schon zuknallte und ehe ich überhaupt nach dem Gurt greifen konnte, fuhr der Joker bereits durch das offene Tor, hinaus in das helle Gotham, das ich nun mal bei Tag sah. Hastig bemühte ich mich meinen Gurt anzulegen bei der rasenden Geschwindigkeit, mit der der Joker uns durch die Straßen der Stadt beförderte und unsicher krallte ich mich an dem ledernen Sitz fest. Sollte ich das Wort ergreifen? Das war das erste Mal, seit wir zusammen nur unter uns waren seit dem Kuss, dass ich ihn überhaupt seit diesem Moment zu Gesicht bekam, ich wusste gar nicht, was ich schon sagen sollte. Nervös sah ich immer wieder zur Seite, musterte ihn schüchtern, doch er schien eindeutig keine Absichten zu haben ein Gespräch zu beginnen und ich hatte zu viel Angst eines zu starten, sah lieber wieder aus dem Fenster und versuchte zu erahnen, wo er hinfuhr. Zuerst sagte mir die ganze Gegend nichts, doch ich kannte Gotham nun einmal eben überhaupt nicht, aber nach einer kurzen Zeit fuhren wir weg von den verkorksten Wohnhäusern, raus dem Trubel der Stadt in die reichere, wohlhabendere Gegend und schlagartig wusste ich, was sein Ziel war.

The Virgin Queen| Joker Story [18+]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt