Kapitel 27 ~ i just got scared

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Sicht Zara
   Ich laufe schweigend neben Frau Landers her, ich will nicht in die neue Klasse. Vielleicht sage ich einfach dass ich auf Toilette muss und haue dann ab? Aber dann müsste ich morgen hierher.
Oder ich springe aus dem nächsten offenen Fenster? Aber dann bin ich tot.
Zu spät für irgendeine Möglichkeit, sie bleibt stehen, guckt mich an und fragt ob ich bereit bin. Nein ich bin definitiv nicht bereit, nicke aber trotzdem.
Sie öffnet die Tür und geht zum Pult. „So ich bitte um Ruhe!" Frau Landers legt ihre Tasche auf den Tisch bevor sie zweimal in die Hände klatscht. Eine Gruppe von vier Mädchen sitzt noch immer auf Tischen, „ey ich meine euch alle! Mädels!" ruft nun Frau Landers mit energischer Stimme.

Als sich alle gesetzt haben fährt sie fort: „So wir haben eine neue Mitschülerin, ich möchte dass ihr sie mit Respekt behandelt und nett zu ihr seid. Stell dich mal selber vor." Ich zögere und fummel nervös an meinem T-Shirt. „Äh hallo ich bin Zara ich mache Eiskunstlauf und spiele Geige und Klavier." fordernd schaut mich meine Lehrerin an, doch ich wüsste nicht was die anderen angehen sollte wo ich herkomme oder sonst was. „Gut dann setz dich doch, neben Jana, Nia und Chantall ist noch ein Platz frei oder du setzt dich in die letzte Reihe. Such dir einen aus."

Meine Augen schweifen von dem hellblonden zum hellbraunen und schließlich zu dem dunkelhäutigen Mädchen. Zwei giftige Augenpaare Mustern mich kritisch mit einem abwertigen Blick. Nur das Mädchen mit den wilden Locken und der dunklen Haut lächelt mich an. Ich gehe also zu ihr und stelle meinen Rucksack neben dem Tisch ab. „Hi ich bin Nia." sagt sie zu mir, wird dann aber leise und schreibt den ganzen Unterricht nur noch.

Der Unterricht ist einfach und langweilig, in jedem Unterricht werde ich extra begrüßt, mir wird jedes Mal aufs Neue gesagt dass ich Bescheid sagen soll wenn ich ein Thema noch nicht hatte. Doch meistens bin ich die Einzige die sich meldet und die Antwort weis. Von Chantal, Jana und noch ein paar anderen werde ich angeguckt und sie tuscheln. Das nervt.

In den Pausen stehe ich alleine auf dem Pausenhof. Nia steht bei einer Gruppe mit vielen anderen Afrikanern, sie hat mir erzählt dass auf der Schule viele Afrikaner, aus ihrer alten Schule, sind die ein Auslandsjahr machen weil hier in Berlin die Partnerschule ist. Nicht dass ich ein Problem mit ihr und ihren Freunden hab nur würde ich mich wie ein Rassist fühlen wenn ich mich zu der Gruppe vertrauten stelle und zuhöre. Möglicherweise sage ich noch was Falsches und da sie mich auch nicht gefragt hat ob ich mich zu ihr stellen möchte habe ich es einfach gelassen.

Mathe ist zu Ende. Ein Mädchen mit dunkelbraunen Haaren, einem reizvollen Outfit und dem neuesten iPhone umgehängt, kommt zu mir und sagt: „Ricki, stell dich zu uns." tatsächlich scheint sie nett zu sein. Ich gehe also hinter ihr und den anderen lang, dazu zählen auch Jana und Chantal.

Auf den Pausenhof gucken mich alle abwartend an. „Und?" fragt mich ein großes Mädchen mit blau gefärbten Haaren. „Ähm? Wie und?" jetzt fühle ich mich doch nicht mehr so gut, an meinem Rücken spüre ich eine Wand, in einem Kreis um mich herum stehen die 7 Mädchen die mich seltsam angucken. Und mir echt Angst machen. „Bist du blöd? Was willst du hier?" „Ich bin mit meiner Familie umgezogen deswegen bin ich hier." antworte ich leise. „Was kannst du?" „Ähm also ich mache Eis- Eiskunstlauf" stottere ich, ich habe wirklich keine Lust hier gleich von irgendwelchen riesigen Mädchen verprügelt zu werden. Also straffe ich meine Schultern, lasse mir nicht mehr anmerken dass ich Angst habe und spreche mit starker Stimme weiter.

„Ich spiele Klavier und Geige mache Eiskunstlauf und bin echt gut darin, außerdem bin ich wirklich gut in der Schule." irgendwie macht es Spaß sie zu provozieren, jedoch könnte das ein Problem werden denn ich werde mit schlitzförmigen Augen gemustert. „Wo wohnst du?" wieder das Mädchen mit den Locken. „In einer Wohnung" provoziere ich weiter, daraufhin zieht sie ihre Augenbrauen hoch, streckt ihren Kopf kurz nach vorne und kräuselt ihren Mund indem sie die Lippen aufeinander presst. „Wo?" „In einer Wohnung nicht weit von hier." langsam reicht es mir, ich recke den Kopf um sehen zu können wie spät es ist. Da entdeckt mich Nia.

„Hey, Zara komm mit die Pause ist so gut wie vorbei lass und schon einmal reingehen." Nia lächelt mich an. Froh über die Erlösung gehe ich aus dem Kreis und mit Nia zusammen in die Schule.

Nach der Schule
   Ich verabschiede mich von Nia und gehe zu dem Parkplatz auf dem ich heute Morgen abgesetzt wurde. Ich kann Mamas Auto noch nicht sehen. Etwas weiter hinten auf dem Parkplatz steht ein schwarzes Auto das hupt, sobald es meine Aufmerksamkeit hat hört der Fahrer auf. Ich drehe mich zur Seite und nach hinten um sicher zu stellen dass ich gemeint bin denn ich kann immer noch nichts erkennen. Im Unterricht ist mir schon aufgefallen dass ich von der letzten Reihe aus sehr schwer das an der Tafel geschriebene erkennen kann.

Ich gehe also auf das Auto zu und kneife meine Augen ein wenig zusammen um zu erkennen wer drin sitzt, auf dem Fahrersitz sitzt Mama und neben ihr Kim.

„Hallo!" ich mache die hintere Tür auf und schmeiße meinen Rucksack neben mich. „Und wie war's?" zwei neugierige Köpfe drehen sich zu mir um. „Ähhh, gut." sage ich und nehme schnell mein Handy und drücke mir meine Ohrstöbbeln, wie ich sie nenne, in die Ohren.

Lena guckt Kim verwundert an, doch diese schüttelt den Kopf. Schätzungsweise weil sie ihr sagen will dass sie nicht weiter nachfragen soll, zumindest jetzt nicht.

Ich hab kein Bock mehr auf Schule, einen Tag schon da und direkt kacke gelaufen. Ich versinke im Rücksitz zwischen meinem Rucksack, der Sonne und der Musik.
Ich merke erst dass wir gleich zuhause sind als wir in die Tiefgarage fahren. Ich schalte mein Handy aus, nehme die Stöbbeln aus den Ohren und nehme meinen Rucksack schon in die Hand. Als wir geparkt haben steige ich aus, gehe auf die schwere Metalltür zu und halte diese den anderen beiden auf. Kim und Mama laufen vorweg und sind in ein Gespräch vertieft während ich langsam hinter ihnen herlaufe und auf meine Füße schaue.

Schon komisch, so kleine Dinger die einen so schweren Körper Jahrzehntelang durch die Welt tragen.

Wir verabschieden uns von Kim und gehen in unsere Wohnung. „Ich hol kurz mit Kiwi Essen möchtest du mitkommen?" ich werde aus meinen Gedanken gerissen, „nee ich bleib hier." ich nehme meinen Rucksack schleife ihn in mein Zimmer und gehe danach Hände waschen. Nachdem mir nichts besseres einfällt gehe ich in die Küche, räume den Geschirrspüler aus, decke den Tisch und setze mich anschließend auf das Sofa. Ich checke meine WhatsApp Nachrichten auf und schreibe Chiara dass ich sie vermisse und dass meine Schule lahm ist.

Sie antwortet nicht, also gehe ich in mein Zimmer und mache meine Hausaufgaben.

Mein neues, etwas anderes Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt