12 - Rauch

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CN: Trauma


Einer meiner größten Trigger ist Zigarettenrauch. Ich rieche ihn zehn Meter gegen den Wind. Dann stellen sich alle Nackenhaare bei mir auf. Dann ist es, als hätte man mich zehn Jahre in der Zeit zurückgeworfen. Und ich bin wieder _dort_.
In manchen Momenten kann ich es ganz okay aushalten, in manchen Momenten ist es extrem schlimm.

Das Menschen zu erklären ist schwierig.
Ich sage nicht: "Hört mal, ich hab ein Trauma und durch Rauch bekomme ich Flashbacks."
Ich sage: "Ich finde das eklig." Oder: "Ich bekomme davon Kopfschmerzen." Oder auch mal: "Manchmal kippe ich davon um." (Was nichtmal gelogen ist)

Die Menschen gehen damit ganz unterschiedlich um. Eine Freundin von mir, die eigentlich Kettenraucherin ist, bemüht sich, wenigstens nicht in geschlossenen Räumen zu rauchen, wenn ich da bin (was für sie, wie ich weiß, wirklich nicht einfach ist).
Eine andere Freundin (die aber wiederum vom Trauma weiß) hat extra die Zigarettenmarke gewechselt, (obwohl es ihre Lieblingssorte war), weil das die allerschlimmste Sorte für mich war. Und wenn sie weiß, dass wir uns treffen, raucht sie extra vorher nicht, auch, wenn es ihr schwer fällt.

Andere wiederum sind diesbezüglich recht rücksichtslos. Besonders bei Mitbewohnern aus meiner betreuten WG wundert mich das, denn die wissen (oder vermuten) vielfach, was das Problem ist. Aber es wird trotzdem draußen direkt vor der Tür geraucht, sodass alles durchs offene Fenster zieht (Obwohl es eine Raucherecke gibt!). Nicht nur einmal habe ich davon Panikattacken bekommen. Und nicht nur einmal habe ich diese Mitbewohner gebeten, bitte bitte NICHT vor der Tür zu rauchen. (Klar kann ich auch das Fenster zumachen. Aber bis ich checke, dass ich das machen sollte, ist es oft schon zu spät.)

Eine andere Mitbewohnerin hat auf einem WG-Ausflug, während ich einen Flashback hatte, geraucht und sich danach wieder zu mir ins Auto gesetzt.

Mein persönliches Highlight ist meine ehemalige Zimmernachbarin in der Klinik. Ich durfte die Heizung im Zimmer nicht anmachen, weil sie den Geruch eklig fand (und nein, da steckte nichts dahinter). Und ja, es war kalt. Sie aber wollte nach dem Rauchen nicht erst warten, ehe sie wieder aufs Zimmer kam.

Diese Rücksichtslosigkeit tut weh. Ich will nicht zehnmal einfordern, bitte diesbezüglich rücksichtsvoll zu sein. Ich will nicht jedes Mal auf zehn Metern Abstand gehen, wenn wir unterwegs sind und jemand raucht.
Ich will nicht ständig auf Habacht sein, wenn ich im Betreuungszimmer der WG bin, weil es mir eh nicht gut geht, in der Angst vor neuen Triggern.
Ich verstehe, dass Rauchen eine Sucht ist. Ich weiß, dass man es "nicht einfach lassen kann". Ich weiß auch, dass es ja mein Problem ist, und nicht das der anderen. Und ja, in manchen Momenten kann ich das ganz okay aushalten. Aber in manchen eben auch nicht.
Und ist es wirklich zu viel verlangt, ein paar Schritte mehr auf Abstand zu gehen, wenn man denn unbedingt rauchen muss? Und vielleicht noch fünf Minuten länger draußen zu bleiben, zum "Auslüften"?

Menschen, die nichts von meinem Hintergrund wissen, schaffen das ja auch. Wieso dann nicht auch die, die das Problem eigentlich genau kennen?

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