Kapitel 9

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POV Patrick

P-Pa-.. lle..", kam es leise aus ihm ächzend raus. Er stürmte an mir vorbei in sein Schlafzimmer. Sofort folgte ich ihm und fand ihm am Nachttisch etwas suchen. Es dauerte einige Sekunden, bevor er sich hin saß und weiter suchte. Ich ging näher zu ihm und ging schließlich neben ihn in die Hocke, woraufhin ich ihn leise fragte: „Was ist los Manu? Was suchst du?" Bevor er aber antworten konnte holte er ein kleines blaues Asthmaspray raus, steckte es in seinen Mund und drückte drauf. Er wiederholte dies einige male, bis er sich erleichtert zurücklehnte.

Er atmete einige Male durch und schloss seine Augen. „Fuck war das knapp..", sagte er in einer brüchigen Stimme. Vorsichtig hockte ich mich neben ihn. Er hatte den grauen Freedomsquad Hoodie an, weshalb ich leise schmunzeln musste. Sanft strich ich ihm über seinen Kopf. Ich räusperte mich und fragte leise nach. „Geht's?" Jedoch bekam ich nur ein kaum erkennbares Nicken. Er legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab und schloss die Augen. Er lies seine ganzen Gliedmaßen hängen und rührte sich keinen Zentimeter.

Auf dem Hoodie bildeten sich an beiden Armen kleine rote Flecken, die immer langsam größer wurden. Scharf zog ich die Luft ein und war wie versteinert. Er verletzt sich selbst?

Vorsichtig wollte ich seinen Hoodie hochziehen, jedoch griff Manu mit der anderen Blutigen Hand nach meiner und sprach leise: „Ich will kein Wort darüber hören, verstanden?" Man merkte dass er selbstbewusst klingen wollte, jedoch wusste ich, dass er gerade sehr litt. Nie einmal im Leben hätte ich es für wahr gehalten, dass sich Manu einmal selbst verletzen würde.

Ich wusste dass er mir gerade nicht den Grund sagen würde, denn dazu kannte ich ihn zu gut. Vorsichtig stand ich auf um zu den Medizinschrank zu gehen. Ich öffnete dieses und mir kamen wirklich massenweise an Medikamente entgegen.

Massenweise an Beruhigungsmittel, Schlaftabletten, Schmerztabletten und Tabletten gegen seine Allergien.

Es gab noch viele mehr, aber ich nahm einige Verbände heraus und ging wieder zu Manu. Er saß noch immer so da und seine Ärmel waren komplett voller Blut vollgesaugt, diese schon auf den Boden tropften. Er starrte förmlich darauf und in seinen Augen sah man Verzweiflung und Schmerz. Er zog seine Füße nah zu seinem Körper, woraufhin ich mich vor ihm setzte. Sanft nahm ich seine Blutverschmierte Hand und zog sie etwas zu mir her. Still schweigend schaute ich ihn an und blickte dann in seinen etwas gesenkten Blick. In meinem Herzen schmerzte es. Es schmerzte ihn so leiden zu sehen.

Darf ich deinen Hoodie ausziehen?", fragte ich ihn in einer ruhigen und leisen Tonlage. Doch ich bekam keine Antwort, er hingegen zog seine Hand wieder weg und presste seine Füße fest an seinen Oberkörper. Manu fing etwas stärker an zu zittern, weshalb ich meine Hand auf sein Knie legte. Doch dann floss schon die erste Träne. Immer und immer mehr Tränen flossen ihm über seine Wange und man sah ihn an, dass er vor Seelischen Schmerz am liebsten geschrien hätte. Nach etwas Zögern zog ich ihn auf meinen Schoß und entschuldigte mich immer und immer wieder. Ich legte beschützend meine Arme um seinen zierlichen und abgemagerten Körper und strich ihm sanft über seinen Kopf.

Ich weiß nicht was dich fertig macht, aber ich bin für dich da okay? Ich lasse dich nicht alleine Manu..", flüsterte ich ihn leise zu und küsste ihn auf seinen Kopf: „Ich werde dich wieder glücklich bringen, egal wie lange es dauern wird.." Ich drückte ihn fest an mich, bis er mir leise etwas zuflüsterte.

Du wirst voller Blut, du Vollidiot.."

Mir war es gerade ziemlich egal ob mein ganzer Hoodie voller Blut war oder nicht. Denn den konnte man ersetzen, Manu hingegen nicht. Er war der wichtigste Mensch für mich. Mein Seelenverwandter. Einfach mein Ein und alles. Vorsichtig nahm ich seine blutverschmierte Hand und drückte sie leicht. Ich wollte ihn nicht verlieren. „Das ist mir egal Manu, solange du lebst, wird alles wieder gut.", flüsterte ich meinen besten Freund zu und drückte ihn noch etwas mehr an mich. Er hingegen musste anfangen leicht zu lächeln, weshalb er sich etwas an mich schmiegte.

Wir verweilten einige Minuten so, bis er sich wieder an sein Bett lehnte und er nun etwas mehr Vertrauen zu mir hatte. Manus graue Jogginghose war inzwischen auch schon etwas voller Blut. Jedoch half ich ihm bei seinem Hoodie auszuziehen. Ich stand hinter ihm und als ich ihn etwas noch oben zog, über kam mir ein Schauer.

So viele Narben.

Sein Rücken sah schlimmer aus als seine Brust. Man sah keine einzige freie Hautstelle mehr, die ohne Narben bedeckt waren. Ich wollte mir nichts anmerken lassen und zog ihn schließlich vorsichtig den Hoodie aus. Ich hockte mich wieder vor ihm, wobei mein Blick auf seine frischen Wunden lag. Aus ihnen quoll noch immer frisches und warmes Blut, zwar anscheinend nicht mehr so viel wie vorhin, aber noch etwas. Seine ganzen Arme waren voll damit. Manu blickte leicht zu Seite und murmelte leise etwas: „Du musst das nicht machen.."

Jedoch nahm ich einige frische Taschentücher und fing an das Blut vorsichtig etwas weg zu tupfen. Wobei sofort mehr und mehr Narben hervor kamen. Etwas ältere und welche die erst vor einigen Tagen anscheinend passiert sein müssten. Sie waren tief, weshalb die Narben etwas rötlich waren oder zu einem tiefen weisen Schimmer wurden. Vorsichtig strich ich über eine seiner, die nah an seiner Pulsader war, weshalb er leicht zusammenzuckte.

Mein Herz schmerzte unerträglich. Er zeigte kaum, dass es ihm schlecht ginge, nein als hätte er eine Maske auf.

Wie lange trug er diese schon?

Vorsichtig nahm ich den ersten Verband und fragte ihn leise. „Weißt du noch, als du meintest, dass du nichts Wert bist? Oder dass ich dich nicht akzeptieren würde?"
Manu blickte mit seinen Giftgrünen Augen in meine, weshalb ich sofort den Blick erwiderte. Kaum erkennbar nickte er auf meine Frage, weshalb ich fortfuhr. „Du bist mir mehr Wert als irgend jemand anderer. Ich weiß das klingt jetzt absurd, da wir uns seit gestern das erste mal getroffen haben, aber jeden einzelnen Tag hatte ich mit dir verbracht. Genauso werde ich dich akzeptieren, wie du mich jedes Mal akzeptiert hattest. Wenn ich ein Problem hatte hattest du mir weitergeholfen und warst für mich da. Ich bin dir deswegen einfach so krass dankbar.. also bleibe auch bitte bei mir. Ich will dir genauso helfen und für dich da sein. Also falls ich mal nicht da sein sollte, dann ruf mich an okay? Ich meine ich würde mir sogar eine Wohnung hier suchen, nur mehr für dich da sein zu können.."

Hinter der Maske - KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt