Kapitel 18

6 0 0
                                    

Ein spöttischer Ausdruck trat auf Faith Gesicht. Dass ihr Bruder glaubte, er könnte sie so einfach aus dem Leben reißen, amüsierte sie zutiefst. Schließlich kannte die junge Frau ihren Gegner auswendig, wusste, wie er auf jeden einzelnen Angriff reagieren würde.
Sie wusste, dass er einen Schlag auf ihre rechte Hüfte antäuschen würde, sobald sie sich aus dem Kräftemessen befreien würde, nur um dann doch ihre linke Schulter anzupeilen.
Sie wusste, dass er versuchen würde, sie mit den einfachsten Tricks auszutricksen.
Denn was wusste Kiran schon über seine ihm so verhasste Schwester?
Die Antwort war einfach, viel zu simpel, und doch stimmte sie.
Er wusste rein gar nichts über ihre Fähigkeiten.
Er wusste nicht, wie sie ihre Katanas führte.
Er wusste nicht, welch elementare Macht ihr innewohnte.
Er hielt sie für ein hilfloses Mädchen.
Eine Blinde halt.
Doch in diesem Kampf sah die blinde Faith mehr, als ihr verdorbener Bruder jemals fähig war zu sehen.
Denn sie sah mit ihrem Herzen, welches in diesem Moment nur für ein Ziel schlug.
So rein und gut, auch wenn der Weg dorthin dunkel und voller Grauen sein würde.

„Durch deine schwarzen Hände wird keine Seele mehr in den Schatten gezogen werden. Auch nicht meine, Bruder", spöttisch zischte die Prinzessin diese Worte.
Dann trat sie flink einen Schritt zurück und löste die Klingen voneinander. Kiran verlor durch diese unerwartete Bewegung sein Gleichgewicht. Unkontrolliert stolperte er auf Faith zu, die ihrem Bruder eilig auswich und die Chance nutzte, um ihm einen gezielten Schlag in die Kniekehle zu versetzen. Er fiel auf seine Knie, konnte sich gerade noch rechtzeitig mit den Händen abfangen. Schwarzes Blut lief sein Bein herunter und auch aus seiner linken Hand, in deren festem Griff sich die Klinge seines Schwertes befand, strömte der kostbare Lebensnektar. 

Langsam ging sie auf den Verletzten zu, traute seinem gegaukelten Schmerz nicht. Niemals würde Kiran sich so einfach geschlagen geben, einen so erniedrigenden Tod ohne Gegenwehr hinnehmen. Dafür war er einfach zu stolz und von sich selbst überzeugt. 
Als die junge Frau ihn fast erreicht hatte, schlug sein gequältes Stöhnen plötzlich in ein von Wahnsinn zerfressenes Lachen um, welches laut zwischen den Bäumen widerhallte. 
In diesem Moment schnappte der von Wahnsinn Zerfressene sich das mit seinem eigenen Blut besudelte Schwert, drehte sich schwungvoll um und versuchte, seine Gegnerin in einem Überraschungsmoment zu verwunden. Doch Faith hatte damit gerechnet, sogar darauf gebaut, dass Kiran genau dies tun würde. Denn er achtete nicht darauf, seine Deckung zu wahren, handelte ohne jegliche Taktik, schlug in blinder Wut nach ihr und gab ihr damit die perfekte Chance. 

Leicht lehnte die Prinzessin sich nach hinten, um der Klinge Auszuweichen. Im selben Moment fesselte sie Kirans rechte Hand, mit welcher er sich am Boden stützte, in einer dicken Eisschicht an den Boden. Mit ihrem Katana versuchte Faith, das Schwert ihres Bruder aus seiner Hand zu schlagen, doch konnte dieser es mit viel Anstrengung noch halten.
"Du warst schon immer so berechenbar, jeder konnte dich lesen wie ein offenes Buch. Dachtest du, nach jahrelangem gemeinsamen Training könntest du mich so einfach überraschen? Das ist selbst für dich eine schwache Leistung", spottete Faith.

In dieser hoffnungslosen  Situation gefangen, konnte der Umbra sich noch immer nicht mit seiner hoffnungslosen Situation abfinden. In seinem Wahn beging er den größten Fehler, den er in diesem Moment tun konnte. Vor lauter Rachsucht beschloss er, den lauter werdenden Rufen des Schattens nach Freiheit und Vernichtung in ihm nachzugeben und seine letzte Magicae für einen letzten verzweifelten Angriff zu verwenden.
Als er den Schatten aus seinen Ketten befreite, zogen sich immer mehr schwarze Linien über Kirans Haut und schwarzer Nebel schien aus ihm heraus zu fließen.
Faith konnte die Veränderung der Atmosphäre spüren und die Panik des Waldes hallte in ihrem Herzen wieder, als der Nebel den Pflanzen qualvoll das Leben entzog. Das satte Grün des Waldes wich einem leblosen grau, das Gras unter ihnen verdorrte und die Blätter verloren Stück für Stück ihre letzten Blätter. Die Kämpferin erwartete, dass auch ihr das gleiche Schicksal zuteil werden würde. Verwirrt stellte sie jedoch fest, dass der Nebel ihr selbst nicht den erwarteten Schmerz brachte. Er schien zwar nach dem in ihren verschlossenem Teil ihrer Seele zu rufen, aber griff sie nicht an.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 21 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Blind - Decline of the ShadowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt