Nach all den Jahren (1924)

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Es war ein Tag wie jeder andere, aber er veränderte alles.

Ich öffnete um neun Uhr, bediente ein  paar Kunden und beschloss gerade, in fünf Minuten für die Mittagspause zu schließen, als die Glocke über der Tür läutete. Ich blickte nur kurz auf, sah, dass es ein Mann war und wandte meinen Blick wieder ab.

"Entschuldigung? Können Sie mir helfen?", erkundigte sich der Kunde und ich hob meinen rechten Zeigefinger, um ihm zu signalisieren, dass er einen Moment warten sollte.

"Ich sehe mich in der Zwischenzeit ein wenig um", sagte er und ließ mich mit meinen Unterlagen allein.
Als ich damit fertig war und aufsah, sah ich ihn von hinten. Aber als ich ihm Bescheid gab, dass ich nun Zeit hätte, drehte er sich um und mein Herz blieb für einen Moment stehen, bevor es umso schneller weiterschlug. Meine Hände und Knie begannen zu zittern und ich musste mich an der Tischkante festhalten.

"Du klingst anders als damals", war das einzige, das ich hervorpressen konnte.
Nach kurzem Zögern erwiderte er: "Lizzie?"
Meine Antwort war ein Nicken.

"Ich war mir nicht sicher, ob du es bist. Du siehst so anders aus - deine Haare sind so kurz und deine Kleidung und einfach alles."

"Du siehst auch anders aus. Wann bist du so groß geworden?", fragte ich und versuchte immer noch, meine Gedanken zu ordnen. "Es ist viel Zeit vergangen und irgendwann bin ich gewachsen."

Ein peinliches Schweigen breitete sich zwischen uns aus. "Möchtest du mit in mein Büro kommen und eine Tasse Tee trinken? Wir könnten etwas plaudern, wenn du einverstanden bist."

Ich setzte Teewasser auf und brachte das Tablett mit den Tassen, der Kanne und ein paar Keksen in mein Büro, wo Newt bereits auf einem Stuhl saß.

"Also ist das dein Buchladen?" fragte er und ich nickte. "Ja, seit fünf Jahren gehört er mir. Aber ich arbeite schon seit ungefähr zehn Jahren hier, gleich nach meinem Abschluss. Und bis auf ein Jahr, in dem ich durchs Land gereist bin, habe ich diesen Ort nur verlassen, um meine Eltern oder Freunde zu besuchen. Einige würden das langweilig finden, aber mir gefällt es hier. Vielleicht erinnerst du dich noch an Mary - sie lebt nur ein paar Straßen entfernt und hat fünf Kinder.
Aber genug von mir - was ist in deinem Leben passiert? Bist du verheiratet? Hat du Kinder?", fragte ich interessiert.

Er antwortete fast in der gleichen Sekunde: "Ich finde das nicht langweilig. Nicht verheiratet, keine Kinder, aber ich bin glücklich. Ich wurde in meinem vorletzten Jahr aus Hogwarts rausgeworfen. Du wirst das bestimmt komisch finden - es war ein Unfall mit einem Jarvey und es war Letas Schuld. Aber ich habe die Schuld auf mich genommen, so, wie du es damals getan hast."

"Das wusste ich nicht", erwiderte ich knapp.
"Ich wusste auch nicht, dass du mit Theseus zusammen warst. Jetzt weiß ich es, aber er hat es mir erst vor drei Jahren gesagt. Und das auch nur, weil mein Vater sich verplappert hat."

Es war mir sehr unangenehm darüber zu sprechen, aber er wechselte schnell das Thema. "Keine Sorge, ich bin nicht wütend. Wir hatten keinen Kontakt mehr und du konntest und kannst tun, was immer du möchtest."

Ich lächelte ihn dankbar an und fragte: "Und was hast du danach gemacht? Ich habe dich nicht in Durmstrang gesehen."

Newt seufzte und erwiderte: "Ich hatte nicht so viel Glück wie du. Aber wenigstens durfte ich meinen Zauberstab behalten. Ich habe ein Jahr gewartet und bin dann direkt zum Ministerium gegangen. Sie haben mich eingestellt und ich arbeite immer noch dort bei der Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfe. Um Magizoologe zu werden brauchte ich nichtmal einen Schulabschluss.
Seit 1918 reise ich in den Sommermonaten durch die Welt, um Informationen für mein Buch zu sammeln."

"Du schreibst ein Buch? Wie weit bist du?"
"Ich beschaffe erstmal Informationen, mit dem Schreiben habe ich noch nicht wirklich angefangen. Aber deshalb bin ich auch hier. Ich brauche für meine Recherche ein Buch, aber laut meinen Quellen gibt es nur hier eine Übersetzung."

Schnell sprang ich auf. "Ich weiß genau, welches du meinst. Es liegt hier schon seit mindestens fünf Jahren rum - die Vorbesitzerin meinte, dass der Ansturm darauf riesig werden würde. Aber du bist der erste, der danach fragt. Warte, ich hole es schnell."

Es war das richtige Buch und nachdem er bezahlt hatte, sagte er noch: "Es war wirklich schön, dich wiederzusehen. Vielleicht komme ich ja mal wieder vorbei."

Er öffnete die Tür, trat ins Freie und ich rief ihm hinterher: "Ich bin immer hier!"

All Out Of Love (Newt und Theseus ScamanderxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt