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Ich ging ins Zimmer zurück und vergrub mich in der Decke. Leise begann ich zu schluchzen. Immer mehr Tränen liefen mir über die Wangen. Ich fühlte mich einsam. Das lag nicht an der neuen Situation, ich hatte mich schon davor einsam gefühlt und verloren. Nie hatte ich irgendwelche Freunde gehabt. Appa hatte mir nie Liebe gezeigt, auch nicht als ich noch jünger war. Obwohl ich hier war, sodass es mir besser ging, wollte ich dennoch sterben. An mir war nichts liebenswert oder liebenswürdiges. Ich war ein Nichts.
Die Anspannung in mir wuchs. Ich legte mich auf mein Rücken. Mein Atem ging stoßweise. Ich starrte zur Decke hinauf. Sie war beige gestrichen. Meine Sicht verschwamm, wegen den ganzen Tränen.
Ich dachte ans Selbstverletzen. Die Anspannung war immens. Ich stand auf und sah mich um. Hier musste es doch wenigstens eine Schere rumliegen.
Ich durchsuchte alle Schubladen. Schließlich fand ich eine und kehrte zu meinem Bett zurück. Ich kontrollierte, welche Schneide die schärfste war und drückte diese dann tief in meinen linken Arm. Langsam bildete sich Blut aus der Schnittstelle. Nach'ner Zeit ließ meine innere Anspannung nach. Ich konnte wieder richtig atmen.
Ich wusste nicht, wieso ich es so toll fand, mein eigenes Blut zu sehen. Es war komisch. Meine ganze Person war seltsam. Und ich konnte das niemanden erzählen. Sogar die Ärzte würden mich dann komisch finden, da war ich mir sicher.
Ich legte mich hin und schloss meine Augen. Rasch schlief ich ein.

Am nächsten Morgen schrillte ein Wecker. Aber nicht meiner. Vermutlich von Jeongin.
Ich richtete mich auf und rieb kurz meine Augen. Mein Blick fiel auf den Schnitt. Das ganze Blut, welches gestern ausgetreten war, war an meinem Arm verschmiert. Irgendwie mochte ich diesen Anblick. Ich seufzte. Meine Gedanken waren purer Irrsinn.
Ich sah nun auf, und blöderweise war es Jeongin aufgefallen, dass ich Blut am Arm hatte. Er sah sehr erschrocken aus. Sofort stand er auf und lief förmlich zu mir. Jeongin nahm mein Arm.
"Der Schnitt ist verdammt tief", sagte er und musterte mich besorgt. Ich zuckte nur mit den Schultern und befreite mich von seinem Griff.
"Das geht dich nichts an", sagte ich nur und ging ins Bad, um mich fertig zu machen. Niemals würde ich mich vor anderen Personen umziehen. Auch in der Schule, wenn wir Sport hatten, war ich stets in die Toilettenkabine reingegangen, um mich umzuziehen.
An meinem ganzen Körper befanden sich Narben, auch an meinen Beinen und sogar im Bauchbereich. Rasch putzte ich meine Zähne und zog mich um. Dann verließ ich das Bad.
Jeongin sah mich bedacht an. Ich ignorierte es.

"Wir begrüßen heute einen neuen Patient", begann die Therapeutin, Ms Kang. "Stell dich bitte mal vor." Sie sah mich an. Ich starrte zurück und räusperte mich.
"Mein Name ist Hwang Hyunjin", sagte ich nur und sah alle rundum an. Ms Kang nickte.
"Also, fangen wir mit der morgendlichen Runde an. Mr Seo, du beginnst heute", sagte Ms Kang freundlich und lächelte Changbin entgegen.
"Heute Morgen geht es mir recht gut. Ich hatte keine Alpträume. Ich glaube, dass Medikament schlägt langsam an", sagte Changbin. Die Therapeutin zeigte sich freudig. Und die Mitpatienten schienen sich auch zu freuen. Nur konnte ich keine Empathie zeigen, da ich diesen Jungen nicht wirklich kannte.

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