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"Chan, wie gehts dir im Moment?", fragte Ms Kang. Meine Augen huschten zu Chan, der sehr müde aussah. Schlief der Typ eigentlich?
"Nicht wirklich gut", erwiderte Chan und zog seine Ärmel hinunter, weil Ms Kang auf seine Handgelenke geschaut hatte.
"Du hast dich wieder selbst verletzt? Was hat dich dazu veranlasst?", fragte sie sanft.
"Ich fühlte mich ungenügend. Ich hatte einen Traum. Da war ich wieder in der High School. Sie hatten sich wieder lustig über mich gemacht", erklärte Chan.
"Chan, es gibt viele Personen, die dich wertschätzen so wie du bist. Es ist unmöglich, alles perfekt zu machen. Ich weiß, für dich sind das nur leere Phrasen", sagte Ms Kang und holte tief Luft. "Ich habe mir überlegt, dass wir heute eine Übung machen. Jeder überlegt sich etwas, was ihr alle an Chan wertschätzt. Es ist egal was. Auch die kleinste Kleinigkeit ist etwas wert."
Jeder stimmte bei dieser Übung zu, sogar ich. Nach Ms Kangs Anweisung stellten wir zwei Stühle in die Mitte des Raumes. Chan setzte sich in den einen Stuhl. Nach und nach sollte sich eine Person auf den anderen Stuhl setzen und jeweils eine Sache sagen, die er an Chan wertschätzte.
Felix machte den Anfang.
"Chan Hyung", fing Felix an. "Als ich von Australien hierher zog, warst du der Einzige, der wirklich für mich da war. Du hörst mir immer zu, wenn mir etwas auf dem Herzen liegt. Dafür bin ich sehr dankbar."
Chan nickte und Felix stand langsam auf und ging wieder auf sein Platz zurück. Der nächste war dran.
Jeder sagte wirklich nette Dinge und ich war mich sicher, sie meinten es ehrlich. Es kam mir so vor, als würden sie die Jungs sich schon ewig kennen.
Ich war etwas nervös, als ich dran war, weil ich Chan noch nicht wirklich kannte. Ich hatte mich stets isoliert und hatte von den anderen nichts mitbekommen, außer von Jeongin, aber nur, weil wir Zimmergenossen waren.
Ich stand auf und setzte mich Chan gegenüber.
Unsicher fing ich an: "Um, Chan, du bist sehr offenherzig und versuchst dein Bestes, jemanden zu helfen. Ich finde, dass ist echt eine gute Eigenschaft."

Am späten Nachmittag durften wir wieder spazieren gehen. Ich paarte mich abermals mit Jeongin. Doch zu uns gesellte sich noch Seungmin. Obwohl ich nicht wirklich empathisch war, spürte ich, dass es Seungmin nicht gut ging. Er hatte sich ganz in schwarz angezogen und die Arme um sich geschlungen. Ich wollte ihn nicht fragen, was ihn beschäftigte. Vielleicht wollte er gar nicht darüber reden.
Jeongin hatte sich bei mir untergehakt und ging unbeschwert neben mir her. Aber ich wusste, dass er nicht die ganze Zeit gut drauf war. Ich glaubte, er war so ein Typ Mensch, der andere zum Lachen bringen möchte. Das Gleiche galt für Jisung. Während der Therapiesitzungen wirkte er oft desorientiert. Aber im Unterricht und wenn wir Freizeit hatten, lachte er ständig und machte Blödsinn.
"Leute", meldete sich Seungmin nun zu Wort. "Hinter uns ist jemand. Denkt ihr, der Typ verfolgt uns?"
Ich linste über meine Schulter. Und tatsächlich war da jemand. Aber ich war mir auch sicher, dass er uns nicht verfolgte.
"Nein, ich denke nicht, dass er uns verfolgt", sagte ich wahrheitsgemäß. "Wenn dir unwohl ist, können wir ja wieder zur Klinik gehen."
Beide stimmten mir zu und so gingen wir wieder zurück.

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