Verletzt

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Ich fasste einen Entschluss. Wenn ich jetzt nicht mutig war, würde ich dieses Brandmal nie wieder los werden.

Ich hatte die Gruppe einige Minuten nach uns herein kommen sehen. Sie saßen an einem Tisch am Fenster und taten so, als hätten sie das ganze nicht mitbekommen. Obwohl ich die Blicke der Dunkelhaarigen gesehen hatte.

Den Rücken gerade, den Kopf hoch schritt ich durch die Menge. Sofort machte man mir Platz. Diese Aasgeier waren neugierig darauf, ob ich weglaufen würde.

Als ich den Tisch erreichte, schlotterten mir trotz meiner Entschlossenheit die Knie. "Hey, ist hier noch frei?"

Der Junge mit den Dreadlocks sah zu mir hoch. Ihm gefiel mein Mut, denn er konnte ein flüchtiges Grinsen nicht unterdrücken. "Ah, die Neue." Er gab sich Mühe, bedrohlich zu wirken, doch ich konnte den Schalk hinter seinen Augen blitzen sehen. "Du bist ganz schön unerschrocken, einfach so an unseren Tisch zu kommen, nachdem Rebecca dich doch gewarnt hat."

"Klar, ist ja nicht so, als hätte ich nach der Aktion noch was zu verlieren. Ob du mir den Kopf abreißt oder einer von den Hyänen hinter mir." Ich zwang mich zu einem Lachen, obwohl die Situation alles andere als witzig für mich war. Langsam trocknete mir den Mund aus und meine schwitzigen Hände konnten jeden Moment dafür sorgen, dass mir das Tablett entglitt. Wenn er auch nur halb so gut, wie meine Eltern war, dann konnte der Junge riechen, wie viel Überwindung es mich gekostet hatte, an sie heran zu treten.

"Wie heißt du?" Er lehnte sich interessiert zu mir, obwohl das dunkelhaarige Mädchen ihn unterm Tisch vors Schienbein trat.

"Was bekomme ich dafür, wenn ich es dir sage?" Ich stellte mutig mein Tablett auf den Tisch. Mit einem Fuß war ich schon durch diese Tür.
Er lachte laut und entblößte seine perfekten Zähne. "Was möchtest du den?" Seine Stimme war ein samtiges Schnurren, als er den Kopf auf seine Hand abstützte.
"Einen Platz an eurem Tisch."

Er schob mit dem Fuß einen Stuhl für mich zurück. "Willkommen", sagte er und das Funkeln in seinen Augen jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Ich wollte mich gerade setzen, als die Dunkelhaarige mit der Faust auf den Tisch schlug. Ich war froh, mein Tablett schon abgestellt zu haben, sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht länger festhalten können.

"Sollten wir das nicht erstmal besprechen, bevor du hier so eigenmächtig Entscheidungen triffst, Kyle?" Kyle hieß er also.
Er rollte dramatisch mit den Augen. "Schwesterchen. Du hast sie doch gehört, was hat sie schon zu verlieren? Sei nicht immer so ein Snob." Er drehte sich wieder zu mir und grinste fies. Das seine Schwester dagegen war, machte es für ihn nur noch reizvoller. "Ich bin Kyle und das ist Helena meine Schwester."

Ich ließ mich auf den Stuhl neben ihn fallen und spürte, wie die Anspannung der umstehenden Schüler durch die Decke schoss. Die eine Hälfte begann wild zu tuscheln, während die andere Hälfte versuchte, sie zum Schweigen zu bringen, damit sie hören konnten, was an unserem Tisch gesprochen wurde. "Ich heiße Kassandra."

Endlich mischten sich auch die anderen beiden ein. "Ich heiße Jenna", sagte die große Blondine mit angenehm tiefer Stimme. "Und das ist Nathaniel." Sie nickte in Richtung des anderen Jungen.

Er hatte pechschwarze Haare und blaue Augen, die mich finster musterten. Sofort musste ich an all die Helden aus den kitschigen Romanen denken - von denen ich niemals zugeben würde, dass ich sie mit Begeisterung laß. Nur irgendwas störte mich an seinem Aussehen. Irgendwas wirkte Fehl am Platz. Ich hatte keine Zeit, es heraus zu finden, denn je länger ich ihn anstarrte, desto finsterer wurde sein Blick.

"Hast du schon deinen Stundenplan?", fragte Kyle, der deutlich mehr Interesse daran hatte, mich kennenzulernen.
"War der bei den Unterlagen dabei, die sie mir geschickt haben? Ich hab ehrlich gesagt noch nicht alles durchgesehen."
"Nein, der hängt am schwarzen Brett aus. Ich zeig es dir nach dem Essen, wenn du willst."

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