The Fox

Aufgewühlt

"Was war das gerade?" Thomas schob seinen Kopf durch den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Wie lange lauschten sie schon? Er packte mich am Arm und zog mich ins Zimmer. "Du musst uns sofort alles erzählen!" Eva griff meinen anderen Arm und zog mich ebenfalls zu ihrem Bett. Ich erzählte ihnen, was ich mit der Polizei zu tun hatte und warum sie mich gesucht hatten, während ich mir einen trockenen Schlafanzug anzog und von beiden in dicke, kuschelige Decken gehüllt wurde.

"Dann hat dich gar nicht Nathan verletzt?"
Ich biss mir auf die Zunge. Ich hatte den Zeitpunkt verpasst, Eva über die Situation aufzuklären und schließlich hatte ich mich aus Scham darum gedrückt. "Es ist passiert, während ich vor ihm geflohen bin, wenn das zählt?"

Ich spürte die Wärme auf meinen Wangen. Auch wenn ich Eva und Thomas gegenüber eine größere Loyalität empfand als Nathan gegenüber, brachte ich es doch nicht über mich, ihnen die ganze Wahrheit zu erzählen. [*1]

"Aber gleich dazu", unterbrach Thomas meine Gedanken. "Kannst du mir erstmal erklären, warum genau du das damals gemacht hast? Warum bist du ausgerechnet Nathan in den Wald gefolgt?"

Ich dachte daran, was genau der letzte Tropfen gewesen war, der mein Fass zum überlaufen gebracht hatte. "Es war etwas, das Eva gesagt hat", erinnerte ich mich.

"Mach mich nicht für deine schlechte Impulskontrolle verantwortlich", beschwerte sie sich schnell und hob vorwurfsvoll die Arme.
"Nein, so meine ich das nicht. Ich war... ich war wirklich wütend in dem Moment. Ich und die Füchsin. Wir sind es nicht gewohnt, eingesperrt zu sein." Ich sah zum düsteren, wolkenverhangenen Himmel hinaus. "Und als Eva meinte, dass das Alpharudel sich nicht genug im Griff hat, um gemeinsam in den Wald zu gehen, da ist bei mir irgendwie eine Sicherung durchgebrannt. Als ob ich mich von jemandem einsperren lassen würde, der nicht mal seine zweite Natur annehmen kann."

"Hättest du ein bisschen mehr Selbstbeherrschung, wärst du jetzt nicht in diese Ermittlungen verwickelt", merkte Eva an und ich gab ihr nur ungerne Recht. "Aber das heißt, die Hanfnesseln im Wald waren nicht zufällig dort? Jemand hat sie angebaut?" Auf diesen Gedanken war ich ehrlich gesagt noch gar nicht gekommen.

"Oder jemand hat sie genauso entdeckt, wie Kassandra", überlegte Thomas laut. Sofort presste ich die Lippen zusammen. Es gab immer noch mindestens eine weitere Person, die über die Pflanzen Bescheid wusste.

"Aber...", ich zog die Decke höher, um mich vor den Befürchtungen zu schützen, die mich wieder beschlichen. "Warum sollte jemand einem anderen Formwandler sowas antun?" Ich kannte Luisa nicht. Ja, sie saß in der gleichen Klasse wie ich, aber ich war so damit beschäftigt, im Unterricht mit zu kommen, dass ich nichts über sie wusste, außer wie sie aussah und das sie gerne lachte.

Thomas und Eva tauschten Blicke.
"Was?", fragte ich und ließ die Decke wieder sinken. "Was wisst ihr?"
"Es gibt Gerüchte", gestand Thomas leise. "Gibt es ja immer, aber wir sollten da nicht drauf hören okay?"
"Thomas!", drohte ich - nur halb im Scherz.

"Luisa und Kyle waren länger ein Ding, als es normal für ihn ist." Er drehte sich weg, weil er mir nicht länger in die Augen sehen konnte. "Manche meinten, dass sie den Löwen gezähmt haben könnte."

"Und?", fragte ich, als er nicht weiter sprach.
Eva antwortete stattdessen. "Sie ist ein Reh. Rein, ja, aber es war trotzdem ein komisches Bild. Es gab immer wieder Stimmen unter den Schülern, die meinten, Luisa würde ihren Platz nicht kennen."

"Die gleichen Stimmen, die meinten ein Fuchs gehöre nicht an diese Schule?", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Jenna hatte an etwas in mir gerüttelt, dass ich lieber nicht gehört hätte. Ich hatte die gleichen Vorurteile ihnen gegenüber gehabt, wie sie mir. Ich hatte mich ziemlich schnell mit ihnen angelegt, nachdem Helena mir die kalte Schulter gezeigt hatte. Ich hatte es nicht hinterfragt, hatte nicht überprüft, ob die anderen aus der Gruppe, es genauso sahen wie sie. "Stimmt es, dass auch solche ohne reines Blut Alphas sein können?"