Neugierig

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Meine Eltern hatten mich nicht ausgequetscht, was passiert war, dass ich so kampfbereit war. Ich fragte mich, ob sie wussten, dass jemand hatte sterben müssen, damit ich überhaupt diesen Platz bekommen konnte. Aber wenn meine Pateneltern so viel über die Schule wussten, dann hatten sie das bestimmt auch weitergegeben.
Wir übernachteten in einem kleinen Hotel, weil die Strecke zu unserem Haus zu lang war, um sie in einem durch zu fahren. Außerdem musste so keiner Frühstück machen. Meine Eltern teilten sich ein Zimmer, während ich mein eigenes bekommen hatte.
Die Dusche hatte geholfen, meine Gedanken in Schach zu halten. Mein Handy war in dem kleinen Raum laut genug gewesen, damit ich unter der Dusche hatte singen und tanzen können - anstatt zu denken. Doch kaum ließ ich mich nass auf das Doppelbett fallen, drängte sich mir alles auf, was ich ausgesperrt hatte.
Ich rollte auf den Bauch und starrte auf das Display. Thomas hatte eine Menge alberne Selfies mit seiner riesigen Familie in unseren Gruppenchat mit Eva gepostet. Eva hatte sarkastische Kommentare gemacht, die sie allesamt nicht ernst meinte.
Keine Nachricht von Nathan. Ob er die Nummer nicht hatte lesen können?
Bevor ich mich fragen konnte, ob er vielleicht einfach nicht schreiben wollte, beschloss ich, Thomas und Eva von der Begegnung mit seinen Eltern zu erzählen.

T: "Ja ich habe gehört, dass die Reeds eine echt krasse Familie sind."
E:"Wir haben sie mal bei einer Benefitsveranstaltung getroffen. Seit dem hat mich nicht gewundert, dass Nathan ebenso ein Arsch ist."
Eva hatte nie erwähnt, dass sie die Reeds -und wahrscheinlich auch die Familien der anderen Alphas- kannte. Doch jetzt, da ich wusste, wer ihr Vater war, wunderte es mich nicht mehr. Ich schrieb den beiden, was Jenna mir über Nathan erzählt hatte. Dass er der einzige war, der Mitgefühl gehabt hatte.
T:"Rieche ich da eine verbotene Romanze zwischen Fuchs und Wolf?" Er beendete seinen Satz mit einer ganzen Reihe anzüglicher Emojis und Eva ging voll darauf ein.
E:"Echt jetzt?! Sowas verschweigst du uns?"

Ich warf das Handy aufs Kissen neben mich und rollte mich wieder auf den Rücken, alle Viere von mir gestreckt. Ich hatte den beiden noch nichts von Herr Fletcher erzählt und wie Nathan gekommen war, um mich zu retten. Ich musterte die Schatten an meiner Zimmerdecke. Aber war er das wirklich? Der Brief lag sicher verstaut ganz unten in meinem Koffer. War er mir nur gefolgt, weil er Angst hatte, ich würde mit jemandem darüber reden? Ich griff wieder nach meinem Handy.

K:"Vielleicht war da ein Moment. Aber je mehr ich über das Zusammenleben von Formwandlern lerne, desto unsicherer bin ich. Ich habe mich gut dabei gefühlt, mit ihm zu reden. Aber Jenna meinte, dass das normal ist, wenn man mit Alphas zusammen ist? Das man sich irgendwie sicher oder so bei ihnen fühlt?"
Eva schickte einen nachdenklichen Emoji, während Thomas schon fleißig tippte. Ich musste grinsen. Er war wie Hermine. Sie war auch nicht in die Welt der Zauberer geboren, sondern plötzlich hineingestoßen worden. Genauso war es mit Thomas. Er hatte jeden noch so kleinen Fakt aufgesogen, weil das alles für ihn neu und spannend war. Eva, die immer unter Formwandlern gelebt hatte und vieles einfach automatisch tat, war nie auf den Gedanken gekommen, solche Dinge zu hinterfragen.
T:"Ja, das habe ich mal gelesen. Dass Alphas nur dann gebraucht werden, wenn eine Bedrohung - real oder auch nur gefühlt- von anderen empfunden wird. Ihre Anwesenheit soll das Rudel automatisch ruhiger stimmen, was im Zweifelsfall ja auch den Unterschied zwischen blanker Panik und überleben sichern kann."
Wieder dachte ich an den Tag im Sturm. Ich hatte eindeutig blanke Panik empfunden. Aber auch vor Nathan. Trotzdem hatte ich mich am Ende dafür entschieden, seinem Urteilsvermögen mehr als meinem zu vertrauen. Ich laß noch einmal Thomas Nachricht und stellte mir plötzlich eine ganz andere Frage.
K:"Heißt das, es gibt mehr Alphas, wenn Gefahr droht?"
E:"Denkst du, dass du deshalb zur Alpha geworden bist?"
K:"Keine Ahnung. Möglich?"
T:"Fühlen Alphas sich auch in der Nähe von anderen Alphas sicher?"
E:"Sollten sie nicht Konkurrenz fürchten?"
K:"Also ich fühle mich bei Jenna sicher."
T:"Ich wette, sogar Nathans Eltern würden sich bei Jenna sicher fühlen."
Ich lachte laut, presste aber schnell die Hände auf den Mund, als ich bemerkte, wie spät es schon war. Ich schlüpfte in meinen Schlafanzug und rutschte unter die festgesteckten Decken.

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