Kapitel 63

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° Wincent °

Und wieder war genau das passiert, was wir eigentlich vermeiden wollten. Natürlich vermisste ich Emma und natürlich war mir, während wir miteinander schliefen, alles andere egal, aber danach fiel mir mit Erschrecken auf, was wir getan hatten. Wir hatten ja wirklich lange standgehalten. Ich hob meinen Kopf und sah Emma direkt in die Augen. Kurz lächelte sie noch, bis ihr der Ernst der Lage bewusst wurde. „Es tut mir leid...wir hätten das nicht tun sollen...", sagte ich und schob mich von ihr runter. 

Ich fühlte mich echt schlecht. Ich wollte wirklich nur meine beste Freundin zurück. Und wieder mal hatte ich mich nicht im Griff. Ich wollte unser plus nicht, ich wollte nur Emma. Denn mir war klar, dass alles andere wieder nur zu Chaos führen würde. Ich konnte ihr nicht geben, was sie verdiente. Ich hatte keine Zeit für mehr und das wollte ich ihr und auch mir nicht antun. Das war ja schließlich auch der Grund, weshalb das mit Yvonne nicht funktionierte. Ich könnte mich ohrfeigen dafür, dass ich nur meinen Spaß im Kopf hatte und mein Hirn einen Aussetzer hatte. Du bist anstrengend, hörte ich meine innere Stimme sagen. 

Die Situation war super komisch, ja, wir waren nackt und uns bis vor drei Sekunden auch noch so nah wie die letzten Monate nicht mehr, aber ich musste ehrlich zu Emma sein und meine Gedanken auf den Tisch bringen. „Wie meinst du das?", fragte Emma nach und stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab. Ich seufzte laut auf. „Das hier...ich wollte nicht mit dir schlafen", sagte ich. Prüfend hob Emma eine Augenbraue. Und sie schmunzelte. 

„Also das hat sich eben noch ganz anders angefühlt...du hast nicht unbedingt viel dafür getan, dass das nicht passiert", meinte sie. Verwirrt sah ich sie an. Sie war der gleichen Meinung, wie ich, oder? Ich konnte sie so gar nicht mehr einschätzen. Ich war mir sicher ihre Augen sagten mir was Anderes, aber aus ihrem Mund kamen diese Worte, die mich verwirrten. „Du hast Recht, das hätte nicht passieren dürfen, aber es ist jetzt wie es ist...können wir damit umgehen?", fragte sie. 

Mir fiel auf die Schnelle keine Antwort ein. Ich wollte das, irgendwie, aber irgendwie auch nicht. Ich wollte Emma zurück, aber als meine beste Freundin. Ich schlief gerne mit ihr, das hatte ich gerade mal wieder festgestellt, aber das hat unsere Freundschaft schon mal verkompliziert. Und für mehr als Freundschaft war ich gerade nicht bereit. Und Emma sah das scheinbar auch so?

 „Das darf nicht mehr passieren...ich will dich als meine beste Freundin...und ich will das nicht wieder mit dieser Bettgeschichte kaputt machen", gestand ich ihr. Es muss doch möglich sein, einfach ehrlich mit ihr zu reden? Wir hatten soviel durch. Sie legte ihre Hand an meine Wange und lächelte wieder. „Okay", sagte sie, „dann lass uns das als unser letztes Mal abhaken und nur noch beste Freunde sein". Und da war meine Emma, die ich so liebte- also rein platonisch- und die ich so vermisst hatte. Ich meine, wer ist bitte so cool? 

„Wie konnte ich nur die letzten Monate ohne dich sein?", murmelte ich und küsste sie nochmal. Mich hatten meine Gefühle mal wieder übermannt, aber mein Hirn meldete sich diesmal schneller zu Wort, und ich ließ von ihr ab. Emma lachte nur. „Also das muss dann nun wirklich aufhören...". Sie stand auf und räkelte sich vor meinem Bett. „Du darfst dir das hier ein letztes Mal anschauen...", grinste sie und ließ ihre Hände über ihren perfekten Körper gleiten. 

Innerlich seufzte ich und ohrfeigte mich für meinen Rückzieher, aber eigentlich hatte ich ja Recht. Klar war sie heiß, der Sex mit ihr war unbeschreiblich, aber über den Punkt der belanglosen Bettgeschichte waren wir ja schon nach meinem Geburtstag hinweg. Ich war dafür nicht gemacht und Emma auch nicht. Aber wofür wir gemacht waren, war unsere Freundschaft. Und die würde ich nie mehr hergeben. Ich werde dafür kämpfen, das schwor ich mir.

Emma zog sich ihre Klamotten über und lächelte danach noch immer. „...und jetzt sind wir fertig miteinander, oder?", fragte sie und sah mich an. Definitiv! Ich stand ebenso auf und zog mich in Zeitlupe an- wenn sie mit mir spielte konnte ich das genauso gut. Aber Emma durchschaute mich direkt und ließ mich nicht aus den Augen. „Das machst du doch mit Absicht", grinste sie. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Damit du das bloß nicht vergisst", erwiderte ich und zwinkerte ihr zu. „Als ob ich irgendwas hiervon vergessen könnte...", murmelte sie, aber da war sie schon fast aus der Tür. 

Ich ließ mich zurück auf mein Bett sinken und schaute auf die Uhr- es war erst kurz nach fünf. Augenblicklich überkam mich wieder die Müdigkeit. Irgendwann tapste Emma zurück und schob sich unter die Decke. „Es ist ja noch voll früh", murmelte sie und kuschelte sich an mich. Ich genoss es ihre zarten Hände auf meiner Brust zu spüren und entspannte mich sofort, wenn sie bei mir war. Ich legte meinen Arm um sie und drückte sie fest gegen mich. „Weißt du, dass du die Beste bist?", murmelte ich in ihre Haare. Mir kam die verrückte Situation, in der wir uns gerade befanden, in den Sinn. Ich meine, wenn man sich das mal genau überlegt, habe ich gerade mit meiner besten Freundin geschlafen, sie abserviert und trotzdem bleibt sie bei mir. Warum war das in Filmen immer so dramatisch? 

Emma lachte leise. „Das hast du jetzt schon wirklich oft genug gesagt, Wince", meinte sie. Und ich könnte es noch hundert Mal sagen. „Und es tut mir leid, dass ich so kompliziert bin", schob ich noch nach. Irgendwie war ich wohl doch nicht mehr so müde. Und irgendwie war da doch noch nicht alles ausgesprochen, was mich beschäftigte. Emma bemerkte das natürlich und stützte sich hoch. „Hey...weißt du was? Du machst es gerade kompliziert...Du hast nichts falsch gemacht...Du warst ehrlich. Zu dir, zu Yvonne und zu mir. Mehr kann niemand erwarten. Und du brauchst keine Angst haben...ich lass dich nicht hängen", sagte sie sanft und ich sah das Leuchten in ihren Augen, obwohl es noch dunkel war. Sie schaffte es von einer Sekunde auf die andere, dass ich mich ein kleines bisschen weniger scheiße fühlte. Sie baute mich auf, wie es sonst nur Marco schaffte. Emma seufzte. „Und jetzt lass uns wenigstens noch n paar Stunden pennen, okay?", murmelte sie. Ich hörte die Müdigkeit in ihrer Stimme und automatisch musste ich gähnen. Dann schlief ich ein. 

Nicht mit dir und nicht ohne dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt