Chapter 6

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Mir fallen fast die Augen raus, als ich leicht versetzt hinter Thor in die ewig lange Halle trete. Goldene Säulen, Boden aus Mamor, ein langer roter Teppich, der sich anfühlt als würde man auf Wolken laufen, riesige, saubere Bogenfenster, Wachen in schillernder Rüstung und ganz am Ende der Halle ein riesiger prunkvoller Thron. Auf diesem sitzt soweit meine Augen es aus der Entfernung erkennen können, ein etwas älterer Mann, der allerdings keinesfalls gebrechlich wirkt. Bis zu uns strahlt er Macht und stärke aus.

Ehrfürchtig sauge ich die Luft ein. Das hier wird eines Tages Thor gehören. Ich schenke ihm kurz einen respektvollen Blick und wir halten einige Meter vor der Treppe, die zum Thron hinaufführt, an. „Thor, du bist zurück !", ruft Odin aus, am Handgelenk packt mein Freund mich und bedeutet mir es ihm gleich zu tun und auf die Knie zu gehen.

„Ja Vater. Allerdings bin ich nur für heute da, morgen werde ich vermutlich bereits zurück reisen." „Wen hast du mitgebracht, Sohn ?", die herrscherische Stimme von Odin lässt mich aufschauen. „Vater, das ist Felicity Columbus, eine Kriegerin von Midgard." „Sie kommt nicht von hier, bring sie in ihre Welt zurück.", ruft er schroff von oben herab. Thor steht auf und schaut mich auffordernd an.

Auch ich erhebe mich nun. „Sie erbittet um ein Jahr Aufenthalt für eine Kampfausbildung in Asgard. Sie bewundert unsere Kampfkunst und würde sie sich gerne aneignen.", spricht er unbeirrt weiter. Ich versuche mich selbstbewusst aufzurichten und dem Allvater ins Gesicht zu sehen. Unsere Blicke treffen sich und ich kann von hier erkennen, wie seine Augen sich weiten.

Langsam steht er auf und kommt mit schweren Schritten auf uns zu. Er bleibt direkt vor mir stehen und mustert mich weiterhin. Ich versuche mit keiner Wimper zu zucken und dem Blick standzuhalten. „Sie hat geholfen Loki gefangen zu nehmen.", versucht Thor seinen Vater weiter zu überzeugen. Odin runzelt die Stirn und wendet seinen Blick nicht von mir ab. Nun werde ich doch etwas ängstlich und will einen Schritt zurückweichen. Da streckt Odin seine Hand nach mir aus. Ein bitzeln schießt durch meine Schulter, als hätte ich einen leichten Elektroschlag bekommen.

Kurz zucke ich zusammen und sehe den Gott vor mir an. Auch er scheint verwundert. „Rede mit Frigga darüber, ich werde ihr ein Zimmer bereitstellen lassen und Kleidung bringen lassen.", brummt er und wendet sich wieder von mir ab. Verwirrt sehe ich zu Thor. Auch er schaut mich erstaunt an. Mit der Antwort hatte er wohl ebenso wenig gerechnet, wie ich.

„Das werde ich, Vater.", verspricht Thor. Damit verbeugt er sich nochmal kurz, ich tue es ihm immer noch etwas verwirrt gleich. Wie ist das denn jetzt passiert ? Thor meinte doch, dass es schwierig wird, aber das war es überhaupt nicht ? Was war nur mit Odin los, dass er mich einfach so in sein Reich ließ ?

„Thor... wieso...?" „Ich weis es nicht.", murmelte auch er etwas besorgt. Hinter uns schloss sich die Tür. „Odin ist fähig dinge zu verstehen und zu sehen, die ich niemals erreichen mag. Vielleicht sieht er etwas in dir, was uns noch nicht bewusst ist ?", damit dreht er sich zu den Wachen und fragt sich durch, wo denn Frigga sei.

Nachdenklich folge ich ihm. Nicht nur Odin scheint seine Gründe zu haben. So wie Thor vorhin gehandelt hatte, schien auch er mir etwas verheimlichen zu wollen. Ich war so sehr in meinen Gedanken und bewunderte im vorbeilaufen jede einzelne Wand von Ballast, bis ich gegen den Rücken der Männlichen Barbie rannte. Kurz musterte er mich mit strafendem Blick.

Dann erweichte sein Blick und er legte einen Arm um meine Schultern um mich besser mit sich führen zu können. „Asgard hat eine lange Geschichte. Ich bin mir sicher, dass du sie eines Tages genau so im Gedächtnis haben wirst, wie ich.", er lächelt leicht zu mir hinab. Gemeinsam laufen wir durch ein großes, goldenes Tor aus dem Palast hinaus. „Darf ich vorstellen ? Unser Kampfplatz.", er strahlt.

Fasziniert atme ich ein und beobachte das Getümmel. Menschen in goldener Rüstung kämpfen mit Schwertern, Stäben, Bögen, Schilden, oder mit der bloßen Faust. Sie alle üben sich im Zweikampf. „Sieh nur, dort ist Sif.", er deutet auf eine schwarzhaarige junge Frau. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck duckt sie sich unter einem Angriff hinweg, sie ist die Einzige, die gegen drei andere Kämpft.

Man spürt ihre Präsenz sogar bis hier oben auf die Empore, sie strahlt etwas majestätisches, gefährliches, aber auch sehr ruhiges aus. Mein Blick bleibt wie gebannt an ihr kleben, als sie den ersten Angreifer zu Boden wirft, den Zweiten entwaffnet und den dritten mit einem gezielten Tritt von sich schleudert. „Ihr Kampfstil erinnert mich sehr an Natasha.", murmele ich. Kurz sieht auch der Gott wieder zu ihr hinüber.

„Sie haben dieselbe Ausstrahlung.", stimmt er mir zu. „Thor !", überrascht drehen wir uns beide um. „Mutter !", erfreut schließt er sie kurz in die Arme. „Odin sagte mir bereits, dass du hier bist.", mit einem Liebevollen Lächeln sieht sie mich an. Ehm. Königin. Begrüßung für Königin. Eine Verbeugung ? Ein Knicks ? Soll ich was Sagen ? Wie spricht man eine Königin an ? Überfordert und leicht panisch entwickle ich eine Kombination aus Knicks und Verbeugung. „Hallo." Hallo ? Ernsthaft Felicity ? Das einzige was du zu einer Königin sagst ist Hallo ?!

Die Blondhaarige lacht leise auf. „Du kannst mich Frigga nennen, Kind.", schüchtern blicke ich auf und streiche mir eine der braunen Locken aus dem Gesicht. „Mutter, das ist Felicity. Sie möchte gerne hier trainieren.", erklärt Conan seiner Mutter. „Verstehe. Du musst eine wahre Kriegerin mit reinem Herzen seien, wenn Odin dich hier bleiben lässt." „Das ist Sie, Mutter. Felicity kämpfte mit mir Seite an Seite in Midgard und versucht immer das Beste aus sich raus zu holen.", meine Wangen färbten sich leicht rot.

„Vater lässt bereits ein Zimmer für sie herrichten. Von da an kann sie kommen und gehen wann sie möchte, doch ich habe eine Bitte, Mutter. Können wir kurz alleine Reden ?", etwas verwirrt sehe ich zu Thor. Wir sind ein Team ! Was verheimlicht er mir ? Ich kannte ihn jetzt schon sehr lange und er hatte mir selten Dinge vorbehalten. „Aber natürlich. Felicity, wartest du kurz hier ?", Frigga nickte mir zu. Einverstanden setzte ich mich auf die Mauer vom Kampfplatz und beobachtete die Krieger.

Irgendwas war hier faul. Thor verheimlichte mir Dinge, Odin wirkte trotz vieler Erzählungen zu freundlich und ein einfaches Bitte hatte gereicht. Aus Thors Erzählungen war Bitte bei ihm eigentlich kein Zauberwort. Seufzend spielte ich mit dem Saum des Umhangs, den Thor mir gegeben hatte. Danach sah ich wieder über Asgard und seufzte wohlig auf. Es fühlte sich so heimatlich an. 

Gap Year - Wie ich zur Göttin wurde [Loki FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt